Leitsatz (amtlich)

Eine Terminsgebühr nach der amtlichen Anmerkung I zu Nr. 3104 VV-RVG entsteht in einer Versorgungsausgleichssache nicht, wenn das Gericht von der Durchführung eines Termins nach § 221 Abs. 1 FamFG absieht.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 23.03.2011; Aktenzeichen 139 AR 37/11)

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 127 F 1214/10)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 23.3.2011 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da das AG mit Recht die Festsetzung einer Terminsgebühr (Nr. 3104 VV-RVG) abgelehnt hat.

Nach der Vorbemerkung 3 III VV-RVG ist eine Terminsgebühr nicht entstanden. Das AG hat einen Erörterungstermin hinsichtlich der wieder aufgenommenen Folgesache Versorgungsausgleich weder anberaumt noch durchgeführt.

In Betracht kommt daher nur die Entstehung nach der amtlichen Anmerkung I zu Nr. 3104 VV-RVG. Danach entsteht die Terminsgebühr auch, wenn in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder Beteiligten oder gem. § 307 oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden (oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen) wird. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Es kann offen bleiben, ob angesichts der Verwendung des Begriffs "mündliche Verhandlung" diese Regelung auch auf ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung finden kann, in denen keine mündliche Verhandlung, sondern gegebenenfalls ein Erörterungstermin (§ 32 Abs. 1 FamFG) durchgeführt wird (bejahend OLG Stuttgart NJW 2010, 3524 = RVGreport 2010, 420 (Hansens); Keuter NJW 2009, 2922; Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rz. 405; verneinend Müller-Rabe NJW 2010, 2009, 2011; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG 19. Aufl., Nr. 3104 Rz. 29). Voraussetzung für eine (entsprechende) Anwendung wäre, dass die Durchführung eines Erörterungstermins vorgeschrieben ist. Daran fehlt es hier.

Gemäß § 221 Abs. 1 FamFG "soll" das Familiengericht in einer Versorgungsausgleichssache die Angelegenheit mit dem Ehegatten in einem Termin erörtern. Zutreffend wird dies entsprechend dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch dahin verstanden, dass ein Termin zwar im Regelfall, nicht aber notwendig durchzuführen ist (vgl. z.B. Wagner in Prütting/Helms § 221 FamFG Rz. 3; BGH NJW 1983, 824 zum früheren § 53b Abs. 1 FGG). Eine vergleichbare Rechtslage, wie sie im Zivilprozess gem. § 128 Abs. 1 ZPO besteht und wie sie Grundlage der Regelung in der Anmerkung zu Nr. 3104 VV-RVG ist, liegt daher nicht vor. Dementsprechend hat hier das AG von sich aus und ohne Zustimmungserklärung der Beteiligten von einem Termin abgesehen.

Die frühere Rechtsprechung zu § 13 Abs. 2 Hausratsverordnung (KG FamRZ 2009, 720; OLG Saarbrücken FamRZ 2008, 1464) und § 44 Abs. 1 WEG a.F. (BGH NJW 2006, 2495), nach der auch in diesen Verfahren bei Verzicht auf eine mündliche Erörterung eine Terminsgebühr entstehen konnte, ist auf die Regelung in § 221 Abs. 1 FamFG nicht übertragbar. Grundlage dieser Entscheidungen war, dass diese Bestimmungen einen vergleichbaren Regelungsgehalt wie § 128 Abs. 1 ZPO hatten. Das ist hinsichtlich der Bestimmungen des FamFG nicht der Fall. Dieses unterscheidet zwischen Terminen, die lediglich durchgeführt werden "sollen" (§§ 157 Abs. 1, 207, 221 Abs. 1 FamFG) und solchen, die notwendig durchzuführen sind (§ 155 Abs. 2 FamFG). Nur wenn in letzteren Verfahren ausnahmsweise die Anberaumung eines Erörterungstermins im Einverständnis mit den Beteiligten unterbleibt, kommt das Entstehen einer Terminsgebühr nach der Anmerkung I zu Nr. 3104 VV-RVG auch ohne Durchführung eines Termins in Betracht (zu einer solchen Sachlage OLG Stuttgart, a.a.O.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2707845

FamRZ 2011, 1978

JurBüro 2011, 639

FPR 2011, 6

AGS 2011, 324

RVGreport 2011, 306

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