Leitsatz (amtlich)
Die Anwendung von § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist nicht auf Fälle beschränkt, in denen die fehlende Erfolgsaussicht im Sinne einer offensichtlichen Unbegründetheit ins Auge springt.
Das Berufungsgericht darf das Rechtsmittel auch dann nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisen, wenn es ggü. der Vorinstanz zu einer anderen rechtlichen Beurteilung kommt, aber an Hand der festgestellten Tatsachen bei eigener rechtlicher Würdigung die Überzeugung gewinnt, dass der Rechtsstreit in erster Instanz im Ergebnis zutreffend entschieden.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 13.12.2006; Aktenzeichen 24 O 144/06) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.12.2006 verkündete Urteil des LG Berlin - 24 O 144/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
Die Berufung war durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf den Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 1.11.2007 verwiesen.
Der Senat sieht auch nach erneuter Beratung und unter Berücksichtigung des Schriftsatzes der Klägerin vom 22.11.2007 keinen Anlass, davon abzuweichen.
1. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Anwendung von § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht auf Fälle beschränkt, in denen die fehlende Erfolgsaussicht im Sinne einer offensichtlichen Unbegründetheit ins Auge springt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 5.8.2002 - 2 BvR 1108/02, NJW 2003, 281; KG KGReport Berlin 2004, 61 = MDR 2004, 647). Diese Vorschrift eröffnet den Gerichten kein Auswahlermessen darüber, in welchen Fällen sie entsprechend verfahren wollen. Vielmehr sind sie verpflichtet, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zu entscheiden. Das ist der Fall, wenn das Berufungsgericht auf Grund des Akteninhalts zu der Überzeugung gelangt, dass die Berufung unbegründet ist (BVerfG, a.a.O.; OLG Celle v. 6.6.2002 - 2 U 31/02, OLGReport Celle 2003, 9; OLG Rostock v. 11.3.2003 - 3 U 28/03, MDR 2003, 1073). Eine Beschränkung auf Berufungen, die auf den ersten Blick, d.h. offensichtlich unbegründet sind, sieht das Gesetz nicht vor.
2. Auch der Umstand, dass erstmalig der Senat in seinem Beschluss vom 1.11.2007 auf § 35 Abs. 6 bzw. 8. StVO hingewiesen hat, erfordert keine Entscheidung durch Urteil. Das Berufungsgericht darf das Rechtsmittel auch dann nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisen, wenn es ggü. der Vorinstanz zu einer anderen rechtlichen Beurteilung kommt, aber an Hand der festgestellten Tatsachen bei eigener rechtlicher Würdigung die Überzeugung gewinnt, dass der Rechtsstreit in erster Instanz im Ergebnis zutreffend entschieden wurde (OLG Hamburg NJW 2006, 71).
3. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 22.11.2007 darauf hinweist, dass sich aus § 1 StVO eine Mithaft der Beklagten ergeben könnte, so ist dies im Ansatz zutreffend. Das LG hat aber auf den Seiten 6 und 7 der angefochtenen Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass es für eine Mithaft der Beklagten wegen eines mitwirkenden Verschuldens des Beklagten zu 1) durch Verstoß gegen die allgemeine verkehrsrechtliche Grundregel aus § 1 Abs. 2 StVO ... an einer ausreichend gesicherten Tatsachengrundlage fehlt. Auf die weiteren Ausführungen des LG zur Frage der Mithaft der Beklagten wird Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert für die Berufung wird auf 802,86 EUR festgesetzt.
Fundstellen
NZV 2008, 255 |
VRS 2007, 428 |
VersR 2008, 658 |
OLGR-Ost 2008, 481 |