Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde mit dem Ziel der Einziehung des Erbscheins
Leitsatz (amtlich)
Nach Erteilung des Erbscheins ist die Beschwerde nur mit dem Ziel der Einziehung des Erbscheins statthaft. Der Beschwerdeführer kann dieses Ziel aus prozessökonomischen Gründen auch mit der weiteren Beschwerde gegen die zum Vorbescheid des AG ergangene Beschwerdeentscheidung verfolgen, wenn der Erbschein entsprechend dem Vorbescheid und der Beschwerdeentscheidung erteilt worden ist. Mit neuem Tatsachenvortrag ist er dann ausgeschlossen.
Normenkette
FGG §§ 19, 27; ZPO § 559; BGB §§ 2353, 2361
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 09.12.2003; Aktenzeichen 83 T 111/03) |
AG Berlin-Neukölln (Aktenzeichen 62-VI 64/02) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1) hat die dem Beteiligten zu 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten nach einem Wert von 290.838,31 EUR zu erstatten.
Gründe
A. Die Beteiligten und der am 21.11.2001 verstorbene Erblasser sind Geschwister. Der Beteiligte zu 2) hat am 13.12.2002 auf der Grundlage eines privatschriftlichen Testaments des Erblassers vom 4.11.2001 die Erteilung eines ihn als Alleinerben ausweisenden Erbscheins beantragt. Hiergegen hat die Beteiligte zu 1) u.a. geltend gemacht, dass sich der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments aufgrund einer bevorstehenden Operation in einer psychischen Ausnahmesituation befunden habe und deshalb testierunfähig gewesen sei. Darauf hin hat das AG Neukölln mit einem Beschl. v. 11.12.2002 angekündigt, den beantragten Erbschein zu erteilen. Gegen diese Ankündigung hat die Beteiligte zu 1) am 2.1.2003 persönlich und durch ihre Verfahrensbevollmächtigten nochmals am 15.1.2003 Beschwerde eingelegt. Diese Beschwerde hat das LG mit einem Beschl. v. 9.12.2003 zurückgewiesen. Das AG hat den Erbschein am 29.1.2004 erteilt. Die Beteiligte zu 1) hat zunächst persönlich mit Schreiben vom 22.1. und 9.2.2004 Beschwerde "gegen die beabsichtigte Erbscheinserteilung" sowie weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG und mit weiteren Schreiben vom 16.3.2004 erneut Beschwerde gegen die Erteilung des Erbscheins und weitere Beschwerde beim KG eingelegt. Ihr Rechtsmittel ist dann als weitere Beschwerde mit einem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 3.6.2004 wiederholt worden.
B. I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist zulässig. Ihre Beschwerdebefugnis ergibt sich daraus, dass das LG ihre gegen den Vorbescheid des AG gerichtete Beschwerde zurückgewiesen hat. Der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde steht auch nicht entgegen, dass sich der Vorbescheid vom 11.12.2002 durch die Erteilung des beantragten Erbscheins an den Beteiligten zu 2) am 29.1.2004 erledigt hat. Die Beteiligte zu 1) hatte nunmehr die Wahl, ob sie - gestützt auf neuen Vortrag - die Einziehung des erteilten Erbscheins nach § 2361 Abs. 1 BGB beim Nachlassgericht beantragen wollte und damit den gesamten Instanzenzug wieder eröffnete oder ob sie aus prozessökonomischen Gründen ihr Beschwerdebegehren mit dem Ziel der Einziehung im Instanzenzug weiterverfolgte (Keidel/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 84 Rz. 2). Von einem derartigen Begehren ist auf Seiten der Beteiligten zu 1) auszugehen. Sie hat das in Unkenntnis der Erledigung eingelegte - zunächst formunwirksame - Rechtsmittel nach Erteilung des Erbscheins formwirksam nachgeholt. Mit Schriftsatz vom 29.7.2004 wird zwar lediglich die Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und eine Zurückverweisung beantragt. Aus der Begründung der weiteren Beschwerde ergibt sich aber unzweifelhaft, dass die Erteilung des Erbscheins für ungerechtfertigt erachtet und somit auch dessen Einziehung beantragt wird.
II. Die weitere Beschwerde hat aber keinen Erfolg. Die Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Rechtsverletzung, auf die die weitere Beschwerde allein mit Erfolg gestützt werden kann, § 27 Abs. 1 S. 2 FGG i.V.m. §§ 546 f. ZPO.
1. Das LG hat angenommen, dass der Beteiligte zu 2) durch das Testament vom 4.11.2001 zum Alleinerben eingesetzt worden sei. Das Testament sei wirksam. Konkrete Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit hätten sich nicht ergeben, wie das AG zutreffend ausgeführt habe. Zur Einholung eines Sachverständigengutachtens bestünde bei dieser Sachlage keine Veranlassung, weil der Sachverständige nur auf die Feststellungen zurückgreifen könne, die eine klare Geistesverfassung des Erblassers ergeben hätten. Die Anfechtung des Testaments greife nicht durch, weil die Beteiligte zu 1) selbst vorgetragen habe, dass der Erblasser ihr die Nachricht vom Tode seiner Ehefrau deshalb nicht habe mitteilen können, weil dann der Kontakt zwischen dem Erblasser und ihr herausgekommen wäre. Dann aber könne der Erblasser ihre fehlende Reaktion auf den Tod der Ehefrau nicht zum Anlass der Enterbung gemacht haben. Schließlich sei der Beteiligte zu 2) auch als Vollerbe und nicht nur als befreiter Vorerbe anzusehen. Für das vererbte Grundstück ergebe...