Leitsatz (amtlich)
Macht der Kläger einen Erwerbsschaden wegen Unfalltodes seiner Ehefrau mit der Begründung geltend, er sei wegen psychischer Beeinträchtigungen aufgrund der veränderten Familiensituation nicht befördert worden, steht ihm ein Ersatzanspruch gegen den Schädiger nur dann zu, wenn er darlegt und beweist, durch den Tod seiner Ehefrau in seinen eigenen absoluten Rechten verletzt worden zu sein.
Ein Schadensersatzanspruch wegen psychischer Beeinträchtigung aufgrund des Unfalltodes der Ehefrau setzt voraus, dass das gesundheitliche Leiden nach Art und Schwere Krankheitswert hat, also deutlich über das hinausgeht, was Nahestehende als mittelbar Betroffene erfahrungsgemäß an Beeinträchtigungen aufgrund einer Trauerreaktion erleiden.
Im Falle einer verdeckten Teilklage sind später nachgeschobene Mehrforderungen verjährungsrechtlich selbständig zu beurteilen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 19.09.2002; Aktenzeichen 17 O 386/00) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 19.9.2002 verkündete Urteil der Zivilkammer 17 des LG Berlin - 17 O 386/00 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Gründe
I. Die am 13.11.2002 eingelegte und mit einem am 11.12.2002 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung des Klägers richtet sich gegen das am 16.10.2002 zugestellte Urteil der Zivilkammer 17 des LG Berlin vom 19.9.2002, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Der Kläger verfolgt sein erstinstanzliches Zahlungsbegehren weiter und macht geltend, das landgerichtliche Verfahren sei fehlerhaft gewesen. Zu Unrecht habe das LG die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum psychologischen Zustand des Klägers in den Jahren 1996, 1997 abgelehnt, wie es vom Kläger in erster Instanz angeboten gewesen sei. Der Sache nach stelle dies eine unzulässige Beweisantizipation dar, durch die der Kläger in seinem "verfassungsrechtlich garantierten Recht auf den Beweis" sowie auch sein Justizgewährungsanspruch verletzt worden sei. Darüber hinaus habe das LG übersehen, dass der Kläger in erster Instanz zu der von ihm behaupteten psychischen Beeinträchtigung auch Beweis durch die Zeugen K. und Dr. ... angeboten habe. Hierzu trägt der Kläger unter näherer Darlegung im Einzelnen vor, der Orthopäde Dr. ... habe ihn "entsprechend dem medizinischen Fürsorgegedanken" auch psychologisch betreut. Das LG hätte dem entsprechenden Beweisantritt nachgehen müssen. Zudem habe der ehemalige Vorsitzende Richter am LG ... in der mündlichen Verhandlung vom 7.2.2002 darauf hingewiesen, dass eine Beweisaufnahme bezüglich des Erwerbsschadens durchzuführen sei.
Im Wege der Klageerweiterung macht der Kläger in der Berufungsinstanz einen weiteren Erwerbsschaden für den Zeitraum von Mai 1996 bis zum 15.10.1996 in von ihm errechneter Höhe von 12.336,66 Euro geltend. Er behauptet, auch in diesem Zeitraum hätte er bereits ohne die bei dem Unfall vom April 1996 erlittenen Verletzungen als Bezirksdirektionsassistent einen höheren Verdienst als in seiner Tätigkeit als Verkaufsmitarbeiter erzielt.
Der Kläger beantragt,
1. unter Abänderung des am 19.9.2002 verkündeten Urteils des LG Berlin, Aktenzeichen 17 O 386/00, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Berufungskläger 314.083,62 Euro nebst 4 % Zinsen auf 265.598,66 Euro seit dem 5.4.2000 und auf 48.484,96 Euro seit dem 31.12.2001 und 5 % über dem Basiszinssatz auf 314.083,62 Euro ab Rechtshängigkeit der Berufung zu zahlen;
2. klageerweiternd wird beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Berufungskläger 12.336,66 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Berufung zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil, beziehen sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und rügen hinsichtlich des neuen Vorbringens des Klägers sowie der Klageerweiterung Verspätung. Sie meinen, die vom Kläger als Zeugen benannten K. und Dr. ... sowie der erstmals vom Kläger im Berufungsverfahren benannte Zeuge S. seien nicht dazu in der Lage, den psychischen Zustand des Klägers zutreffend zu beurteilen. Zudem trage der Kläger selbst nicht vor, nach dem Unfalltod seiner Gattin eine schwere reaktive Depression oder gar Neurose erlitten zu haben. Die Erhebung der angebotenen Beweise würde auf eine unzulässige Ausforschung hinauslaufen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akten 1 VeJs 987/96 des StA bei dem LG Berlin haben zur Information des Gerichts vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Hinsichtlich des von dem Kläger mit der Berufung weiterhin gelten...