Entscheidungsstichwort (Thema)
Bloße Zahlung kein Anerkenntnis einer HWS-Verletzung
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Auslegung des Regulierungsverhaltens einer Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung als deklaratorisches Schuldanerkenntnis, insbesondere ihrer Eintrittspflicht betreffend eine behauptete unfallbedingte HWS-Verletzung.
2. Zur Schätzung eines unfallbedingten Erwerbsschadens eines selbständig Tätigen nach § 252 Satz 2 BGB, § 287 Abs. 1 ZPO (hier: Unmöglichkeit einer Prognoseentscheidung aufgrund unzureichenden Klagevortrages bei unfallunabhängig erheblich schwankenden und insgesamt rückläufigen Umsatzzahlen).
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 09.11.2009; Aktenzeichen 59 O 245/07) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 9.11.2009 verkündete Urteil des LG Berlin - 59 O 245/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Tatsächliche Feststellungen:
Der Kläger macht im Wege des Schadensersatzes aus einem Verkehrsunfall vom 10.2.2004 in der Ruhlebener Straße in 13597 Berlin Ersatz eines Erwerbsschadens geltend. Der Versicherungsnehmer der Beklagten ist auf das Fahrzeug des Klägers aufgefahren. Über die Haftung der Beklagten dem Grunde nach besteht zwischen den Parteien kein Streit. Jedoch streiten die Parteien darüber, ob der Kläger bei dem Unfall verletzt worden ist und ob ihm unfallbedingt ein Verdienstausfallschaden entstanden ist und gegebenenfalls in welcher Höhe.
Der Kläger behauptet, er habe durch den Unfall ein HWS-Schleudertrauma sowie eine Stauchung des rechten Daumengrundgelenks erlitten. Infolge dieser Verletzungen sei seine Erwerbsfähigkeit nach dem Unfall bis zum 6.4.2004 zu 100 % gemindert und bis zum 15.4.2004 noch deutlich herabgesetzt gewesen. Er hätte daher in dem von ihm betriebenen Lebensmitteleinzelhandelsgeschäft im Februar 2004 überhaupt nicht, im März 2004 nur stundenweise und ab der 2. Aprilwoche bis zum 15.4.2004 nur halbtags arbeiten können. Da während der Zeit seiner unfallbedingten Erkrankung neben den in seinem Geschäft tätigen Teilzeitkräften nur sein Bruder und sein Sohn als ungelernte Hilfskräfte als Vertreter zur Verfügung gestanden hätten und die ihm obliegenden Arbeiten - Gewährleistung der Öffnungszeiten, des Ladens, Vornahme von Neubestellungen, Zahlungen an Lieferanten, ausreichende Präsentation von Waren, Auffüllen der Regale, Herausstellen von Angeboten, Anpassung von Preisen an die Marktschwankungen - teils nicht, teils nur unzureichend hätten wahrnehmen können, sei ihm unfallbedingt ein Verdienstausfallschaden in Form einer Gewinnminderung i.H.v. insgesamt 27.000 EUR entstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort gestellten Anträge und der Begründung der angefochtenen Entscheidung wird auf das Urteil des LG Bezug genommen, mit dem die Klage nach Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens und eines medizinischen Sachverständigengutachtens abgewiesen worden ist weil nicht bewiesen worden sei, dass der Kläger unfallbedingt ein HWS-Trauma erlitten habe.
Mit seiner Berufung macht der Kläger im Wesentlichen geltend, das LG habe das medizinische Sachverständigengutachten fehlerhaft gewürdigt, da es dabei nicht den gesamten Prozessstoff berücksichtigt habe. Das gelte insbesondere in Bezug auf die unter Beweisantritt vorgetragenen Beschwerden des Klägers nach dem Unfall betreffend die rechte Hand sowie die durch die HWS-Verletzung hervorgerufenen Beschwerden.
Auch entspreche die Annahme des Sachverständigen, die Beschwerden im Hals-, Kopf- und Nackenbereich seien direkt nach dem Unfall aufgetreten, nicht der Darstellung des Klägers. Danach seien die Beschwerden vielmehr im Laufe des Unfalltages aufgetreten und erst am Morgen danach so stark gewesen, dass der Kläger sich in ärztliche Behandlung begeben habe. Auch seien der von dem Sachverständigen als unzureichend dokumentiert erachtete Krankheitsverlauf sowie die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers aufgrund der von dem Kläger beklagten Beschwerden und der von den behandelnden Ärzten gestellten Diagnosen "objektiv nachgewiesen". Entgegen der Darstellung in dem Sachverständigengutachten seien die Beschwerden des Klägers mit dem Ende der Krankschreibung am 6.4.2004 noch nicht vollständig abgeklungen gewesen, sondern soweit gebessert, dass der Kläger in Teilzeit wieder habe arbeiten können. Vollständig beschwerdefrei sei der Kläger erst nach dem Ende der ärztlichen Behandlung am 15.4.2004 gewesen.
Zu Unrecht sei bei der Beweiswürdigung unberücksichtigt geblieben, dass auch der Beifahrer des Klägers durch den Unfall eine HWS-Verletzung erlitten hätte, die durch Röntgenaufnahmen nachweisbar sei. Der Schluss des LG,...