Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschlussanfechtung bei einer GmbH: Heilung der Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses
Leitsatz (amtlich)
1. Die Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses einer GmbH kann analog § 242 Abs. 2 S. 1 AktG nicht mehr geltend gemacht werden, wenn dieser in das Handelsregister eingetragen wurde und seitdem drei Jahre verstrichen sind. (Rn. 33)
2. Auch bei einer 2-Personen-GmbH ohne eigenen Geschäftsbetrieb oder an Hand anderer einzelfallbezogener Aspekte ist davon keine Ausnahme zu machen (Anschluss BGH, Urteil vom 23. März 1981 - II ZR 27/80, BGHZ 80, 212 und BGH, Urteil vom 6. November 1995 - II ZR 181/94, ZIP 1995, 1983). (Rn. 37) (Rn. 43)
Normenkette
AktG § 242 Abs. 2 S. 1; BGB § 242
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 21.06.2018; Aktenzeichen 91 O 68/17) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen 91 des Landgerichts Berlin vom 21.06.2018 - 91 O 68/17 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Beklagten zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist von nun an ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin, welche nach ihrer Ansicht 80% der Gesellschaftsanteile an der Beklagten hält und inzwischen auch entsprechend in der Gesellschafterliste eingetragen ist, und die Beklagte, eine GmbH, streiten um die Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses vom 20.10.2011, mit welchem allein mit den Stimmen der Streithelferin, welche unstreitig jedenfalls weitere 20 % der Gesellschaftsanteile an der Beklagten hält, u.a. die satzungsmäßigen Quoren für die Beschlussfähigkeit sowie die Beschlussfassung für sämtliche Angelegenheiten der Gesellschaft auf 85 % hochgesetzt wurden.
Hinter der Klägerin steht ein Herr P.... Der Geschäftsführer der Beklagten, Herr S..., war jedenfalls früher wirtschaftlich Berechtigter an weiteren Gesellschaftsanteilen an der Beklagten. Herr P... und Herr S... haben in der Vergangenheit gemeinsame Investitionsgeschäfte getätigt, wobei sich der Beteiligungsanteil jeweils nach der Kopfzahl richten sollte bzw. hälftig ergeben sollte.
Im Jahr 2006 war Herr P... Investment-Manager des Beraters eines Verkäufers, der für das Unternehmen T... GmbH (im folgenden: T...) einen Käufer suchte. In diesem Zusammenhang sprach er Herrn S... an, ob sie die T... nicht gemeinsam übernehmen wollten.
Am 25.04.2006 wurde zum Zweck des Kaufs der T... die Beklagte, deren Geschäftsanteile nach dem Gesellschaftsvertrag vinkuliert sind, gegründet. Zweck der Beklagten ist das Halten der Beteiligung an der T... GmbH. Gründungsgesellschafterin war allein die Streithelferin, an der Herr S... seinerzeit mit 51 % beteiligt war (Bd. 1, Bl. 87). Die von Herrn P... kontrollierte T... GmbH schloss mit der Streithelferin einen privatschriftlichen Treuhandvertrag ("Treuhandvertrag I"), wonach die Streithelferin 80 % der Beteiligung an der Beklagten für die T... GmbH treuhänderisch halten sollte.
Im Jahre 2009 wollte Herr P... die Klägerin als Treugeberin einsetzen. Die Klägerin sowie die Streithelferin schlossen daher einen notariell beurkundeten Treuhandvertrag, in dem sämtliche Rechte der T... GmbH aus dem Treuhandvertrag I abgetreten wurden, vorsorglich die Treugeberstellung in der Person der Klägerin neu begründet wurde und für den Fall der Kündigung die Abtretung des Gesellschaftsanteils an die Klägerin festgehalten ist ("Treuhandvertrag II"). Gleichzeitig wurde das Stammkapital der Beklagten aufgeteilt in einen Geschäftsanteil Nr. 1 (Nennbetrag 20.000,00 Euro) und einen Geschäftsanteil Nr. 2 (5.000,00 Euro). Das Treuhandverhältnis zur Klägerin bezog sich auf den Geschäftsanteil Nr. 1.
Mit Schreiben vom 16.08.2011 erklärte Herr P... in Vertretung der Klägerin die Kündigung des Treuhandvertrags II. Mit Schreiben vom 25.08.2011 erklärte die Streithelferin die Anfechtung des Treuhandvertrags II wegen arglistiger Täuschung und Irrtums, da Herr P... über das Vorhandensein von drei weiteren hinter ihm stehenden Co-Investoren getäuscht hätte und nur so eine Beteiligungsquote von 80:20 zustande gekommen sei. Mit Schreiben vom 26.08.2011 erklärte die Klägerin nochmals die Kündigung des Treuhandvertrags II.
Am 20.10.2011 fand - ohne dass die Klägerin eingeladen oder unterrichtet war - eine Gesellschafterversammlung der Beklagten statt. Herr v. S... war als Vertreter der Streithelferin, der laut Protokoll alleinigen Gesellschafterin der Beklagten, zugegen. Mit den Stimmen der Streithelferin wurde der Gesellschaftsvertrag der Beklagten dahin geändert, dass das Quorum für die Beschlussfähigkeit sowie das generelle Quorum zur Beschlussfassung von 75 % auf 85 % erhöht wurden. Die Änderungen wurden am 29.11.20...