Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 29.05.2001; Aktenzeichen 102 O 23/01 (Kart) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29.5.2001 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 102 des LG Berlin geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerinnen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst; von den übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1) die Hälfte, die Klägerinnen zu 2) und 3) je 1/4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerinnen dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit zuvor in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die kartellrechtliche Wirksamkeit zwischen ihnen abgeschlossener Vereinbarungen und darum, ob die Beklagte diese Vereinbarungen sowie an ihre Stelle getretene modifizierte Verträge zu Unrecht gekündigt und sich dadurch ggü. den Klägerinnen schadenersatzpflichtig gemacht hat.
Die Klägerinnen werden mehrheitlich alle unmittelbar oder mittelbar von demselben Gesellschafter beherrscht. Träger des von der Klägerin zu 1) geführten, 1996 gegründeten Unternehmens war ursprünglich die X-GmbH, die im September 1999 auf die Klägerin zu 1) verschmolzen wurde. Gegenstand der Geschäftstätigkeit der Klägerin zu 1) und ihrer Tochtergesellschaften (X-Gruppe) war vor allem die Vorhaltung und der Betrieb eines Systems für den elektronisch gestützten Netzvertrieb von Eintrittskarten für Veranstaltungen jeder Art. Der Kern dieser Geschäftstätigkeit (Ticketing) besteht darin, für Veranstalter ein maßgeblich computergestütztes Buchungssystem vorzuhalten und zu betreiben, durch das über eine Vielzahl von Distributionskanälen (Vorverkaufsstellen, Inhouse-Verkauf, Internet, Call-Center) Eintrittskarten an den Endabnehmer abgesetzt werden. Dabei sind die Beteiligten durch Datenleitungen an das System angeschlossen. Für diese Leistung ggü. dem Veranstalter erhebt die X-Gruppe eine Netzgebühr, die Anfang 2000 regelmäßig … für jede verkaufte Karte betrug. Daneben vertreibt die X-Gruppe auch selbst Tickets, und zwar zum einen – in der Rolle einer Vorverkaufsstelle – über Websites und als unmittelbare Verkaufsstelle über ein Call-Center. In beiden Fällen vereinnahmt sie dabei die anfallenden Vorverkaufsgebühren.
Den Vorverkaufsstellen ggü. erbringt die X-Gruppe Leistungen in Form der Bereitstellung der Leitungen, über die diese an ihr System angeschlossen sind. Daneben beziehen die Vorverkaufsstellen die für den Anschluss an das Buchungssystem erforderliche Hardware kauf- oder mietweise von der X-Gruppe, wofür die Gesellschaft entsprechende Entgelte erhebt.
Die Klägerin zu 2) gehört zur Y-Gruppe, die Mehrheitsgesellschafterin der auf die Klägerin zu 1) verschmolzenen X-GmbH war. Sie betätigt sich im Unterhaltsbereich vornehmlich als örtlicher Veranstalter. Die Klägerin zu 3) gehört ebenfalls zur Y-Gruppe und betreut interaktive Tätigkeiten, unter anderem das Call-Center der Y-Gruppe in … .
Die Beklagte ist vor allem im Unterhaltsbereich tätig und betreibt mit ihren Tochtergesellschaften Varietétheater (…), veranstaltet Tourneen (…) und Konzerte (…), betreibt Veranstaltungsstätten (…) und bietet Sicherheitsdienste sowie ergänzende Dienstleistungen rund um das Veranstaltungsgeschäft an (Sponsoring, Eventmarketing, TV-Produktionen, usw.).
Am 1.7.1999 schlossen die Beklagte, die kurz danach auf die Klägerin zu 1) verschmolzene X-GmbH und die Klägerin zu 3) eine Kooperationsvereinbarung, in der unter anderem Folgendes vereinbart war:
„II. 1. Die … (Beklagte) wird mindestens 80 % der Eintrittskarten für von ihr unmittelbar oder mittelbar veranstaltete Konzerte, Konzerttourneen und sonstige Veranstaltungen in der Bundesrepublik Deutschland über das Ticketvertriebssystem von X. verkaufen und erhält hierfür pro verkauftem Ticket … % von der jeweiligen X-Ticketgebühr für alle oben genannten Veranstaltungen und Konzerte, sofern sie nach Abschluss dieser Vereinbarung auf dem X-System angelegt werden.
2. Ausgenommen von der Andienungspflicht nach Ziff. 1 sind alle inhouse-verkauften Tickets für Veranstaltungen im … sowie alle Konzerte, die nach den getroffenen schriftlichen Absprachen vereinbarungsgemäß über die X-GmbH abgewickelt werden.
3. Die vorstehenden beiderseitigen Verpflichtungen gelten wechselseitig nicht nur für die … (Beklagte), sondern auch für deren sämtliche derzeitige und zukünftige Tochtergesellschaften, an denen die … (Beklagte) eine mindestens 50%ige Beteiligung hält. …
4. Y & Co. KG betreibt ein eigenes Call-Center, unter anderem für den Vertrieb von Veranstaltungskarten. Die … (Beklagte) verzichtet darauf, ihren Tochtergesellschaften … zu einem eigenen Call-Center auszubauen und verpflichtet sich, stattdessen den Vertrieb von Veranstaltungskarten über das Y Call-Center wie folgt zu fördern: …
6. Die von den Kunden für die Buchung über das Call-Center und den Internetlink zu zahlende Vorverkaufsgebühr wird von X festgelegt und betr...