Ivana Mikulic, Daniel Schön
Rz. 62
Die elterliche Sorge wird grundsätzlich von beiden Eltern ausgeübt. Die elterliche Sorge wird charakterisiert durch die Verantwortung und die Verpflichtung und das Recht der Eltern zur Sorge mit dem Ziel des Schutzes des Kindeswohls. Das Familiengesetz verbietet die Entsagung bzw. Loslösung von der elterlichen Sorge (Art. 91 Abs. 2 FamG). Das Gesetz sieht in Art. 117 Abs. 1 Beendigungstatbestände vor: Dies sind die Erlangung der Geschäftsfähigkeit, die Adoption und der Tod der Eltern.
Rz. 63
Gem. Art. 92 Abs. 1 FamG umfasst die elterliche Sorge neben Gesundheit, Entwicklung, Pflege und Schutz (Ziff. 1), die Erziehung und Ausbildung (Ziff. 2) sowie den Umgang (Ziff. 3) und die Bestimmung des Wohnorts (Ziff. 4). Die Bestimmung des Wohnorts ist damit nicht mehr das ausschließliche Recht des Elternteils, bei dem das Kind lebt, sondern bleibt auch im Falle einer Trennung bzw. Scheidung das Recht und die Pflicht beider Elternteile. Gemäß Art. 96 Abs. 2 kann das Kind, für den Fall, dass die Eltern nicht zusammenleben, seinen Wohnort nur bei einem Elternteil haben. Damit ist das sog. Wechselmodell nach kroatischem Recht wohl ausgeschlossen. In Art. 92 Abs. 2 und Abs. 3 FamG ist zudem die Vermögenssorge des Kindes als Teil der elterlichen Sorge festgelegt.
Rz. 64
Die einzelnen Elemente der elterlichen Sorge werden in den Art. 93–101 FamG näher definiert und beschrieben. So ist in Art. 94 Abs. 2 FamG beispielsweise ausdrücklich die körperliche und psychische Gewalt gegenüber Kindern untersagt. Die Ausbildung hat sich an den Fähigkeiten und Interessen des Kindes zu orientieren (Art. 94 Abs. 5). Derjenige Elternteil, der nicht mit dem Kind zusammenlebt, hat die Pflicht und das Recht auf Umgang mit dem Kind (Art. 95 Abs. 1 FamG), während der andere Elternteil, bei dem das Kind lebt, verpflichtet ist, diese Umgangskontakte zu ermöglichen und zu unterstützen (Art. 95 Abs. 2 FamG). Die Eltern sind zudem verpflichtet, dem Kind Umgang mit ihm nahestehenden Personen zu ermöglichen (Art. 95 Abs. 3 FamG).
Rz. 65
Gemäß Art. 104 Abs. 1 FamG üben beide Elternteile das Sorgerecht grundsätzlich gemeinsam, gleichberechtigt und einvernehmlich aus.
Rz. 66
Im Falle einer Trennung bleibt nach Art. 104 Abs. 2 FamG das gemeinsame Sorgerecht grundsätzlich bestehen, die Eltern sind jedoch verpflichtet, dieses durch einen Plan über die gemeinsame elterliche Sorge nach Art. 106 FamG zu regeln. Dieser Plan muss zwingend Regelungen über den Wohnort des Kindes, den Umgang, den Informationsaustausch über das Kind, die Höhe des Kindesunterhalts und die Art und Weise, wie künftige strittige Fragen gelöst werden, enthalten. Für diesen Sorgerechtsplan gibt es ein Standard-Formular, den das zuständige Sozialministerium erstellt hat. Das Kind ist dabei zu informieren und seine Meinung wenn möglich zu berücksichtigen. Der Plan kann gerichtlich bestätigt werden, wodurch er die Rechtswirksamkeit einer vollstreckbaren Urkunde erhält (Art. 107 Abs. 1 FamG).
Rz. 67
Wenn die Eltern keine Einigung über die gemeinsame elterliche Sorge erzielen können, überträgt das Gericht einem Elternteil (vollständig oder teilweise) das Sorgerecht (Art. 105 Abs. 3 FamG), wobei es dabei besonders die Einigungs- und Kooperationsbereitschaft jedes Elternteils (auch im Rahmen des gescheiterten Einigungsversuchs) zu berücksichtigen hat. Bei der Übertragung des Sorgerechts muss das Gericht auch darüber entscheiden, ob der alleinsorgeberechtigte Elternteil das Kind in wichtigen Persönlichkeitsbelangen vertreten darf (Art. 105 Abs. 5 FamG). Die wichtigen Persönlichkeitsbelange werden abschließend in Art. 100 FamG aufgelistet und umfassen die Namensänderung, die Änderung des Wohnorts sowie die Wahl bzw. den Wechsel der Glaubenszugehörigkeit. Das Gericht kann über die vollständige, teilweise oder punktuelle Übertragung des Sorgerechts entscheiden (Art. 105 Abs. 1 FamG). Maßstab ist immer das Kindeswohl.
Rz. 68
Der Elternteil, dem das Sorgerecht (teilweise) entzogen wurde, hat das Recht auf Umgang mit dem Kind und darf über alltägliche Fragen oder bei Gefahr im Verzug Entscheidungen in Bezug auf das Kind treffen. Daneben hat er ein Informationsrecht bezüglich des Kindes (Art. 112 Abs. 1 FamG). Allerdings können diese Rechte gem. Art. 112 Abs. 2 FamG gerichtlich eingeschränkt bzw. ausgeschlossen werden.
Rz. 69
Neben der Übertragung des alleinigen Sorgerechts per Gerichtsentscheid fällt im Falle des Todes eines Elternteils das alleinige Sorgerecht automatisch dem überlebenden Elternteil zu, wenn beide Elternteile vorher das gemeinsame Sorgerecht ausgeübt haben (Art. 105 Abs. 2 FamG).
Rz. 70
Daneben gibt es noch das Ruhen des Sorgerechts wegen rechtlichen Hindernissen (Minderjährigkeit oder Geschäftsunfähigkeit, Art. 114 FamG) sowie wegen tatsächlichen Hindernissen (unbekannter Aufenthaltsort oder andere objektive Gründe, wegen denen die elterliche Sorge nicht ausgeübt werden kann, Art. 115 FamG).