Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsgebühr des beigeordneten Rechtsanwalts bei Bewilligung der Prozesskostenhilfe für Vergleichsmehrwert
Leitsatz (amtlich)
Für einen Vergleichsmehrwert, für den Prozesskostenhilfe bewilligt ist, steht dem beigeordneten Rechtsanwalt eine 1,0-fache Einigungsgebühr zu, es sei denn, es wäre Prozesskostenhilfe nur für die bloße Beurkundung des Vergleichs beantragt worden. Es kommt (also) nicht darauf an, dass die nicht rechtshängigen Gegenstände schon Bestandteil eines isolierten Prozesskostenhilfebewilligungsverfahrens sind, sondern es schadet jedwedes Involviertsein solcher Gegenstände im Rahmen eines Prozesskostenhilfebewilligungsverfahrens außer einem bloßen Antrag auf Vergleichsprotokollierung.
Normenkette
RVG-VV Nr. 1000 Abs. 1 S. 1, Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 Alt. 2
Verfahrensgang
ArbG Ulm (Entscheidung vom 16.10.2013; Aktenzeichen 8 Ca 280/13) |
Tenor
Die Beschwerde des dem Kläger beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Vergütungsfestsetzung des Arbeitsgerichts Ulm - Kammern Ravensburg - vom 16.10.2013 - 8 Ca 280/13 - in Gestalt des Teilabhilfebeschlusses vom 12.03.2014 - 8 Ca 280/13 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerde betrifft die Frage, ob einem Prozessbevollmächtigten einer Partei, die Prozesskostenhilfe bewilligt erhalten hat, für die Mitwirkung an einem Vergleich, durch den auch nicht rechtshängige Gegenstände erledigt worden sind, eine 1,0- oder eine 1,5-fache Einigungsgebühr zusteht.
Im Ausgangsverfahren wandte sich der Kläger gegen eine fristlose Arbeitgeberkündigung vom 24.06.2013 und begehrte die Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses bis 31.07.2013. Im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage im Gütetermin am 12.09.2013 zeichnete sich ein Vergleich ab, der noch von einigen abzuklärenden Punkten abhing.
Mit Beschlüssen vom 02.10.2013 bewilligte das Arbeitsgericht dem Kläger ratenzahlungsfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für die Klaganträge (Bl. 43 der Akte) und stellte gemäß § 278 Abs. 6 ZPO das Zustandekommen eines Vergleichs fest, wonach das Arbeitsverhältnis aufgrund Eigenkündigung des Klägers mit Ablauf des 30.06.2013 geendet hat und diverse nicht rechtshängige Ansprüche miterledigt wurden (Bl. 46 der Akte). Unter dem 25.10.2013 (Bl. 60 der Akte) setzte es den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf 1.800,00 € und den Vergleichsmehrwert auf 47.488,91 € fest, unter dem 16.10.2013 (Bl. 54 der Akte) und unter dem 12.03.2014 (Bl. 75 der Akte) die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung des im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe dem Kläger im ersten Rechtszug beigeordneten Rechtsanwalts auf insgesamt 1.625,42 €. Damit blieb es gegenüber dem Vergütungsfestsetzungsantrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 07.10.2013 (Bl. 50 f. der Akte) um 232,65 € zurück. Diese Differenz beruht auf der Kürzung der geltend gemachten 1,5-fachen Einigungsgebühr für den Vergleichsmehrwert auf 1,0.
Nach Zurückweisung der gegen die Entscheidung der Urkundsbeamtin eingelegten Erinnerung durch den Vorsitzenden des Arbeitsgerichts verfolgt der Prozessbevollmächtigte des Klägers sein Begehren mit der Beschwerde weiter. Dieser hat das Arbeitsgericht nicht abgeholfen, sondern dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist statthaft (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers steht gegen die Staatskasse nur eine 1,0-fache Einigungsgebühr nach Nr. 1003 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2, 2. Alt. VV RVG und keine 1,5-fache Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG aus dem Vergleichsmehrwert zu.
1. Nach Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 VV RVG entsteht die 1,5-fache Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Nach Nr. 1003 VV RVG betragen die Gebühren nach Nr. 1000 bis 1002 VV RVG 1,0, wenn über den Gegenstand ein anderes gerichtliches Verfahren als ein selbstständiges Beweisverfahren anhängig ist. Nach Nr. 1003 Abs. 1 Satz 1 VV RVG gilt dies auch, wenn ein Verfahren über die Prozesskostenhilfe anhängig ist, soweit nicht lediglich Prozesskostenhilfe für ein selbstständiges Beweisverfahren oder die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs beantragt wird oder sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags im Sinne der Nr. 1000 erstreckt (§ 48 Abs. 3 RVG). Dabei stehen die Nrn. 1000, 1003 Eingangssatz iVm. 1003 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 und 1003 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 Alt. 1 - 3 VV RVG in einem Verhältnis: Grundsatz (1,5-fach) - Ausnahme (1,0-fach) - Unterausnahme (1,5-fach).
2. Hier liegen die Voraussetzungen der von dem Prozessbevollmächtigten des ...