Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines Betriebsratsmitgliedes auf Überlassung eines Büroschlüssels zur Einsichtnahme in Unterlagen des Betriebsrats
Leitsatz (amtlich)
Das Recht auf Einsichtnahme in die Unterlagen des Betriebsrats aus § 34 Abs. 3 BetrVG kann für ein Betriebsratsmitglied einen Anspruch auf Überlassung eines Schlüssels für das Betriebsratsbüro begründen, wenn dem Betriebsrat eine solche Überlassung tatsächlich möglich und zumutbar ist und anderenfalls ein jederzeitiges Einsichtnahmerecht des Betriebsratsmitglieds nicht gewährleistet werden kann.
Normenkette
BetrVG § 34 Abs. 3; BGB § 226
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Entscheidung vom 19.11.2012; Aktenzeichen 3 BV 7/12) |
Tenor
1.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim vom 19. November 2012 (Az.: 3 BV 7/12) abgeändert und der Betriebsrat verpflichtet, dem Antragsteller einen Schlüssel zum Betriebsratsbüro zur Verfügung zu stellen.
2.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Das antragstellende Betriebsratsmitglied (künftig: Antragsteller) begehrt vom Betriebsrat die Überlassung eines Schlüssels für das Betriebsratsbüro.
Der Antragsteller ist Mitglied des im gemeinsamen Betrieb der Beteiligten zu 3. und 4. (künftig: Arbeitgeberinnen) bestehenden Betriebsrates. Im gemeinsamen Betrieb der Arbeitgeberinnen, die insbesondere Kartoffeln vertreiben, arbeiten etwa 130 Arbeitnehmer. Der Betriebsrat besteht aus sieben Mitgliedern. Bis zu seiner Abwahl im Jahr 2012 war der Antragsteller Vorsitzender des Betriebsrates und verfügte über einen Schlüssel zum Betriebsratsbüro. Nunmehr ist er nur noch einfaches Mitglied.
In der Zeit, in welcher der Antragsteller Betriebsratsvorsitzender war, waren Schlüssel für die Betriebsratsräume abhanden gekommen und nicht mehr auffindbar. Auf Anregung des neuen Betriebsratsvorsitzenden fasste der Betriebsrat am 3. Juli 2012 folgenden Beschluss:
"Der Betriebsrat beantragt bei der Geschäftsführung den Einbau eines neuen Türschlosses mit mindestens 8 Schlüsseln (7 x BR, 1 x Reinigungskraft)."
In der Folgezeit wurde das Türschloss zum Betriebsratsbüro ausgetauscht. Der damit beauftragte Schlosser übergab dem Betriebsrat allerdings nur sechs Schlüssel. Der Betriebsratsvorsitzende, seine Stellvertreterin und der Schriftführer nahmen sich jeweils einen Schlüssel und gaben der Putzfrau einen weiteren Schlüssel zum Betriebsratsbüro, wobei die restlichen beiden Schlüssel vom Betriebsratsvorsitzenden als "Reserve" verwahrt werden.
Keines der Betriebsratsmitglieder ist von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt. Der Betriebsrat verfügt über keine Mitarbeiter (Sekretärin o.Ä.). Das Betriebsratsbüro, in welchem sich alle Betriebsratsunterlagen und ein Internetanschluss für den Betriebsrat befinden, ist nicht ständig besetzt sondern steht überwiegend leer und ist abgeschlossen. Das Betriebsratsbüro befindet sich in einem Nebengebäude des Betriebes. Der Betriebsratsvorsitzende arbeitet als Lagermeister auf dem Betriebsgelände. Die Stellvertreterin des Betriebsratsvorsitzenden arbeitet im Verwaltungsgebäude, von welchem man zu Fuß etwa 5 Minuten hin und zurück zum Gebäude mit dem Betriebsratsbüro benötigt. Der Schriftführer arbeitet im Bereich Großmarkt des gemeinsamen Betriebes, wohin man etwa 10 Minuten zu Fuß hin und zurück benötigt.
Der Antragsteller arbeitet als Kraftfahrer in Teilzeit, montags, mittwochs und freitags jeweils ab 12:00 Uhr und tritt dann seine Touren in einem Radius von 150 km an. Die Arbeitszeit ist an den Arbeitstagen des Antragstellers für diesen variabel und dauert zwischen sechs und zehn Stunden, was unter anderem davon abhängig ist, ob er eine Rückladung hat. Der Betriebsratsvorsitzende begann bislang jeweils erst um 15:00 Uhr mit der Arbeit, bis die Arbeit bewältigt ist, was um 24:00 Uhr oder später der Fall sein kann. Am Freitag arbeitet der Betriebsratsvorsitzende nicht. Seit Ende Januar 2013 beginnt er montags seine Arbeit um 09:00 Uhr und bietet Sprechstunden im Betriebsratsbüro an. Der Schriftführer arbeitet täglich von 02:00 Uhr bis 13:00 Uhr auf dem Großmarkt. Die Stellvertreterin des Betriebsratsvorsitzenden hat am Montag frei und ist am Freitag oft nicht mehr anwesend, wenn der Antragsteller von seiner Tour zurück in den Betrieb kommt. Auch während ihrer Arbeitszeit sind die Betriebsratsmitglieder, die einen Schlüssel zum Betriebsratsbüro haben, nicht immer am Arbeitsplatz und müssen gegebenenfalls vom Antragsteller gesucht werden. Der Betriebsratsvorsitzende und seine Stellvertreterin hatten beide im Oktober / November 2012 Urlaub, der sich für die Dauer von zwei Wochen überschnitt.
Mit seinem am 13. August 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag begehrt der Antragsteller vom Betriebsrat, ihm einen Schlüssel zum Betriebsratsbüro zur Verfügung zu stellen.
Der Antragsteller hat erstinstanzlich vorgetragen, er habe als Betriebsratsmitglied einen Anspruch auf jederzeitigen Zutritt zum Betriebsratsbüro. Das ergebe sich schon aus § 34 Abs. 3 BetrVG ...