Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 15.03.1990; Aktenzeichen 2 BV 3/90) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Freiburg vom 15.3.1990 – 2 BV 3/90 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren nur noch darüber, ob das antragstellende Betriebsratsmitglied … (nachfolgend ASt) sich auf den Erstattungsanspruch bezüglich entstandener Schulungskosten ersparte Haushaltsaufwendungen anrechnen lassen muß.
Der ASt ist seit 25.10.1976 als Walzer bei der Antragsgegnerin (nachfolgend AG) zu einem Bruttolohn von DM 3.000,– monatlich beschäftigt. Er ist Mitglied der IG-Metall. Bei der AG besteht eine betriebliche Reisekostenregelung.
Gemäß Beschluß des Betriebsrats und im Einverständnis der AG nahm der ASt an einer vom 6. bis 10.11.1989 durchgeführten Betriebsräte-Schulung im Gasthaus „… Hof” in … teil. Die IG-Metall vereinbarte als Veranstalter der Schulung mit dem Inhaber des Gasthauses „…” für dort nicht übernachtende Teilnehmer einen Tagessatz von DM 51,40. Auf das Schreiben der IG-Metall – Verwaltungsstelle Freiburg – vom 14.3.1990 (ABl 15 in Sachen 10 Ta BV 3/90 – 2 BV 2/90) wird Bezug genommen. Es entstanden dem ASt Kosten in Höhe von insgesamt 5 × DM 51,40 = DM 257,–. Hierauf zahlte die AG DM 82,50. Den ausstehenden Restbetrag verlangte der ASt vergeblich mit Schreiben vom 21.12.1989.
Mit Beschluß des Arbeitsgerichts Freiburg vom 15.3.1990 – 2 BV 3/90 –, auf den Bezug genommen wird, wurde die AG verurteilt, an den ASt DM 174,50 nebst 4 % Zinsen seit 13.2.1990 zu zahlen.
Gegen den am 4.4.1990 zugestellten Beschluß hat die AG am 4.5.1990 Beschwerde eingelegt und diese mittels eines am 29.5.1990 eingegangenen Schriftsatzes wie folgt begründet:
Nach der Rechtsprechung des BAG müsse sich ein Betriebsratsmitglied, falls es durch eine Dienstreise eigene Aufwendungen erspare, diese anrechnen lassen. Dies gelte insbesondere für ersparte häusliche Verpflegung. Dementsprechend könne gemäß einer analogen Anwendung des Abschn. 39 Abs. 1 Lohnsteuerrichtlinien ein Abzug von 20 % der Aufwendungen gemacht werden. Der ASt habe über einen Zeitraum von fünf Tagen an der Schulungsveranstaltung ganztägig teilgenommen. Dementsprechend habe er durch die Abwesenheit von seiner Wohnung die häusliche Verpflegung erspart. Der Abzugsposten für die jeweils täglich ersparten Eigenaufwendungen sei im vorliegenden Fall mit DM 6,– in Ansatz zu bringen. Daher ergebe sich für die gesamte Dauer der Schulungsveranstaltung ein Abzugsbetrag in Höhe von DM 30,–.
Die Antragsgegnerin/Beschwerdeführerin/Bet. Ziff. 2 beantragt:
Der Beschluß des Arbeitsgerichts Freiburg vom 15.3.1990 – 2 BV 3/90 – wird abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Antragsgegnerin wird verurteilt, an den Antragsteller DM 144,50 nebst 4 % Zinsen seit 13.2.1990 zu zahlen.
Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Der Antragsteller/Beschwerdegegner/Bet. Ziff. 1 beantragt:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der ASt trägt vor, daß die AG verpflichtet sei, die Schulungskosten in voller Höhe zu erstatten. Ein Abzug von täglich DM 6,– stelle ein gem. § 78 S. 2 BetrVG unzulässiges Vermögensopfer dar. Bei der Schulungsveranstaltung sei der von der IG-Metall ausgehandelte Tagessatz zu bezahlen gewesen, gleichgültig, ob die Verpflegung in Anspruch genommen worden sei oder nicht. Zudem sei zu bedenken, daß der Tagessatz von DM 51,40 nicht nur die Verpflegung, sondern auch die Bereitstellung der Räumlichkeiten für die Schulung abdecke. Ein Abzug in analoger Anwendung der Lohnsteuerrichtlinien sei nicht vorzunehmen. Wenn er die von ihm nicht beeinflußbaren Schulungskosten zum Teil selbst tragen müsse, werde er wegen seiner Betriebsratstätigkeit benachteiligt. Dies widerspreche § 78 S. 2 BetrVG.
Auf das weitere Vorbringen der Beteiligten, das in den gewechselten Schriftsätzen niedergelegt ist und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist daher zulässig.
2. Die Beschwerde ist aber unbegründet.
Die AG kann entgegen ihrer erstmals in der Beschwerdebegründung geäußerten Rechtsansicht bei den zu erstattenden Schulungskosten keinen Abzug wegen Haushaltsersparnis des ASt machen.
a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BAG, der sich die Kammer anschließt, daß auch bei Bestehen einer betrieblichen Reisekostenregelung pauschale Kosten, die anläßlich einer Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung entstehen, jedenfalls dann vom Arbeitgeber zu übernehmen sind, wenn das Betriebsratsmitglied die entstehenden Kosten nicht beeinflussen kann (BAG, Beschlüsse vom 17.9.1974 – 1 ABR 98/73 – AP Nr. 6 zu § 40 BetrVG 1972, vom 29.4.1975 – 1 ABR 40/74 – AP Nr. 9 zu § 40 BetrVG 1972; vom 23.6.1975 – 1 ABR 104/73 – AP Nr. 10 zu § 40 BetrVG 1972 und vom 7.6.1984 – 6 ABR 66/81 – AP Nr. 24 zu § 40 BetrVG 1972 = BB 1984, 2192 = DB 1984, 2200).
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