Entscheidungsstichwort (Thema)

Formunwirksamkeit einer nur von einem lediglich gemeinsam vertretungsberechtigten. Geschäftsführer einer GmbH unterzeichneten Kündigungserklärung. Schriftform. Kündigung. Geschäftsführer einer GmbH. Alleinunterzeichnung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine nur von einem lediglich gemeinsam vertretungsberechtigten Geschäftsführer einer GmbH unterzeichnete Kündigungserklärung verstößt gegen § 623 BGB und ist mangels Schriftform nichtig (Fortführung von BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 2 AZR 162/04).

 

Normenkette

BGB §§ 623, 126 Abs. 1, § 180 S. 1, § 174

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 20.12.2004; Aktenzeichen 15 Ca 138/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Offenburg vom 20.12.2004, Az. 15 Ca 138/04 abgeändert.

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 16.07.2004 nicht aufgelöst wurde.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiterzubeschäftigen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung.

Der Kläger ist seit 01.02.1995 bei der Beklagten zuletzt in der Funktion eines Vertriebsleiters für den Bereich Vertrieb Süd tätig. Die ursprünglichen Arbeitsbedingungen waren niedergelegt im Anstellungsvertrag vom 29.12.1994, der seitens der Beklagten von zwei zeichnungsberechtigten Personen unterschrieben worden war. Der Kläger erhielt zuletzt ein monatliches Fixum von EUR 7.158,00 brutto, unter Berücksichtigung einer erfolgsabhängigen Tantieme belief sich sein Jahreseinkommen im Jahr 2003 auf insgesamt ca. EUR 250.000,00.

Die Beklagte ist ein Fertigbauunternehmen in der Rechtsform der GmbH & Co. KG und wird vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin X GmbH Verwaltungsgesellschaft. Diese wiederum hat 6 Geschäftsführer von denen 4, nämlich H W, C W, H W-M und R M die Gesellschaft jeweils allein vertreten können, während die weiteren Geschäftsführer M S und G S lediglich gemeinsam mit einem weiteren Geschäftsführer oder einem Prokuristen vertretungsberechtigt sind. Zu den Prokuristen gehörte bis zur Löschung im Handelsregister am 30.07.2004 auch der Kläger, der, ebenso wie die weiteren Prokuristen die Gesellschaft nur gemeinsam mit einem Geschäftsführer oder einem Prokuristen vertreten konnte.

Mit Schreiben vom 16.07.2004, dem Kläger zugegangen am 21.07.2004, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.10.2004. Das Kündigungsschreiben war über der eingefügten Unterschriftszeile mit der Kennzeichnung „Geschäftsführung” allein unterzeichnet vom Geschäftsführer G S.

Der Kläger hat die Kündigung der Beklagten für unwirksam gehalten. Dies schon aus formellen Gründen, weil die Kündigung nur hätte von zwei Geschäftsführern gemeinsam ausgesprochen werden können, der unterzeichnende Geschäftsführer S sei hierzu nicht bevollmächtigt gewesen, der Wirksamkeit der Kündigung habe deshalb die Vorschrift des § 180 Satz 1 BGB entgegen gestanden. Auch inhaltlich sei die Kündigung nicht gerechtfertigt gewesen. Zum einen habe ein Kündigungsgrund nicht vorgelegen, weil die vom Kläger bisher erbrachten Tätigkeiten nach wie vor anfielen und unmöglich auf eine Person für das gesamte bundesrepublikanische Gebiet übertragen werden könnten. Außerdem sei der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung nicht angehört worden, der Kläger habe entgegen der internen Behandlung nicht den Status eines leitenden Angestellten innegehabt.

Der Kläger hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 16.07.2004 nicht zum 31.10.2004 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Sie hat im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens eine Vollmacht der Geschäftsführer H W-M, R M und M S datierend vom 12.07.2004 vorgelegt mit der der kaufmännische Geschäftsführer G S ermächtigt wird, die erforderlichen Arbeitgeberkündigungen insbesondere auch bezüglich des namentlich genannten Klägers auszusprechen. Zum Kündigungsgrund hat sie vorgetragen, im Hinblick auf einen erheblichen Umsatzrückgang habe sie sich entschlossen, den Vertrieb zu restrukturieren, bestimmte Vertriebsstellen zu schließen, einen Teil der bisherigen Mitarbeiter zu entlassen und die Anzahl der Vertriebsleiter für den Inlandsvertrieb von fünf auf einen zu reduzieren. Der Vertrieb Ausland werde künftig von Herrn Le geleitet, der Vertrieb Inland allein von Herrn Li. Herr Le sei aufgrund seiner Kenntnisse, Qualifikationen und Kontakte im Hinblick auf den ausländischen Vertrieb unverzichtbar, Herr Li aufgrund der Dauer der Betriebszugehörigkeit und seines Lebensalters am sozial schutzwürdigsten. Anderweitige freie vergleichbare und gleichwertige oder auch in der Hierarchie niedriger anzusiedelnde Arbeitsplätze seien weder zum Zeitpunkt der Kündigung noch zu einem späteren Zeitpunkt vorhanden ...

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