Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Form der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch eine BGB-Gesellschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Wird eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mangels abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelungen gemäß §§ 709 Abs. 1, 714 BGB im Rechtsverkehr durch alle Gesellschafter gemeinschaftlich vertreten, aber eine für die GbR ausgesprochene schriftliche Kündigung nicht von allen Gesellschaftern unterzeichnet, so muss die Urkunde zwecks Wahrung der gesetzlichen Schriftform erkennen lassen, dass die Unterschrift der handelnden Gesellschafter auch die Erklärung der nicht unterzeichnenden Gesellschafter decken soll (vgl BAG, Urteil vom 21. April 2005 - 2 AZR 162/04 -, [...]).
2. Sieht der Gesellschaftsvertrag hingegen vor, dass die GbR im Rechtsverkehr nicht durch alle, sondern nur durch einen (oder mehrere) Gesellschafter vertreten wird (organschaftliche Vertretungsregelung), so genügt es zur Wahrung der Schriftform, dass die Kündigung allein von den im Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der GbR ermächtigten Gesellschaftern unterzeichnet wird.
3. Anders als in den Fällen der einzelnen Gesellschaftern außerhalb des Gesellschaftsvertrages von den übrigen Gesellschaftern rechtsgeschäftlich nach § 167 BGB erteilten Vollmacht ist im Falle der organschaftlichen Vertretung eine nähere Angabe darüber, woraus die handelnde Person ihre Vertretungsmacht herleitet (z.B. "als alleiniger Vertreter der GbR" oder "in Alleinvertretung der GbR") nicht erforderlich.
Normenkette
BGB §§ 714, 623, 126
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 07.08.2013; Aktenzeichen 3 Ca 3021/13) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 07.08.2013 - 3 Ca 3021/13 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens vor dem Bundesarbeitsgericht - 6 AZN 335/14 - trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen wirksam beendet wurde.
Die Beklagte ist eine aus sieben Gesellschaftern bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die sich mit Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung befasst.
Unter dem 26.06.2012 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, der auf Seite 1 oben "G. | Wirtschaftsprüfer und Steuerberater" als Arbeitgeber ausweist und auszugsweise folgenden Inhalt hat:
"§ 1 Beginn des Arbeitsverhältnisses
Der Angestellte wird zum 15. August 2012 als Rechtsanwalt/Steuerberater/Wirtschaftsprüfer eingestellt.
Für die ersten sechs Monate wird der Vertrag befristet zur Probe abgeschlossen. Er endet mithin nach sechs Monaten, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Wird der Vertrag über diesen Zeitpunkt hinaus fortgesetzt, gilt ein unbefristeter Vertrag als zustande gekommen."
Wegen der vollständigen Fassung des Arbeitsvertrages wird auf die mit der Klageschrift zu den Akten gereichte Kopie verwiesen.
Spätestens am 25.10.2012 erhielt der Kläger ein auf den 24.10.2012 datierendes Kündigungsschreiben. In diesem Kündigungsschreiben heißt es wie folgt:
"Kündigung des Anstellungsverhältnisses
Sehr geehrter Herr Kollege C.,
hiermit kündigen wir das mit Ihnen seit dem 15. August 2012 bestehende Anstellungsverhältnis fristgerecht während der Probezeit zum 15. November 2012.
Bitte melden Sie sich unverzüglich bei der für sie zuständigen Arbeitsagentur arbeitsuchend.
Wir bedanken uns für Ihre an uns und unsere Mandaten erbrachten Leistungen. Wir wünschen Ihnen für Ihre berufliche und private Zukunft alles Gute.
Mit freundlichen kollegialen Grüßen
..."
Das Kündigungsschreiben, wegen dessen äußerlichen Gestaltung auf die zur Gerichtsakte gereichte Kopie Bezug genommen wird, ist auf dem Geschäftsbriefbogen der Beklagten verfasst und von den Gesellschaftern L. und Dr. Q. unterzeichnet.
Mit E-Mail vom 06.11.2012 verabschiedete sich der Kläger bei sämtlichen Gesellschaftern und Mitarbeitern der Beklagten.
Unter dem 28.03.2013 wandte er sich mit folgendem Schreiben an die Beklagte:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
die Kündigungserklärung vom 24.10.2012 verstößt gegen das gesetzliche Schriftformerfordernis und ist nichtig.
Nur vorsorglich weise ich hiermit die Kündigung wegen Schriftformmangel zurück und fordere sie auf, die Kündigung zu genehmigen."
Die Beklagte antwortete hierauf mit Schreiben vom 11.04.2013 wie folgt:
"Sehr geehrter Herr Kollege ...,
Ihr Schreiben vom 28. März 2013, bei uns eingegangen am 5. April 2013, haben wir erhalten. Über den Inhalt sind wir natürlich verwundert, zumal sie Herrn L. und dem Linksunterzeichner gegenüber während unseres Mittagstischgespräches am 25. Februar 2013 auf dem Seminar des Studienwerks der Steuerberater Ihr jetziges Vorgehen nicht ansprachen.
Die schriftliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom 24. Oktober 2012, deren Erhalt Sie uns vorbehaltlos am 25. Oktober 2012 auf dem Duplikat durch Unterschrift bestätigten, hat mit den Unterschriften der zwei Gesellschafter L. und Q. auf dem Geschäftsbriefbogen der ...