Entscheidungsstichwort (Thema)

Formerfordernisse bei Abschluß eines Interessenausgleiches mit Namensliste gemäß § 125 Absatz 1 InsO

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird der Inhalt eines Interessenausgleiches zwischen dem Konkursverwalter und dem Betriebsrat in mehreren Schriftstücken niedergelegt, so liegt ein wirksamer Interessenausgleich nur dann vor, wenn die einzelnen Blätter zusammengehören und eine äußerlich erkennbare Einheit (im Sinne einer Gesamturkunde) bilden. Die Einheitlichkeit der Urkunde ist zu verneinen, wenn ihre Bestandteile zwar einen Sinnzusammenhang erkennen lassen, aber nicht körperlich miteinander verbunden sind.

2. Sind die zu kündigenden Arbeitnehmer im Rahmen eines Interessenausgleiches zwischen dem Konkursverwalter und dem Betriebsrat in einer separaten Namensliste festgehalten, so findet § 125 Absatz 1 Nr. 1 und 2 InsO nur dann Anwendung, wenn die Namensliste als integraler Bestandteil einer dem Schriftformerfordernis genügenden (Gesamt-)Urkunde, in welcher der Interessenausgleich festgehalten ist, körperlich verbunden ist.

 

Normenkette

InsO § 125 Abs. 1; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Pforzheim (Urteil vom 25.02.1997; Aktenzeichen 1 Ca 655/96)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 25.02.1997 – 1 Ca 655/96 – wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Von einer ausführlichen Darstellung des Prozeßstoffes wird abgesehen, stattdessen wird auf das angefochtene Urteil (Aktenbl. 68-74) Bezug genommen, § 543 Abs. 1 und 2 ZPO In Ergänzung dazu ist nachzutragen, daß der Beklagte gegen das im Verfahren 1 Ca 340/96 ergangene Urteil des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 29.11.1996 unter dem Aktenzeichen 7 Sa 5/97 – nunmehr 21 Sa 21/97 – und gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 25.02.1997 im Verfahren 1 Ca 655/96 unter dem Aktenzeichen 7 Sa 38/97 Berufung eingelegt hat. Im Verfahren 21 Sa 21/97 erging am 05.11.1997 zeitgleich mit vorliegendem Verfahren ein Urteil, durch welches die Berufung ebenfalls zurückgewiesen wurde.

Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren weiterhin über die Wirksamkeit der dritten am 28.10.1996 zum 31.01.1997 ausgesprochenen ordentlichen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung. Das Vorbringen der Parteien in 2. Instanz erschließt sich vor allem aus den Schriftsätzen vom 30.04.1997 (Aktenbl 83-93) – Beklagter/Berufungsklager – und vom 09.06.1997 (Aktenbl. 127-135) – Kläger/Berufungsbeklagter – nebst ihren Anlagen. Hierauf wird Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Unwirksamkeit der streitbefangenen Kündigung wegen Verstoßes gegen § 102 BetrVG festgestellt und dabei vorwiegend darauf abgestellt, daß der Beklagte dem Betriebsrat nach Abschluß des Interessenausgleichs und Sozialplans nicht erneut unter Hinweis auf diese Umstände vor Ausspruch der beabsichtigten Kündigung informiert habe. Hiergegen wendet sich vor allem die Berufung des Beklagten. Dieser ist der Auffassung, daß er dem Betriebsrat alle Kündigungstatsachen mitgeteilt habe, welche die streitbefangene Kündigung seiner Ansicht nach gerechtfertigt hätten; abgesehen davon habe der Betriebsrat sämtliche relevanten Kündigungstatsachen gekannt. Er sei bereits am 16.10.1996 ausführlich über den vorangegangenen Teilbetriebsverkauf und die für diesen notwendige weitere Sanierung des Unternehmens informiert worden, ferner darüber, daß der Käufer nur bereit sei, einen Teilbetrieb mit rund 70 Beschäftigten zu übernehmen, so daß zur weiteren Sanierung 22 Arbeitnehmer entlassen werden müßten. Er habe dem Betriebsrat eine Namensliste der zu entlassenden Arbeitnehmer vorgelegt, in welcher sämtliche relevanten Sozialdaten aufgeführt gewesen seien. In diese Liste sei auch der Name des Klägers aufgenommen worden; als Kündigungstermin sei aufgrund der Änderungen der Insolvenzordnung der 31.01.1997 genannt worden Außerdem habe der Betriebsrat aus vorangegangenen Verhandlungen und Gesprachen über eine komplette Personalliste der Gemeinschuldnerin verfügt, ebenso über den Ergebnisbericht über die Grobanalyse bei der Gemeinschuldnerin vom 15.04.1996, in welchem die Grundlagen der Sanierungsentscheidungen und Personalreduzierungen dargelegt seien. Dem Betriebsrat sei ferner mitgeteilt worden, daß er die Zahl von vorhandenen 8 auf 4 Verkaufsgebiete habe reduzieren und einen Teil von ihnen habe aufgeben wollen. Hinsichtlich der Sozialauswahl sei er der Auffassung, daß der Kläger mit keinem der bei ihm verbliebenen Verkäufer vergleich- und damit austauschbar sei, nachdem er bei der Gemeinschuldnerin eine herausragende Stellung innegehabt habe. Der Betriebsrat habe der beabsichtigten Kündigung ausdrücklich und vorbehaltlos zugestimmt, indem er den Kläger und andere Arbeitnehmer namentlich in eine Entlassungsliste im Rahmen des unter dem 24.10.1996 vereinbarten Interessenausgleichs und Sozialplans aufgenommen habe § 102 BetrVG verbiete es nicht, das Anhörungsverfahren vor Abschluß eines Interessenau...

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