Entscheidungsstichwort (Thema)

Inhalt und Darlegung einer Unternehmerentscheidung. Betriebsbedingte Kündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Unternehmerentscheidung bestimmte bisher im Betrieb ausgeführte Tätigkeiten zurückzuführen mit der Folge, dass der Personalbestand der Filiale sich reduzieren lässt, steht für die Arbeitsgerichte inhaltlich nicht zur Überprüfung.

2. Zur Begründung der Umsetzung der Unternehmerentscheidung muss der Arbeitgeber darlegen, welche organisatorischen oder technischen Maßnahmen er angeordnet hat, aufgrund derer sich nun tatsächlich unmittelbar oder mittelbar die Beschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer verringert hat.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 30.09.2003; Aktenzeichen 3 Ca 314/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.09.2005; Aktenzeichen 2 AZR 548/04)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 30.09.2003, Az.: 3 Ca 314/03, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der ordentlichen betriebsbedingten Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 19.04.2003 zum 31.08.2003 (Bl. 9 d. A).

Der am 05.01.1967 geborene, verheiratete Kläger, der keine weiteren unterhaltsberechtigten Angehörigen hat, war seit 25.09.1997 als Computerverkäufer unter Eingruppierung nach II/IV des arbeitsvertraglichen in Bezug genommenen Manteltarifvertrages für den Einzelhandel in der Filiale G der Beklagten vollzeitig tätig. Die Beklagte betreibt in der ganzen Bundesrepublik zahlreiche Filialen eines Einzelhandelsunternehmens, in dem sie Elektroartikel, darunter auch Unterhaltungselektronik und Computer verkauft. Die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens war unbefriedigend. Aus diesem Grund hat sich die englische K Inc. entschlossen, Ende 2002 ihr Engagement bei der P-Gruppe zu beenden und die Gesellschaftsanteile an die Geschäftsführer M und M W am 16.01.2003 zu verkaufen. Aufgrund ernster wirtschaftlicher Schwierigkeiten entschloss sich die Beklagte zu einer Betriebsänderung, der Anlass eines Interessenausgleichs und Sozialplanes gemäß §§ 112 ff. BetrVG vom 13.02.2003 geworden ist. Nach diesem Interessenausgleich und Sozialplan wird die Betriebsänderung dahingehend umschrieben, dass eine Anzahl von 29 Filialen in Südsüdwest, darunter diejenige in der der Kläger in G bei F beschäftigt gewesen ist, zu „reinen Abverkaufsstellen umgestaltet” werden und einige wenige Filialen auch geschlossen werden sollten. Aufgrund dieser Umgestaltung sollte in einer „durchschnittlichen Filiale nur noch ein Marktleiter sowie neun Mitarbeiter beschäftigt” werden. Allen diesen Mitarbeitern sollte je nach Bedarf die Kassentätigkeit, die Pflege und das Nachfüllen der Waren, die Annahme von Kundengeräten im Rahmen der Gewährleistung bzw. der Kulanz sowie Lagertätigkeiten obliegen. Die Beklagte meint, dass zusammen mit dem Marktleiter neun Mitarbeiter notwendig seien, um das Funktionieren der Abverkaufsstelle innerhalb der Öffnungszeiten zu gewährleisten. Diese Tätigkeit sei im Verhältnis zu den bisherigen im Betrieb stehenden Arbeitsplätzen neu, so dass eine Versetzung im Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechtes nicht möglich sei. Allen Arbeitnehmern würde daher gekündigt, neun Mitarbeiter erhielten nach den nachstehenden Regelungen des Interessenausgleichs keine Beendigungssondern eine Änderungskündigung.

In der Filiale in G waren zum Zeitpunkt der Kündigung des Klägers insgesamt 23 Mitarbeiter, den Kläger eingeschlossen, einschließlich zwei in Elternteilzeit befindlichen Mitarbeitern und drei Auszubildende, tätig. Die Beklagte entschloss sich in der Filiale G zunächst dafür, neben dem Markleiter elf Mitarbeiter, mithin also insgesamt zwölf Mitarbeiter weiter zu beschäftigten.

Die Beklagte hat die Arbeitsverhältnisse aller Mitarbeiter mit Ausnahme des Marktleiters und der Auszubildenden gekündigt und hat dreizehn Mitarbeitern einen geänderten Arbeitsvertrag angeboten.

Nach Anhörung des Betriebsrates wurde der Kläger mit Schreiben vom 19.04.2003, zugegangen am 30.05.2003, gekündigt. Die Auswahl des Klägers erfolgte aufgrund einer Auswahlrichtlinie im Sinne des § 95 BetrVG, die ebenfalls Gegenstand der Betriebsvereinbarung vom 13.02.2003 gewesen ist. Wegen der Einzelheiten wird auf Interessenausgleich und Sozialplan vom 13.02.2003 (Bl. 35 – 40 d. A.), sowie die Filialliste (Bl. 41 d. A.), die Betriebsratsanhörung vom 11.04.2003 (Bl. 42 – 44 d. A.), den Personaleinsatzplan der KW 24 in der Filiale G (Bl. 45 d. A.), die Umbauplanung M mit Terminstaffel vom 24.02.2003 (Bl. 46 d. A.) und die Sozialauswahlliste (Bl. 47 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hält mit der am 16.06.2003 eingelangten Klage die Kündigung der Beklagten vom 19.04.2003 für sozial nicht gerechtfertigt.

Dringende betriebliche Gründe lägen nicht vor. Die Beklagte habe in einer Pressemitteilung dargestellt, dass die Finanzierung bis Ende 2004 gesichert ...

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