Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessenheit der im Ausbildungsvertrag vereinbarten Ausbildungsvergütung
Leitsatz (redaktionell)
Bestehen für ein Ausbildungsverhältnis keine tarifvertraglichen Vergütungsregelungen, ist für die Frage der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung ein Vergleich mit den branchenüblichen Ausbildungsvergütungen anzustellen. Die Ausbildungsvergütung ist dann nicht angemessen, wenn sie diese branchenübliche Ausbildungsvergütung wesentlich unterschreitet.
Normenkette
BBiG § 10
Verfahrensgang
ArbG Pforzheim (Urteil vom 08.09.2004; Aktenzeichen 4 Ca 66/04) |
Nachgehend
Tenor
1.Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Pforzheim vom08. September 2004 – Az.: 4 Ca 66/04 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3.Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten nach der im zweiten Rechtszug erfolgten Klarstellung um Ausbildungsvergütungsdifferenzen für die Monate Oktober 2003 bis Mai 2004.
Die am 07. September 1983 geborene Klägerin war, bevor sie am 28. Mai 2003 einen Ausbildungsvertrag mit der Beklagten abschloss, bei dieser ein halbes Jahr als Praktikantin tätig. Der Ausbildungsvertrag beinhaltet die Ausbildung zum Beruf des Mediengestalters für Digital- und Printmedien, Fachrichtung Mediendesign mit der produktspezifischen Spezialisierung Print-Produkte. Als Ausbildungszeit ist die Zeit vom 01. September 2003 bis zum 31. August 2006 vereinbart. Für das erste Ausbildungsjahr haben die Parteien eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 472,95 EUR, für das zweite Ausbildungsjahr eine solche in Höhe von 524,07 EUR und für das dritte Ausbildungsjahr eine solche in Höhe von 575,20 EUR festgelegt. Die Ausbildung erfolgt nach dem betrieblichen Ausbildungsplan entsprechend der Verordnung über die Berufsausbildung zur Mediengestalterin für Digital- und Printmedien und dem von den Verbänden der Druckindustrie zur Verfügung gestellten Ausbildungsplan. Die Beklagte, welche nicht tarifgebunden ist, bildet neben der Klägerin weitere Auszubildende nur im Bereich des Fotografenhandwerks aus. Im Bereich der Handwerkskammer P. beläuft sich die Ausbildungsvergütung für diesen Ausbildungsberuf auf 275,00 EUR (erstes Ausbildungsjahr), 305,00 EUR (zweites Ausbildungsjahr) bzw. 325,00 EUR (drittes Ausbildungsjahr). Die Beklagte zahlt an alle Auszubildenden unabhängig von der Art der Ausbildung den Mittelwert zwischen der Ausbildungsvergütung für Mediengestalter und Fotografen. Die Ausbildung zum Fotografen unterscheidet sich wesentlich von der eines Mediengestalters. Voraussetzung für die Ausbildung zum Mediengestalter ist regelmäßig ein höherer Schulabschluss. Die von der Klägerin am 30. Juni 2004 beim Arbeitsgericht eingereichte Klage ist der Beklagten am 05. Juli 2004 zugestellt worden.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte führe mindestens zum Teil, wie sich aus ihrem Auftritt als Werbeagentur ergebe, Tätigkeiten in der Druckvorstufe aus. Die von ihr bearbeiteten Daten gingen zum Teil in Abstimmung mit den Kunden direkt in den Druck. Mit Ausnahme von Retuschen an Digitalfotos erfülle sie keinerlei fotografischen Arbeiten. Ihre Tätigkeit stelle eine Ausbildung entsprechend der Ausbildungsverordnung der Druckindustrie dar. Als Maßstab für eine angemessene Ausbildungsvergütung müsse daher das Lohnabkommen für die Druckindustrie, gültig ab 01. April 2003, herangezogen werden. Nach einer Informationsbroschüre der Handwerkskammer K. belaufe sich die Ausbildungsvergütung für die Berufsausbildung zum Mediengestalter im ersten Ausbildungsjahr auf 735,53 EUR und nach der Mitteilung des Bundesagentur für Arbeit auf 733,00 EUR. In dem Lohnabkommen der Druckindustrie sei eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 748,00 EUR vorgesehen. Die tatsächlich geleistete Ausbildungsvergütung in Höhe von 472,95 EUR sei nicht angemessen. Unter Berücksichtigung eines Abschlages von 20 % im Hinblick auf die in der Druckindustrie geltende Ausbildungsvergütung stehe ihr ein monatlicher Differenzanspruch in Höhe von 125,52 EUR zu.
Die Klägerin hat beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.004,18 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat zur Abwehr der Klage geltend gemacht, die Ausbildungsvergütung bzw. deren Höhe bemesse sich nach dem Tarifvertrag, der für den Ausbilder maßgeblich sei oder im Falle der Tarifgebundenheit maßgeblich wäre. Als Maßstab für die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung komme nicht das Lohnabkommen der Druckindustrie in Betracht. Sie erbringe nur fotografische und grafische Leistungen gegenüber ihren Kunden. Bei ihr handele es sich um einen Mischbetrieb mit 70 % der Gesamttätigkeit im Bereich der Fotografie. Beiträge führe sie je zur Hälfte an die IHK und an die Innung ab. Einschlägig sei der Tarifvertrag Fotohandwerk oder Fotobetriebe. Bei der Bemessu...