Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungskündigung. Umgestaltung des Verkaufsgeschäfts. Vergütungsänderung
Leitsatz (redaktionell)
Bei einer vom Arbeitgeber mittels Änderungskündigung erstrebten Änderung von Tätigkeit und Vergütung muss die Vergütungsänderung nur dann nicht selbstständig gerechtfertigt sein, wenn sich die Höhe der Vergütung aus einem Vergütungssystem ergibt (Anschluss an BAG, Urteil v. 18.12.2000 – 2 AZR 465/99).
Normenkette
KSchG §§ 2, 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Urteil vom 06.04.2004; Aktenzeichen 4 Ca 227/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom06.04.2004 – 4 Ca 227/03 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit einer am 08.05.2003 erhobenen Klage wehrt sich der seit 01.07.1988 bei der Beklagten als Fachverkäufer Foto in der Filiale M.-N. zu einem monatlichen Bruttogehalt von ca. 1.915,– EUR beschäftigte 54-jährige verheiratete Kläger gegen eine aus betriebsbedingten Gründen zum 31.10.2003 ausgesprochene Änderungskündigung.
Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen mit mehr als 90 Filialen, welches bundesweit insbesondere Unterhaltungselektronik, Computer sowie Artikel der Tele- und Bürokommunikation vertreibt. Hintergrund der in Streit stehenden Änderungskündigung ist eine von der Beklagten bundesweit initiierte Umgestaltung ihrer Verkaufsgeschäfte, die aus wirtschaftlichen Gründen wegen andauernder Verluste seit 2001 von Fachhandelsgeschäften in reine Abverkaufsstellen umgestaltet werden. Künftig sollen den Kunden ein deutlich verringertes Warensortiment grundsätzlich ohne fachliche Beratung zum Kauf angeboten werden. Durchschnittlich sollen in einer Filiale noch ein Marktleiter und eine reduzierte Anzahl nachgeordneter, alle anfallenden Tätigkeiten wie Kasse, Nachfüllen der Ware, Entgegennahme von Reklamationen sowie Lagertätigkeit wahrnehmenden Mitarbeiter tätig sein. Der durch diese grundlegende Änderung der Betriebsstrukturen bedingte Wegfall der bisherigen Arbeitsplätze führte unter Berücksichtigung sozialer Auswahl zu Änderungs- bzw. Beendigungskündigungen. Zu diesem Zweck schloss die Beklagte mit dem für die Regionen Süd und Südwest zuständigen Betriebsrat am 13.02.2003 eine Interessenausgleich- und Auswahlrichtlinie beinhaltende Vereinbarung.
Der Kläger hat das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen angenommen und mit seiner Klage die Sozialwidrigkeit der Kündigung vom 19.04.2003 geltend gemacht. Die Entscheidung der Beklagten sei willkürlich und im Einzelhandel nicht durchsetzbar. Der dem Kläger angebotene Änderungsvertrag beinhalte durch die Maßnahme nicht bedingte Verschlechterungen in vielfältiger Art, wie Verdienstkürzung unterhalb des tariflichen Niveau's, Wegfall der Tarifgeltung u.a. bei Kündigungsbeschränkung älterer Arbeitnehmer und Reduzierung der Zuschläge und Urlaubsvergütungen. Im übrigen sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden, da ihm keine Einzelheiten der arbeitsvertraglichen Bedingungen durch die Änderungskündigung mitgeteilt worden seien.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Änderungskündigung der Beklagten nicht aufgelöst sei. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, dass der Betriebsrat mangels Vorlage der maßgeblichen Unterlagen nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Es sei nicht dargelegt, welche der Tätigkeiten des Klägers und in welchem Umfange zukünftig entfielen oder von anderen Arbeitnehmern miterledigt werden könnten. Es könne daher nicht von dringenden betrieblichen Erfordernissen ausgegangen werden, die das Änderungsangebot der Beklagten bedingt hätten. Im übrigen habe die Beklagte Änderungen vorgeschlagen, die der Kläger billigerweise im Rahmen einer Änderungskündigung nicht habe hinnehmen müssen. Zur näheren Sachdarstellung wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts vom 06.04.2004 verwiesen.
Gegen das am 30.07.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 24.08.2004 Berufung eingelegt und diese am 30.09.2004 begründet. Der Betriebsrat sei unter Vorlage der maßgeblichen Unterlagen ordnungsgemäß informiert worden. Die weitere Argumentation des Arbeitsgerichts stelle eine Überprüfung der unternehmerischen Entscheidung dar, in dem es die Vernünftigkeit der getroffenen Maßnahme in Zweifel ziehe. Die Beklagte habe jedoch stets vorgetragen, dass durch die getroffene unternehmerische Entscheidung nicht eine reine Personalreduzierung vorgenommen worden sei, sondern die neue Filialstruktur zu einem Wegfall aller Arbeitsplätze mit Ausnahme des Marktleiters geführt habe. Deshalb sei in der Filiale des Klägers in M.-N. ab dem 25.04.2003 seine Stelle nicht mehr vorhanden, statt dessen seien 11 neue Arbeitsplätze geschaffen worden, die es bisher noch nicht gegeben habe. Unter Berücksichtigung dieser unternehmerischen Entscheidung seien die ange...