Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungsangebot. Änderungskündigung. Soziale Rechtfertigung
Leitsatz (redaktionell)
Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung ist das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem anerkennenswerten Anlass zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss.
Normenkette
KSchG § 2
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom06.04.2004 – 4 Ca 200/03 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit einer am 30.04.2003 erhobenen Klage wehrt sich die seit 01.05.1992 bei der Beklagten als Verkäuferin/Kassiererin in der Filiale M.-N. zu einem monatlichen Bruttogehalt von ca. 2.040,– EUR beschäftigte 35-jährige Klägerin gegen eine aus betriebsbedingten Gründen zum 30.09.2003 ausgesprochene Änderungskündigung.
Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen mit mehr als 90 Filialen, welches bundesweit insbesondere Unterhaltungselektronik, Computer sowie Artikel der Tele- und Bürokommunikation vertreibt. Hintergrund der in Streit stehenden Änderungskündigung ist eine von der Beklagten bundesweit initiierte Umgestaltung ihrer Verkaufsgeschäfte, die aus wirtschaftlichen Gründen wegen andauernder Verluste seit 2001 von Fachhandelsgeschäften in reine Abverkaufsstellen umgestaltet werden. Künftig sollen den Kunden ein deutlich verringertes Warensortiment grundsätzlich ohne fachliche Beratung zum Kauf angeboten werden. Durchschnittlich sollen in einer Filiale noch ein Marktleiter und eine reduzierte Anzahl nachgeordneter, alle anfallenden Tätigkeiten wie Kasse, Nachfüllen der Ware, Entgegennahme von Reklamationen sowie Lagertätigkeit wahrnehmenden Mitarbeiter tätig sein. Der durch diese grundlegende Änderung der Betriebsstrukturen bedingte Wegfall der bisherigen Arbeitsplätze führte unter Berücksichtigung sozialer Auswahl zu Änderungs- bzw. Beendigungskündigungen. Zu diesem Zweck schloss die Beklagte mit dem für die Regionen Süd und Südwest zuständigen Betriebsrat am 13.02.2003 eine Interessenausgleich- und Auswahlrichtlinie beinhaltende Vereinbarung.
Die Klägerin hat das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen angenommen und mit ihrer Klage die Sozialwidrigkeit der Kündigung vom 19.04.2003 geltend gemacht. Die Entscheidung der Beklagten sei willkürlich und im Einzelhandel nicht durchsetzbar. Der dem Kläger angebotene Änderungsvertrag beinhalte durch die Maßnahme nicht bedingte Verschlechterungen in vielfältiger Art, wie Verdienstkürzung unterhalb des tariflichen Niveau's, Wegfall der Tarifgeltung u.a. bei Kündigungsbeschränkung älterer Arbeitnehmer und Reduzierung der Zuschläge und Urlaubsvergütungen. Im übrigen sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden, da ihm keine Einzelheiten der arbeitsvertraglichen Bedingungen durch die Änderungskündigung mitgeteilt worden seien. Der Klägerin stünden auch die mit der Klage geltend gemachten Zahlungen auf zusätzliches Urlaubsgeld (957,50 EUR brutto) und Sonderzahlung für 2003 (1.196,88 EUR brutto) zu, die die Beklagte in Höhe von 718,11 EUR brutto und 914,– EUR brutto anerkannte.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Änderungskündigung der Beklagten nicht aufgelöst sei und die Beklagte ungeachtet des Teilanerkenntnisses zur Zahlung verurteilt. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte mit ihrer Änderungskündigung Arbeitsbedingungen vorgeschlagen habe, die die Klägerin billigerweise im Rahmen einer Änderungskündigung nicht habe hinnehmen müssen. Zur näheren Sachdarstellung wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts vom 06.04.2004 verwiesen.
Gegen das am 09.08.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30.08.2004 Berufung eingelegt und diese am 08.10.2004 begründet. Die Argumentation des Arbeitsgerichts stelle eine Überprüfung der unternehmerischen Entscheidung dar, in dem es die Vernünftigkeit der getroffenen Maßnahme in Zweifel gezogen habe. Die Beklagte habe jedoch stets vorgetragen, dass durch die getroffene unternehmerische Entscheidung nicht eine reine Personalreduzierung vorgenommen worden sei, sondern die neue Filialstruktur zu einem Wegfall aller Arbeitsplätze mit Ausnahme des Marktleiters geführt habe. Deshalb sei in der Filiale der Klägerin in M.-N. ab dem 25.04.2003 ihre Stelle nicht mehr vorhanden, statt dessen seien 11 neue Arbeitsplätze geschaffen worden, die es bisher noch nicht gegeben habe. Unter Berücksichtigung dieser unternehmerischen Entscheidung seien die angebotenen vertraglichen Änderungen billigerweise hinzunehmen. Die Beklagte sei f...