Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungskündigung. Unterlassen anderweitigen Verdienstes. Weiterarbeit zu geänderten Bedingungen
Leitsatz (redaktionell)
Ein Arbeitnehmer unterlässt böswillig anderweitigen Verdienst, wenn er nach Ausspruch einer Änderungskündigung bis zur gerichtlichen Klärung ihrer Wirksamkeit nicht vorübergehend die ihm vom Arbeitgeber angesonnene Arbeit zur Vermeidung finanzieller Nachteile fortführt, obschon ihm dies zumutbar war.
Normenkette
KSchG §§ 2, 11 S. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom20.4.2004 – 4 Ca 187/03 – teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.389,60 EUR nebst 5 % Zinsen aus dem Basiszinssatz seit 5.3.2004 zu bezahlen.
Die weitergehende Zahlungsklage wird abgewiesen.
2. Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
3. Der Kläger hat 1/3, die Beklagte 2/3 der Kosten des Verfahrens zu tragen.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit einer am 30.04.2003 erhobenen Klage wehrt sich der seit 01.06.1971 bei der Beklagten als Fachverkäufer Foto in der Filiale M.-C. zu einem monatlichen Bruttogehalt von ca. 2.146,99 EUR beschäftigte 60-jährige verheiratete Kläger gegen eine aus betriebsbedingten Gründen zum 30.11.2003 ausgesprochene Änderungskündigung.
Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen mit mehr als 90 Filialen, welches bundesweit insbesondere Unterhaltungselektronik, Computer sowie Artikel der Tele- und Bürokommunikation vertreibt. Hintergrund der in Streit stehenden Änderungskündigung ist eine von der Beklagten bundesweit initiierte Umgestaltung ihrer Verkaufsgeschäfte, die aus wirtschaftlichen Gründen wegen andauernder Verluste seit 2001 von Fachhandelsgeschäften in reine Abverkaufsstellen umgestaltet werden. Künftig sollen den Kunden ein deutlich verringertes Warensortiment grundsätzlich ohne fachliche Beratung zum Kauf angeboten werden. In der Filiale M.-C. sollten noch ein Marktleiter und 13 Mitarbeiter alle anfallenden Tätigkeiten wie Kasse, Nachfüllen der Ware, Entgegennahme von Reklamationen sowie Lagertätigkeit wahrnehmen. Der durch diese grundlegende Änderung der Betriebsstrukturen bedingte Wegfall der Arbeitsplätze führte unter Berücksichtigung sozialer Auswahl zu Änderungs- bzw. Beendigungskündigungen. Zu diesem Zweck schloss die Beklagte mit dem für die Regionen Süd und Südwest zuständigen Betriebsrat am 13.02.2003 eine Interessenausgleich- und Auswahlrichtlinie beinhaltende Vereinbarung.
Der Kläger hat das Änderungsangebot auch nicht unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen angenommen und mit seiner Klage die Unwirksamkeit der Kündigung vom 19.04.2003 geltend gemacht. Die Entscheidung der Beklagten sei willkürlich und im Einzelhandel nicht durchsetzbar. Der dem Kläger angebotene Änderungsvertrag beinhalte durch die Maßnahme nicht bedingte Verschlechterungen in vielfältiger Art, wie Verdienstkürzung unterhalb des tariflichen Niveau's, Wegfall der Tarifgeltung u.a. bei Kündigungsbeschränkung älterer Arbeitnehmer und Reduzierung der Zuschläge und Urlaubsvergütungen. Im übrigen sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden, da ihm keine Einzelheiten der arbeitsvertraglichen Bedingungen durch die Änderungskündigung mitgeteilt worden seien. Die Beklagte schulde dem Kläger daher auch Vergütung aus Annahmeverzug für Dezember 2003, Januar und Februar 2004 in Höhe von 6.440,97 EUR brutto.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Änderungskündigung der Beklagten nicht aufgelöst sei und auch dem Zahlungsantrag stattgegeben. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte mit der Änderungskündigung Arbeitsbedingungen vorgeschlagen habe, die der Kläger billigerweise im Rahmen einer Änderungskündigung nicht habe hinnehmen müssen. Zur näheren Sachdarstellung wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts vom 06.04.2004 verwiesen.
Gegen das am 10.08.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30.08.2004 Berufung eingelegt und diese am 08.10.2004 begründet. Die Argumentation des Arbeitsgerichts stelle eine Überprüfung der unternehmerischen Entscheidung dar, in dem es die Vernünftigkeit der getroffenen Maßnahme in Zweifel gezogen habe. Die Beklagte habe jedoch stets vorgetragen, dass durch die getroffene unternehmerische Entscheidung nicht eine reine Personalreduzierung vorgenommen worden sei, sondern die neue Filialstruktur zu einem Wegfall aller Arbeitsplätze mit Ausnahme des Marktleiters geführt habe. Deshalb sei in der Filiale des Klägers in M. ab dem 25.04.2003 seine Stelle nicht mehr vorhanden, statt dessen seien 13 neue Arbeitsplätze geschaffen worden, die es bisher noch nicht gegeben habe. Unter Berücksichtigung dieser unternehmerischen Entscheidung seien die angebotenen vertraglichen Änderu...