Entscheidungsstichwort (Thema)

Versäumnisurteil. Ersatzzustellung. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

 

Leitsatz (redaktionell)

Im Fall einer Ersatzzustellung gem. § 182 ZPO begründet der Vermerk in der Postzustellungsurkunde über die „Abgabe” einer schriftlichen Mitteilung von der Niederlegung der Sendung bei der Post den „vollen Beweis” dafür, dass dem Adressaten eine entsprechende Benachrichtigung zugegangen ist. Der dagegen zu führende Gegenbeweis muss jede Möglichkeit ausschließen, dass der in der Zustellungsurkunde enthaltene Vermerk sachlich zutreffend ist.

 

Normenkette

ZPO §§ 337, 236 Abs. 2, §§ 182, 195 Abs. 2, §§ 212, 418 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 22.01.2002; Aktenzeichen 17 Ca 8273/00)

 

Tenor

1.Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 22.01.2002 – Az.: 17 Ca 8273/00 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2.Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Von einer ausführlichen Darstellung des Prozessstoffes wird im Hinblick auf § 543 Abs. 1 ZPO a.F., 69 Abs. 2 ArbGG n.F. abgesehen, nachdem die Revision zum Bundesarbeitsgericht gegen dieses Urteil nicht zugelassen worden ist. Stattdessen wird auf den Inhalt der angefochtenen arbeitsgerichtlichen Entscheidung verwiesen.

Die Parteien streiten auch im zweiten Rechtszug weiter über die Zulässigkeit eines Einspruchs gegen ein klagabweisendes Versäumnisurteil und die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Änderungskündigung. Ihr Vorbringen im Berufungsverfahren erschließt sich aus den Schriftsätzen des Berufung führenden Klägers vom 25.04., 12.06. und 21.06.2002 (LAG-ABl. 16-21, 43-48, 51) sowie dem der Beklagten vom 31.05.2002 (LAG-ABl. 36/37) und ihren Anlagen. Der Kläger führt gegen das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen an, das Versäumnisurteil vom 20.07.2000 (ArbG Stuttgart – 17 Ca 6840/99) sei zu Unrecht ergangen, weil die Voraussetzung des § 337 Satz 1 2. Alternative ZPO vorgelegen habe; denn er sei ohne Verschulden am Erscheinen zum Kammertermin vom 20.07.2000, 14.30 Uhr, verhindert gewesen. Aufgrund eines Kühlerdefektes an seinem PKW um 9.45 Uhr habe er die bereits angetretene Fahrt nicht fortsetzen können; den Flughafen … habe er erst um 12.45 Uhr erreichen können, also zu spät, um rechtzeitig mit dem Flugzeug in Stuttgart landen zu können. Die Autopanne sei nicht vorhersehbar gewesen; ohne diese hätte er den Termin nicht versäumt. Dieser Sachverhalt sei dem Arbeitsgericht durch Telefaxschreiben seiner Frau vom 20.07.2000, 13.49 Uhr, rechtzeitig zur Kenntnis gebracht worden. Anhaltspunkte dafür, dass der Inhalt des Schreibens nicht der Wahrheit entspräche, hätten nicht bestanden, so dass das Arbeitsgericht von Amts wegen hätte vertagen müssen.

Sein Schreiben vom 30.08.2000 – Zugang am 07.09.2000 – sei als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand anzusehen. Dort habe er nochmals ausführlich die Gründe für seine Säumnis am 20.07.2000 unter Angabe von Beweismitteln dargelegt und um einen neuen Termin nachgesucht. Er habe auch die Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO gewahrt, da er vor Zugang der gerichtlichen Verfügung vom 11.09.2000 – am 17.09.2000 – überhaupt keine Kenntnis davon gehabt habe, dass am 20.07.2000 ein Versäumnisurteil gegen ihn ergangen war. Mit seinem Vortrag „Weder Versäumnisurteil, noch Rechtsbehelfsbelehrung habe ich erhalten.” habe er zugleich zum Ausdruck gebracht, dass er die schriftliche Mitteilung über die Niederlegung des Versäumnisurteils nicht erhalten und damit auch nicht die Einspruchsfrist gemäß § 59 ArbGG habe wahren können. Dass ihn die schriftliche Mitteilung über die Niederlegung des Versäumnisurteils nicht erreicht habe, könne ihm nicht als Verschulden im Sinne des § 233 ZPO angelastet werden. Andernfalls liefe die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung ins Leere. Der betroffene Bürger, dem gegenüber durch Niederlegung zugestellt werde, habe niemals die Möglichkeit zu beweisen, dass und weshalb ihn die jeweilige schriftliche Mitteilung über die Niederlegung nicht erreicht habe. Deshalb könne aus dem Nichtabholen des niedergelegten Schriftstückes noch kein Verschulden abgeleitet werden. Anders wäre es, wenn der Betroffene Anhaltspunkte dafür hätte, dass ihn Schriftstücke nicht erreichen, und er keine Anstrengungen unternähme, um die Verhältnisse zu ändern. So sei es in seinem Fall jedoch nicht gewesen. Er habe keine Mitteilung über die Niederlegung eines Schriftstückes erhalten und seine für den Empfang von Postverkehr bereitgehaltene Vorrichtungen (Postkasten) mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt regelmäßig kontrolliert, auch unter dem Gesichtspunkt, in Kürze zu einem neu angesetzten Gerichtstermin geladen zu werden. Er habe auch in der Vergangenheit gewissenhaft seinen Posteingang kontrolliert und dabei noch niemals eingegangene Post übersehen. Sein Vorbringen zu seiner Unkenntnis über den Erlass eines Versäumnisurteils am 20.07. und die Niederlegung der Urteilsausfertigung bei der Post hat der Kläger durch Vorlage einer eidesstattlichen ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge