Entscheidungsstichwort (Thema)
Stufenzuordnung bei Mehrfachbefristung. Höherstufung wegen Deckung des Personalbedarfs bei befristeten Verträgen
Leitsatz (amtlich)
Eine Einstellung im Sinne des § 16 Abs. 2 TV-L liegt auch dann vor, wenn ein neues Arbeitsverhältnis im – ggf. unmittelbaren – Anschluss an ein vorheriges Arbeitsverhältnis begründet wird (BAG 27.01.2011 – 6 AZR 382/09). Dass dadurch Beschäftigte, die in einem ununterbrochenen Beschäftigungsverhältnis stehen, bei der Stufenzuordnung im Vergleich zu Beschäftigten in mehrfach befristeten Arbeitsverhältnissen begünstigt werden, ist nicht unzulässig.
§§ 16 Abs. 2 S. 2 TV-L verlangt nicht die Anrechnung von Berufserfahrung, die der Beschäftigte in einem früheren Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber gesammelt hat, wenn die Arbeitsverhältnisse nicht unmittelbar aufeinander folgen.
Der Arbeitgeber kann bei der Frage, ob gemäß § 16 Abs. 2 S. 4 TV-L eine Höherstufung zur Deckung des Personalbedarfs vorgenommen wird, berücksichtigten, dass befristete Arbeitsplätze schwieriger zu besetzen sind als unbefristete.
Normenkette
TV-L § 16 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Lörrach (Urteil vom 01.09.2010; Aktenzeichen 3 Ca 103/10) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 01.09.2010 (3 Ca 103/10) wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Stufenzuordnung nach § 16 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und davon abhängige Vergütungsansprüche.
Der Kläger ist Gymnasiallehrer für die Fächer Sport, Erdkunde und Geschichte. Er ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di.
Vom 01.05.2005 bis 30.04.2009 leitete der Kläger als freier Mitarbeiter die Ausbildung der Volontäre und Praktikanten der F. M. GmbH & Co. KG.
Vom 10.12.2007 bis 14.02.2008 war der Kläger mit einem Deputat von 20 Unterrichtsstunden wöchentlich als Lehrer beim beklagten Land angestellt (Arbeitsvertrag Anlage K4, AS I/14). Er wurde im M.-S.-Gymnasium in B eingesetzt und erhielt Vergütung nach Entgeltgruppe E 13 Stufe 1 TV-L. Das befristete Arbeitsverhältnis wurde bis zum 23.07.2008 verlängert (Anlage K4, AS I/15). Die Sommerferien währten im Land Baden-Württemberg im Jahr 2008 vom 24.07. bis zum 06.09.
Vom 18.09.2008 bis 29.07.2009 war der Kläger wiederum befristet als Lehrer beim beklagten Land angestellt (Arbeitsvertrag Anlage K7, AS I/17). Er erteilte am H.-T.-Gymnasium in L.als Vertreter der erkrankten Kollegin Frau D. wöchentlich 18 Unterrichtsstunden; das Deputat wurde später auf 20 Stunden erhöht. Der Kläger wurde zunächst erneut in Entgeltgruppe E 13 Stufe 1 bzw. später Stufe 2 eingestuft. Mit Schreiben vom 01.10.2009 (Anlage K11, AS 27 f) erkannte das beklagte Land die Arbeit des Klägers bei der F. M. GmbH & Co. KG rückwirkend als förderliche Zeit gemäß § 16 Abs. 2 S. 4 TV-L an. Für die Zeit vom 18.09.2008 bis 29.07.2009 erhielt der Kläger somit Vergütung nach Entgeltgruppe E 13 Stufe 3. Vom 30.07. bis 12.09.2009 waren in Baden-Württemberg Sommerferien.
Am 06.11.2008 wurde für das H.-T.-Gymnasium in L. die Stelle eines Sport- und Erdkundelehrers ausgeschrieben (Anlage K12, AS I/34). Auf Bitten des dortigen Schulleiters bewarb sich der Kläger auf diese Stelle; ab Mai 2009 stand fest, dass der Kläger zum nächsten Schuljahr unbefristet eingestellt werden würde. Der Kläger ging davon aus, dass er Vergütung nach Entgeltgruppe E 13 Stufe 3 erhalten werde. Unter dem 04.09.2009 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag unter Vereinbarung der Anwendung des TV-L, des TVÜ-L und der Entgeltgruppe E 13 TV-L (Anlage K1, AS I/10). Die Beklagte ordnete den Kläger ab Vertragsbeginn (11.09.2009) der Stufe 2 zu. Dabei rechnete sie die Zeit des Vorbereitungsdienstes mit sechs Monaten auf die Laufzeit der Stufe 1 an (§ 44 Nr. 2a TV-L) sowie die Zeit vom 18.09.2008 bis 29.07.2009 als Restlaufzeit (Schreiben vom 01.10.2009, Anlage K11, AS 27 f). Auf dringende Bitte des Schulleiters erklärte sich der Kläger bereit, sein Deputat für das Schuljahr 2009/10 im Hinblick auf eine Schwangerschaftsvertretung um 4 Unterrichtsstunden wöchentlich zu erhöhen.
Mit Schreiben vom 08.02.2010 beantragte der Kläger die Einstufung in Stufe 3 für die Zeit ab 11.09.2009 (Anlage K3, AS 12 f). Da die Beklagte den – rechnerisch unstreitigen – Anspruch abgelehnt hat, verfolgt der Kläger ihn mit der vorliegenden Klage weiter.
Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) trifft unter anderem folgende Regelungen:
„§ 16 Stufen der Entgelttabelle
(1) Die Entgeltgruppen 9 bis 15 umfassen fünf Stufen und die Entgeltgruppen 2 bis 8 sechs Stufen. Die Abweichungen von Satz 1 sind im Anhang zu § 16 geregelt.
(2) Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügen Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr aus einem vorherigen befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis zum selben ...