Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Stationsleiters einer internistischen Normalstation nach dem TVöD-VKA
Leitsatz (amtlich)
1. Wenn der oberste Regelwert der unterstellten Beschäftigten einer "Normalstation" (zwölf) erheblich überschritten wird, ist grundsätzlich von einer "großen Station" auszugehen.
2. Die "Erheblichkeit" ist ab einer Überschreitung von 25 % anzunehmen.
3. Will der Arbeitgeber hiervon abweichend die Auffassung vertreten, es handle sich dennoch nur um eine Normalstation, würde er sich auf eine Ausnahme von der dargestellten Regel berufen, für die der Arbeitgeber nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast trägt.
Normenkette
TVöD-VKA Anl. 1 Teil B Abschn. XI Nr. 2 Entgeltgruppe P 13
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 13.02.2019; Aktenzeichen 10 Ca 44/18) |
ArbG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 20.05.2019; Aktenzeichen 4 Ca 489/18) |
Tenor
- Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg - Kn. Offenburg - vom 13.02.2019, Az. 10 Ca 44/18, wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung des Klägers.
Der am 0.0 1985 geborene Kläger ist seit 1. Juni 2005 bei der Beklagten, einer Körperschaft öffentlichen Rechts, in dem von dieser betriebenen O.-Klinikum W. in Vollzeit beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die Vorschriften des TVöD-VKA Anwendung.
Der Kläger ist Stationsleiter einer internistischen Normalstation. Ihm sind etwa 23 Mitarbeiter/innen mit unterschiedlichen Arbeitszeitanteilen auf insgesamt 15,09 Planstellen unterstellt. Einschließlich Pflegeschülern, Anerkennungspraktikanten und Berufsfreiwilligendienstleistenden sind auf der Station 28 Personen beschäftigt.
Mit Beginn seiner Beschäftigung wurde der Kläger nach Vergütungsgruppe KR IV BAT und ab 1. Januar 2008 in Entgeltgruppe 9c TVöD-K eingruppiert. Nach Inkrafttreten der Entgeltordnung zum TVöD vergütete die Beklagte den Kläger ab 1. Januar 2017 nach Entgeltgruppe P 11 Stufe 4 und ab 1. März 2017 nach Stufe 5. Auf eine schriftliche Anfrage des Klägers bezüglich seiner Höhergruppierung in die Entgeltgruppe P 13 teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 26. September 2017 (ABl. 44 der erstinstanzlichen Akte) mit, eine zur Eingruppierung von Stationsleitungen gebildete Arbeitsgruppe sei zum Ergebnis gekommen, dass "eine Stationsleitung mit weniger als 24 VK unterstellten Beschäftigten ... im O.-Klinikum die Entgeltgruppe P 12" erhalte.
Die wesentlichen Regelungen der einschlägigen Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) Teil B XI Ziff. 2 lauten:
Leitende Beschäftigte in der Pflege
Vorbemerkungen
1. Die Tarifvertragsparteien legen dem Aufbau der Tätigkeitsmerkmale für Leitungskräfte in der Pflege folgende regelmäßige Organisationsstruktur zu Grunde:
a. Die Gruppen- bzw. Teamleitung stellt die unterste Leitungsebene dar. Einer Gruppen- bzw. einer Teamleitung sind in der Regel nicht mehr als neun Beschäftigte unterstellt.
b. Die Station ist die kleinste organisatorische Einheit. Einer Stationsleitung sind in der Regel nicht mehr als zwölf Beschäftigte unterstellt.
c. Ein Bereich bzw. eine Abteilung umfasst in der Regel mehrere Stationen. Einer Bereichs- bzw. Abteilungsleitung sind in der Regel nicht mehr als 48 Beschäftigte unterstellt.
Die Beschäftigten müssen fachlich unterstellt sein.
...
Entgeltgruppe P 11
1. Beschäftigte als Gruppenleiterinnen oder Gruppenleiter oder als Teamleiterinnen oder Teamleiter mit einem höheren Maß von Verantwortlichkeit oder von großen Gruppen oder Teams.
2. Beschäftigte als ständige Vertreterinnen oder Vertreter von Stationsleiterrinnen oder Stationsleitern.
Entgeltgruppe P 12
1. Beschäftigte als Stationsleiterrinnen oder Stationsleiter.
2. Beschäftigte als ständige Vertreterinnen oder Vertreter von Stationsleiterrinnen oder Stationsleitern der Entgeltgruppe P 13 oder von Bereichsleiterinnen oder Bereichsleitern oder Abteilungsleiterinnen oder Abteilungsleitern.
Entgeltgruppe P 13
Beschäftigte als Stationsleiterrinnen oder Stationsleiter mit einem höheren Maß von Verantwortlichkeit oder von großen Stationen.
...
Mit Schreiben vom 30. Oktober 2017 beantragte der Kläger gemäß § 29 b TVÜ-VKA seine rückwirkende Höhergruppierung und Bezahlung nach Entgeltgruppe P 13 zum 1. Januar 2017. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2017 lehnte die Beklagte dies ab.
Noch im Dezember 2017 erstellte die Beklagte Nachberechnungen für den Zeitraum Januar bis November 2017 auf Basis der Entgeltgruppe P 12 Stufe 4, die sie dem Kläger aufgrund seines Höhergruppierungsbegehrens ab Februar 2018 gewährte.
Mit seiner am 21. Februar 2018 zunächst beim Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen eingereichten Klage hat der Kläger, soweit für die Berufung von Relevanz, die Feststellung begehrt, dass er nach der Entgeltgruppe P 13 Stufe 4 zu vergüten sei und die Auffassung vertreten, die von ihm geleitete Station sei wegen der Anzahl der ihm unterstellten Beschäftig...