Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Schmähkritik und geschützter Meinungsäußerung bei Leistungsbeurteilungen durch Vorgesetzte. Unbegründete Unterlassungsklage bei interner Einschätzung im Rahmen einer als "Beurteilung" bezeichneten Stellungnahme zum Leistungsverhalten während der Probezeit
Leitsatz (amtlich)
1. Hat eine Äußerung sowohl einen tatsächlichen Gehalt als auch einen wertenden Charakter, hängt ihre Einordnung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäußerung davon ab, ob der tatsächliche Gehalt der Äußerung so substanzarm ist, dass er gegenüber der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt, oder ob das nicht der Fall ist.
2. Zur Frage, wann eine Meinungsäußerung als Schmähkritik anzusehen ist.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 S. 1; BGB §§ 1004, 823-824
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Entscheidung vom 17.04.2014; Aktenzeichen 7 Ca 18/14) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 17. April 2014 (Az.: 7 Ca 18/14) wird zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen vom Kläger gegenüber dem Beklagten - einem ehemaligen Arbeitskollegen - geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung verschiedener Äußerungen.
Der am 00.00.1971 geborene, verheiratete und drei Kindern unterhaltspflichtige Kläger arbeitet auf Grundlage eines schriftlichen, unbefristeten Arbeitsvertrages vom 29. April 2011 (vgl. Akten 1. Instanz im Rechtsstreit des Klägers 14 Ca 18/12 vor dem Arbeitsgericht Mannheim - Kammern Heidelberg - Bl. 3 B. 5; Beiakte/3-5) seit dem 1. Juli 2011 bei der B. GmbH (künftig B. GmbH), die etwa 580 Arbeitnehmer beschäftigt, als Isolierer zu einer monatlichen Vergütung von EUR 2.840,00. Der Kläger arbeitete im Betrieb der B. GmbH in L., wo er beim Kunden B1. Rohrleitungen montierte und demontierte, die isoliert und gedämmt werden mussten. Der Beklagte war als Baustellenkoordinator direkter Vorgesetzter des Klägers. Weiterer Vorgesetzter des Klägers war der Bauleiter Herr T. M..
In einer internen "Beurteilung" vom 12. Dezember 2011 (vgl. Beiakte/46) aus Anlass der am 31. Dezember 2011 ablaufenden Probezeit, die vom Prokuristen Sch. und dem Geschäftsführer B2. der B. GmbH unterschrieben ist und zur Personalakte des Klägers genommen wurde, sind in einer tabellarischen Aufstellung nur die "Sorgfalt" und das "Verhalten gegenüber Kunden" des Klägers mit "ausreichend" bewertet worden. In den Kategorien "Arbeitstempo", "Geschicklichkeit", "Fachkenntnisse", "Verhalten gegenüber Vorgesetzten" und "Verhalten gegenüber Arbeitskollegen" ist jeweils das Feld "mangelhaft" angekreuzt. Unter der von Herrn M. und dem Beklagten unterschriebenen Rubrik "Bemerkungen" heißt es:
"Herr E. ist nicht lernfähig. In der B1. so nicht einsetzbar. Absoluter Risikofaktor"
Die B. GmbH kündigte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 21. Dezember 2011, welches dem Kläger am 22. Dezember 2011 zugegangen ist, ordentlich zum 30. Dezember 2011. Gegen diese Kündigung wandte sich der Kläger mit seiner am 10. Januar 2012 beim Arbeitsgericht Mannheim - Kammern Heidelberg - eingegangen Klage (14 Ca 18/12), die vom Arbeitsgericht mit einem am 21. August 2012 verkündeten Urteil als unbegründet abgewiesen. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner Berufung zum Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - (13 Sa 119/12), welche mit Urteil vom 30. Januar 2013 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Eine vom Kläger zum Bundesarbeitsgericht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (6 AZN 239/13) wurde mit Beschluss vom 23. April 2013 als unzulässig verworfen.
Mit seiner am 14. Oktober 2013 beim Landgericht Mannheim eingegangenen und dem Beklagten am 18. Oktober 2013 zugestellten Klage begehrt der Kläger von ihm, Äußerungen wie in der "Beurteilung" unter "Bemerkungen" wiedergegeben, künftig zu unterlassen. Das Landgericht Mannheim hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 3. Dezember 2013 an das Arbeitsgericht Mannheim verwiesen.
Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, die B. GmbH habe zur Ermittlung, ob innerhalb der Probezeit eine Kündigung auszusprechen sei, vom Beklagten eine Stellungnahme eingeholt, in welcher dieser ausgeführt habe "Herr E. ist nicht lernfähig. In der B1. so nicht einsetzbar. Absoluter Risikofaktor". Hierbei handele es sich um unwahre Tatsachenbehauptungen, jedenfalls aber um eine Schmähkritik, die der Beklagte unterlassen müsse. Die dem Kläger vorgegebene Art der Rohrisolierung sei nicht lege artis und schlechter gewesen, als die von ihm durchgeführte Isolierung. Dies sei der ausschlaggebende Grund dafür gewesen, warum er sich nicht an die Vorgaben gehalten habe. Er habe sich immer an die Sicherheitsauflagen der B1. gehalten. Soweit er Arbeiten auf einem Gerüst ohne Hinzuziehung eines Gerüstbauers durchgeführt habe, sei er in einem Gespräch in die Irre geführt worden. Auch ein anderer Vorfall, der zu einer Untersuchung durch einen Betriebsarzt der B1. geführt ha...