Entscheidungsstichwort (Thema)
Karenzentschädigungsansprüche nach § 74 Abs. 2 HGB
Leitsatz (redaktionell)
Aus einem karenzentschädigungslos vereinbarten Wettbewerbsverbot können keine Karenzentschädigungsansprüche in der in § 74 Abs. 2 HGB vorgesehenen Höhe abgeleitet werden.
Normenkette
HGB § 74 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Ulm (Urteil vom 17.06.1997; Aktenzeichen 6 Ca 591/96) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Ulm – Kn. Ravensburg – vom 17.06.1997 – 6 Ca 591/96 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines karenzentschädigungslosen Wettbewerbsverbots und um die Frage, ob daraus dennoch Karenzentschädigungsansprüche in der in § 74 Abs. 2 HGB vorgesehenen Höhe abgeleitet werden können.
Der am 05.08.1942 geborene Kläger war seit 01.10.1965 bei der Beklagten als technischer Angestellter beschäftigt. In § 6 Abs. 2 des Anstellungsvertrags der Parteien vom 21.09.1965 ist in Bezug auf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur geregelt:
„Der Angestellte verpflichtet sich, ein Jahr nach seinem Austritt aus dem Betrieb keine Beschäftigung in einem Unternehmen, das ein gleiches Produktionsprogramm durchführt, anzunehmen, es sei denn, die Firma … erteilt eine schriftliche Genehmigung.”
Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung vom 28.12.1995 und Abschluß eines Abwicklungsvertrags am 31.07.1996. In Pos. 7 des Abwicklungsvertrags heißt es:
„Mit Abschluß dieser Vereinbarung sind alle Ansprüche des Herrn … aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung erledigt.”
Am 05.08.1996 machte der Kläger auf der Grundlage seiner zuletzt bezogenen monatlichen Durchschnittsvergütung von brutto DM 8.536,66 erfolglos die nunmehr streitgegenständlichen Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend.
Er hat die Ansicht vertreten, ihm stehe trotz der fehlenden Entschädigungszusage eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Mindesthöhe gemäß § 74 Abs. 2 HGB zu, nachdem er sich für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots entschieden habe. Die Beklagte ist dem mit der Begründung entgegengetreten, es liege mangels einer Festlegung des räumlichen Geltungsbereichs und einer Karenzentschädigung gar kein endgültig vereinbartes Wettbewerbsverbot vor. Ein solches wäre ggf. infolge der Entschädigungslosigkeit jedenfalls nichtig, höchst hilfsweise gemäß Pos. 7 des Abwicklungsvertrags ausgeschlossen.
Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der im ersten Rechtszug gestellten und vom Arbeitsgericht verbeschiedenen Anträge wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.
Durch das dem Kläger am 09.07.1997 zugestellte Urteil vom 17.06.1997 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, ein karenzentschädigungsloses Wettbewerbsverbot sei nach der vom BAG mit Urt. v. 03.05.1994 – 9 AZR 606/92 – (AP Nr. 65 zu § 74 HGB) bestätigten Rechtsprechung nichtig. Die in der Entscheidung vom 09.01.1990 – 3 AZR 110/88 – (AP Nr. 59 zu § 74 HGB) angestellten Überlegungen, ob dem Arbeitnehmer, der sich für die Einhaltung eines unverbindlichen Wettbewerbsverbots mit unterhälftiger Karenzentschädigung entscheide, nur die vertraglich zugesagte oder die gesetzliche Mindestentschädigung zustehe, seien durch die spätere Entscheidung vom 03.05.1994 (a.a.O.) überholt und im übrigen mit dem Sachverhalt eines gänzlich entschädigungslosen Wettbewerbs nicht vergleichbar, weshalb die Klage abzuweisen sei, ohne daß es auf die Frage einer etwaigen Aufhebung des Wettbewerbsverbots ankomme.
Hiergegen richtet sich die am 05.08.1997 eingelegte und am 08.10.1997, dem letzten Tag der verlängerten Berufungsbegründungsfrist, bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründete Berufung des Klägers. Er vertritt die Ansicht, ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot sei nicht nichtig, sondern, ebenso wie ein solches mit geringerer, als in § 74 Abs. 2 HGB festgelegter Höhe, unverbindlich. Entscheide sich der Arbeitnehmer für die Einhaltung eines solchen Wettbewerbsverbots, stehe ihm in beiden, qualitativ gleich zu behandelnden Fällen, in Anlehnung an die im Urteil des BAG v. 09.01.1990 (a.a.O.) angedeutete Änderung der Rechtsprechung eine Karenzentschädigung in „gesetzlicher Mindesthöhe” zu. Die gegenteilige Entscheidung des BAG v. 03.05.1994 (a.a.O.), die unter Bezugnahme auf das Urteil des BAG v. 13.09.1969 – 3 AZR 138/68 – (AP Nr. 24 zu § 611 BGB Konkurrenzklausel) die Nichtigkeit eines entschädigungslosen Wettbewerbsverbots feststelle, habe sich mit der Entscheidung vom 09.01.1990 (a.a.O.) nicht auseinandergesetzt und bedürfe der Überprüfung.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm – Kn. Ravensburg – vom 17.06.1997 – 6 Ca 551/96 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger brutto DM 51.216,96 nebst 4 % Zinsen aus dem sich aus jeweils ...