Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschreibung. Nachteil. Widerantrag
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Ausschreibung gemäß § 93 BetrVG erfordert keine Angabe der Tarifgruppe des vakanten Arbeitsplatzes.
2. Erklärt der Betriebsrat, aus einem Beschluss in einem Aufhebungsverfahren nach § 101 Satz 1 BetrVG keine Zwangsvollstreckung zu betreiben, solange keine Entscheidung über einen Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers ergangen ist und sofern dieser ein entsprechendes Verfahren betreibt, so ist der Arbeitgeber ausnahmsweise nicht gehindert, diesen Antrag hilfsweise als Widerantrag im Aufhebungsverfahren zu stellen.
Normenkette
BetrVG §§ 93, 95 Abs. 3 S. 1, § 99 Abs. 2 Nrn. 3, 5, § 101 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 08.06.2004; Aktenzeichen 47 BV 1401/04) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 08.06.2004 – 47 BV 1401/04 und 12764/04 – teilweise geändert.
2. Die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung der Mitarbeiterin Karin W. auf den Arbeitsplatz einer Sekretärin im Ressort Berlin / Brandenburg BLZ und zur Versetzung der Mitarbeiterin St. K. auf den Arbeitsplatz einer Sekretärin in der Anzeigenleitung wird ersetzt.
3. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
1.Das Arbeitsgericht Berlin hat der Arbeitgeberin aufgegeben, am 01. Dezember 2003 vollzogene Versetzungen zweier Korrektorinnen aufzuheben. Die Wideranträge der Arbeitgeberin, die Zustimmung des Betriebsrats zu diesen Versetzungen zu ersetzen und festzustellen, dass die Zustimmung zur Ein- bzw. Umgruppierung der betroffenen Arbeiterinnen als erteilt gelte, hilfsweise, diese ebenfalls zu ersetzen, hat es zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zwar habe die Arbeitgeberin nach erneuter Ausschreibung und Anhörung des Betriebsrats im April 2004 zunächst ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach §§ 99, 100 BetrVG vor einer anderen Kammer des Arbeitsgerichts Berlin eingeleitet, ihre Anträge später aber zurückgenommen und erst weit außerhalb der Drei-Tages-Frist des § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG im vorliegenden Verfahren wieder gestellt. Damit sei es dem Gericht verwehrt, die Rechtmäßigkeit der Widerspruchsgründe des Betriebsrats noch zu überprüfen und sei auch eine Prüfung der weiteren Anträge der Arbeitgeberin hinfällig.
Gegen diesen ihr am 30. September 2004 zugestellten Beschluss richtet sich die am 28. Oktober 2004 eingelegte und am 30. November 2004 begründete Beschwerde der Arbeitgeberin. Sie hält die Berufung des Betriebsrats auf den Widerspruchsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG für rechtsmissbräuchlich, weil es dem Betriebsrat letztlich nicht um die Aufhebung der streitigen Versetzungen gehe, sondern er sie zwingen wolle, in den Stellenausschreibungen die jeweilige Tarifgruppe zu nennen. Es sei aber allgemein anerkannt, dass deren Nichtangabe eine Zustimmungsverweigerung nicht rechtfertige. Dies gelte auch, soweit der Betriebsrat sich auf Nachteile für die bisherigen Arbeitsplatzinhaber berufe, deren Arbeitsverhältnisse betriebsbedingt gekündigt worden seien. Damit wolle er die Wiederbesetzung dieser Arbeitsplätze blockieren, bis über die Kündigungsschutzklagen rechtskräftig entschieden sei. Aus diesen Gründen sei auch die Einleitung des Aufhebungsverfahrens missbräuchlich gewesen. In einem Parallelverfahren vor der Kammer 16 des LAG Berlin sei für den Betriebsrat sogar zu Protokoll gegeben worden, dieser werde aus einem zu seinen Gunsten ergehenden Beschluss bis auf weiteres nicht vollstrecken.
Ihr Widerantrag sei zulässig, weil sie ein neues Verfahren eingeleitet und der weitere Einsatz der beiden Mitarbeiterinnen auf einem neuen Beschluss beruhe. Die Forderung, die Versetzungen zunächst für kurze Zeit aufzuheben, stelle reinen Formalismus dar.
Die Arbeitgeberin beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Beschlusses
- den Antrag des Betriebsrats zurückzuweisen,
- die Zustimmung des Betriebsrats zu den Versetzungen der Mitarbeiterinnen W. und K. auf die Arbeitsplätze Sekretärin im Ressort Berlin/Brandenburg BLZ bzw. in der Anzeigenleitung zu ersetzen.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, ohne Angabe der Tarifgruppe sei den Stellenausschreibungen nicht zu entnehmen, um welche Art Stellen es sich handele, weil sich die Arbeitsplätze für Sekretärinnen bei der Arbeitgeberin hinsichtlich der Qualifikationsanforderungen und des Grades der Selbständigkeit unterschieden. Nur wenn potentiellen Bewerbern deutlich werde, ob sie sich auf den ausgeschriebenen Stellen finanziell verschlechterten oder verbesserten, lasse sich die Funktion des § 93 BetrVG erfüllen. Sein Insistieren auf korrekte Stellenausschreibungen dürfe nicht als rechtsmissbräuchlich gewertet werden. Die erneute Ausschreibung und Anhörung unter Aufrechterhaltung der bereits durchgeführten Versetzungen könne an der Verletzung des gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens nichts ändern. Seine Erklärung im Parallelverfahren beruhe darauf, dass dort die versetzten Mitar...