Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewährungszeiten vor Inkrafttreten eines neuen Tarifvertrages sind grundsätzlich nicht für die Bewährungsfeststellung heranzuziehen. Tarifauslegung
Leitsatz (redaktionell)
1. § 1 Nr. 2 Manteltarifvertrag zwischen der Pro Seniore Consulting & Conception für Senioreneinrichtungen AG und der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di v. 24. 09.2004 ist keine aufschiebende Bedingung i.S.v. § 158 BGB.
2. Die Regelung des § 1 Nr. 2 MTV Pro Seniore hindert weder das Inkrafttreten des Tarifvertrags insgesamt nach § 27 MTV Pro Seniore noch wird durch diese Regelung der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags erforderlich.
3. Aus § 24 MTV Pro Seniore und § 12b Nr. 2 S. 1 MTV Pro Seniore ergibt sich, dass bei der Eingruppierung der Arbeitnehmer lediglich eine erreichte Stufung nach Berufsjahren bzw. nach Lebensalter zu berücksichtigen ist. Eine Sicherung von bereits erreichten Bewährungszeiten ist aber nicht vorgesehen.
Normenkette
BAT § 22; MTV Pro Seniore § 12; TVG § 1; MTV Pro Seniore §§ 12b, 1 Nr. 2, § 27; MTV Pro Seniore § 24; BGB § 158
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 14.09.2006; Aktenzeichen 38 Ca 14331/06) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 14.9.2006 – 38 Ca 14331/06 – geändert und die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Feststellung der zutreffende Eingruppierung der Klägerin und die sich daraus abgleitende Pflicht zur Vergütungszahlung ab dem 1. Januar 2005. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob eine notwendige Bewährung in einer Vergütungsgruppe eines Tarifvertrages bereits vor Inkrafttreten dieses Tarifvertrages erfolgen kann.
Die Klägerin ist 35 Jahre alt (… 1972) und seit dem 1. April 1997 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Sie ist gewerkschaftlich nicht organisiert. Sie besitzt eine staatliche Erlaubnis in ihrem Beruf seit mehr als sechs Jahren. Sie übt Tätigkeiten aus, die zum typischen Tätigkeitsbereich von Altenpflegerinnen gehören.
In dem zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten vereinbarten Formulararbeitsvertrag haben die Parteien geregelt:
„Der Arbeitnehmer wird vom Arbeitgeber als Krankenschwester eingestellt. … Der Arbeitnehmer ist in die Vergütungsgruppe Kr Va eingruppiert.”
Weiter ist dort geregelt:
„Zum bestehenden Arbeitsvertrag regelt sich das Arbeitsverhältnis in Anlehnung an den Tarifvertrag für Angestellte in Privatkrankenanstalten vom 10. Juli 1989 und nach den diesen Tarifvertrag ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Maßgeblich ist hinsichtlich der vorbezeichneten Tarifverträge die für den Arbeitgeber jeweils gültige Fassung.”
Aus diesem Tarifvertrag strebte die Klägerin die Zahlung einer Sonderzahlung an, welche die Beklagte nicht (mehr) zahlte. In dem daraufhin durchgeführten Rechtsstreit stellte das Landesarbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 28. Oktober 2005 im Verfahren 17 Sa 1466/05 fest, dass die Klägerin die Sonderzahlung nicht beanspruchen könne, weil mittlerweile am 24. September 2004 die Muttergesellschaft der Beklagten und die Gewerkschaft ver.di u.a. für die Beklagte einen Manteltarifvertrag (MTV) abgeschlossen hätten, welcher den Tarifvertrag für Angestellte in Privatkrankenanstalten (TAP) abgelöst habe.
Der TAP verwies in seinem § 22 hinsichtlich der Eingruppierung auf die Anlagen 1a und 1b zum BAT. Die Anlage 1b (Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst) sieht unter anderem folgende Eingruppierungsmerkmale vor:
Vergütungsgruppe Kr IV
Fallgruppe 5:
Altenpflegerinnen mit staatlicher Anerkennung/Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit
Vergütungsgruppe Kr V
Fallgruppe 21:
Altenpflegerinnen mit staatlicher Anerkennung/Abschlussprüfung mit entsprechender Tätigkeit – nach dreijähriger Tätigkeit in Vergütungsgruppe Kr IV Fallgruppe 5
Nach Protokollnotiz Nr.9 dazu verkürzte sich die Zeit der Tätigkeit um 1 Jahr bei Altenpflegerinnen mit dreijähriger Ausbildung.
Vergütungsgruppe Kr Va
Fallgruppe 12:
Altenpflegerinnen der Vergütungsgruppe Kr V Fallgruppe 21 nach vierjähriger Bewährung in dieser Fallgruppe.
Nach Protokollnotiz Nr.9 dazu verkürzte sich die Zeit der Tätigkeit um 1 Jahr bei Altenpflegerinnen mit dreijähriger Ausbildung.
Der Manteltarifvertrag (MTV) vom 24. September 2004 enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
§ 12 Eingruppierung
1. Die Eingruppierung der Arbeitnehmer richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlage B). Der Arbeitnehmer erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in der er eingruppiert ist.
2. Der Arbeitnehmer ist in die Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfall...