Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Bedeutung früherer Arbeitsverhältnisse bei Stichtagsregelung in einem Tarifvertrag. Auslegung einer Regelung im Tarifvertrag nach Gesamtzusammenhang und Systematik

 

Leitsatz (amtlich)

Bestehen in einem Kalenderjahr nacheinander mehrere Arbeitsverhältnisse desselben oder derselben Arbeitnehmer*in zu demselben oder derselben Arbeitgeber*in, bemisst sich die Jahressonderzahlung nach § 20 Absatz 3 TV-L auch dann ausschließlich nach dem am 1. Dezember des Jahres bestehenden Arbeitsverhältnis, wenn dieses zwar vor dem 1. September aber nach dem 1. Juli des Jahres begonnen hat.

 

Normenkette

TV-L § 20 Abs. 3 S. 1; ArbGG § 64 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Cottbus (Entscheidung vom 24.10.2019; Aktenzeichen 12 Ca 10716/18)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.07.2021; Aktenzeichen 10 AZR 485/20)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 24. Oktober 2019 - 12 Ca 10716/18 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der der Klägerin für das Jahr 2015 zustehenden tariflichen Jahressonderzahlung.

Die Klägerin war bei dem beklagten Land, dem Land Brandenburg seit 1. August 2008 als Lehrkraft im Rahmen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit 50 % ihrer früheren Arbeitszeit im Teilzeitmodell beschäftigt. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis endete am 31. Juli 2015.

Unter dem 27. August 2015 schlossen die Parteien mit Wirkung ab dem 31. August 2015 einen bis zum 31. Januar 2016 befristeten Arbeitsvertrag. Im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses war die Klägerin bei dem beklagten Land als Lehrkraft zunächst mit 2,75 LWS (Lehrerwochenstunden) und ab dem 1. November 2015 mit 3,5 LWS von 27 LWS einer Vollzeitlehrkraft beschäftigt und in Entgeltgruppe 10 der Entgeltordnung (Anlage A) zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) eingruppiert. Arbeitsvertraglich waren die von der Tarifgemeinschaft der deutschen Länder (TdL) abgeschlossenen und für das beklagte Land geltenden Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, darunter der TV-L, in ihrer jeweiligen Fassung in Bezug genommen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ablichtungen des Arbeitsvertrages vom 27. August 2015 (Blatt 20 f. (folgende) der Akten) und des Änderungsvertrages vom 2. November 2015 (Blatt 22 der Akten) verwiesen.

§ 20 TV-L in der für 2015 geltenden Fassung lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 20

Jahressonderzahlung

(1) Beschäftigte, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, haben Anspruch auf eine Jahressonderzahlung.

(2) 1Die Jahressonderzahlung beträgt bei Beschäftigten in den Entgeltgruppen

Tarifgebiet West

Tarifgebiet Ost

im Kalenderjahr

2015

2016

2017

2018

ab 2019

E 9 bis E 11

64 v.H.

der Bemessungsgrundlage nach Absatz 3. ...

(3) 1Bemessungsgrundlage im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 ist das monatliche Entgelt, das den Beschäftigten in den Kalendermonaten Juli, August und September durchschnittlich gezahlt wird; ... 2Der Bemessungssatz bestimmt sich nach der Entgeltgruppe am 1. September. 3Bei Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. August begonnen hat, tritt an die Stelle des Bemessungszeitraums der erste volle Kalendermonat des Arbeitsverhältnisses; anstelle des Bemessungssatzes der Entgeltgruppe am 1. September tritt die Entgeltgruppe des Einstellungstages. ...

Protokollerklärung zu § 20 Absatz 3:

1Bei der Berechnung des durchschnittlich gezahlten monatlichen Entgelts werden die gezahlten Entgelte der drei Monate addiert und durch drei geteilt; dies gilt auch bei einer Änderung des Beschäftigungsumfangs. 2Ist im Bemessungszeitraum nicht für alle Kalendertage Entgelt gezahlt worden, werden die gezahlten Entgelte der drei Monate addiert, durch die Zahl der Kalendertage mit Entgelt geteilt und sodann mit 30,67 multipliziert. ...

(4) 1Der Anspruch nach den Absätzen 1 bis 3 vermindert sich um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem Beschäftigte keinen Anspruch auf Entgelt oder Fortzahlung des Entgelts nach § 21 haben. ...

(5) 1Die Jahressonderzahlung wird mit dem Tabellenentgelt für November ausgezahlt. ...

..."

Im Juli 2015 belief sich die Vergütung der Klägerin auf 2.627,85 Euro brutto, im August 2015 auf 12,24 Euro brutto und im September 2015 auf 379,50 Euro brutto. Als Jahressonderzahlung für das Jahr 2015 zahlte das beklagte Land der Klägerin auf der Grundlage ihrer Vergütung für die Monate August und September 2015 im November 2015 einen Betrag in Höhe von 207,28 Euro brutto und im Februar 2016 einen weiteren Betrag in Höhe von 40,83 Euro brutto und damit insgesamt 248,11 Euro brutto.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 9. Mai 2016 machte die Klägerin gegenüber dem beklagten Land die Zahlung einer höheren Jahressonderzahlung für 2015 geltend und nahm dabei unter anderem auf ein früheres Schreiben der Klägerin vom 22. Juli 2015 Bezug. Wegen der Einzelheiten des Schreibens vom 9. Mai 2016 und des Inhalts des Schreibens vom 22. Juli 2015 ...

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