Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbeziehung einer tariflichen Besitzstandszulage bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Leitsatz (redaktionell)
Soweit § 22 Abs. 8 des Manteltarifvertrages für Bodenverkehrsdienstleistungen an Flughäfen in Berlin und Brandenburg vom 25.02.2013 (MTV-BVD) in Verbindung mit der Anlage zum MTV für Berlin-Brandenburg und Abschn. B 2 II (1) des Überleitungstarifvertrages vom 25.02.2013 (ÜTV-VTV) regelt, dass bei der Entgeltfortzahlung die Besitzstandszulage nicht zu berücksichtigen ist, verstößt dies gegen § 4 Abs. 4 EFZG und ist daher unwirksam.
Normenkette
EFZG § 4 Abs. 4; MTV-BVD § 22 Abs. 8; ÜTV-VTV Abschn. B 2 II (1)
Verfahrensgang
ArbG Cottbus (Entscheidung vom 15.10.2014; Aktenzeichen 2 Ca 555/14) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 15. Oktober 2014 -2 Ca 555/14 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, für Entgeltfortzahlungszeiträume an die Klägerin insgesamt 907,28 € brutto nebst Zinsen weniger zu zahlen und ob allgemein festzustellen ist, dass die Beklagte verpflichtet ist, im Rahmen der Berechnung der Entgeltfortzahlung eine Besitzstandszulage mit einzubeziehen.
Hinsichtlich des unstreitigen Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien in der I. Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Mit Urteil vom 15. Oktober 2014 hat das Arbeitsgericht Cottbus die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 907,28 € brutto nebst Zinsen zu zahlen und hat weiterhin festgestellt, dass die Beklage verpflichtet ist, im Falle der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall eine Vergütung unter Einbeziehung der Besitzstandszulage zu zahlen hat.
Das Arbeitsgericht hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass unter dem Begriff des Monatsgrundentgelts im Sinne der Tarifverträge auch die Besitzstandszulage erfasst wird. Eine andere Auslegung würde auch gegen § 4 IV EFZG verstoßen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Ansicht, dass der Wortlaut des MTV und VTV eindeutig sei. Die Besitzstandszulage zähle nicht zum Monatsgrundentgelt. Nach den tarifvertraglichen Regelungen sei daher die Besitzstandszulage bei der Entgeltfortzahlung nicht zu berücksichtigen. Die Besitzstandszulage musste den Altbeschäftigten nicht gewährt werden. Den Tarifvertragsparteien müsse es daher auch gestattet sein, diese Zulage bei der Entgeltfortzahlung außen vor zu lassen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Cottbus vom 15. Oktober 2014, Az. 2 Ca 555/14, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Arbeitsgericht die tarifvertraglichen Regelungen zutreffend ausgelegt habe.
Entscheidungsgründe
I.
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig.
II.
In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Arbeitsgericht Cottbus entschieden, dass die Beklagte an die Klägerin 907,28 € brutto nebst Zinsen zu zahlen hat. Zu Recht hat es auch festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Besitzstandszulage bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu berücksichtigen. Nach den tarifvertraglichen Regelungen ist die Besitzstandszulage jedoch nicht berücksichtigungsfähig. Diese Regelung verstößt jedoch gegen § 4 Abs. 4 EFZG und ist unwirksam.
1. Im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts sind die tarifvertraglichen Regelungen eindeutig. Sie können nicht über die dort getroffenen Definitionen hinaus ausgelegt werden. Insofern ist die Besitzstandszulage nicht zu zahlen.
Nach der Anlage zum MTV für Berlin-Brandenburg wird eine Sonderregelung zu § 22 Abs. 8 MTV getroffen. Danach ist als Vergütung während der Zeit der Entgeltfortzahlung das anteilige Monatsgrundentgelt nach § 14 MTV zu zahlen (Kopie Bl. 49 d. A.). § 14 MTV bestimmt den Begriff des Monatsgrundentgelts nicht näher, sondern verweist auf den jeweils gültigen Vergütungstarifvertrag. § 2 des Vergütungstarifvertrages vom 25. Februar 2013 (Kopie Bl. 62 ff. d. A.) definiert den Begriff des Monatsgrundentgelts:
"Das Monatsgrundentgelt eines Vollzeit Beschäftigten ergibt sich aus seiner Tätigkeit, den Tätigkeitsmerkmalen in Anlage 1 und den Vergütungstabellen in den Anlagen 3 a und b."
Die Tätigkeit und die Tätigkeitsmerkmale sind hier nicht von Relevanz. In der Anlage 3 a, die vorliegend einschlägig ist, wird als Monatsgrundentgelt bei Vollzeittätigkeit ein bestimmter Betrag ohne die Besitzstandszulage ausgewiesen (vgl. Kopie Bl. 74 d. A.).
Da die tarifvertraglichen Regelungen den Begriff des Monatsgrundentgelts abschließend definieren, kann hierunter nicht auch die Zahlung einer Besitzstandszulage verstanden werden.
Auch aus dem Überleitungstarifvertrag vom 25. Februar 2013 für die hiesige Beklagte (Kopie Bl. 79 ff. d. ...