rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Telefonkosten. Abrechnung. Fristlose Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Bewußt falsch abgerechnete Telefonkosten in Höhe von mindestens 123,12 EUR – Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung (Einzelfallentscheidung)
Leitsatz (redaktionell)
Durch umfangreiche und nicht abgerechnete Privatgespräche verletzt der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten und die Vermögensinteressen des Arbeitgebers erheblich, was als Grund für eine außerordentliche Kündigung ausreichend sein kann.
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Neuruppin (Urteil vom 10.06.2009; Aktenzeichen 5 Ca 403/09) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 10.06.2009 – 5 Ca 403/09 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.
Der am … 1961 geborene Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder, die am … 1984 und … 1988 geboren sind. Er ist seit dem 1. Januar 1992 bei dem beklagten Landkreis beschäftigt. Seit dem 1. Dezember 2004 wird er als Sachbearbeiter in der Vollstreckung eingesetzt und erhält eine Vergütung in Höhe von monatlich 2.557,– EUR brutto.
Als dem Kläger erstmals 1998 ein Diensthandy übergeben wurde, wies ihn der Vorgesetzte darauf hin, dass Privatgespräche zwar erlaubt seien, dies aber nicht übertrieben werden solle. Ab dem 1. Januar 2007 gilt bei dem Beklagten eine neue Dienstvereinbarung (Kopie Bl. 115 ff. d. A.). Danach ist bei Handys die Einrichtung von Mailboxen nicht gestattet. Die Nutzung von anderen Diensten, ausgenommen SMS, ist ebenfalls nicht erlaubt. SMS dürfen nur in notwendigen Einzelfällen verschickt werden und eine private Nutzung der Handys ist nur „in dringenden Fällen” gestattet. Am 2. Januar 2007 fand eine interne Dienstbesprechung statt, an der der Kläger auch teilnahm. Auf die neue Dienstvereinbarung wurde hingewiesen. Der genaue Inhalt der Besprechung ist zwischen den Parteien streitig.
Die Benutzung des Handys durch den Kläger gestaltete sich zuletzt wie folgt:
Monat |
Gebühren insgesamt netto |
Anzahl SMS |
Kosten SMS netto |
als privat abgerechnet brutto |
9/08 |
42,91 |
44 |
7,48 |
4,56 |
10/08 |
34,23 |
10 |
1,70 |
2,49 |
11/08 |
78,28 |
253 |
43,01 |
1,27 |
12/08 |
114,66 |
460 |
78,20 |
0,82 |
1/09 |
109,32 |
447 |
75,99 |
3,32 |
2/09 |
49,70 |
100 |
17,00 |
|
Die Abrechnung der Handy-Kosten, soweit sie privat verursacht wurden, erfolgt bei dem Beklagten in der Weise, dass den einzelnen Beschäftigten die Einzelnachweise der Verbindungsübersichten überlassen werden und diese dann die Privatkosten ausrechnen müssen. Erstmals für den Monat Januar 2009 erhielt der Kläger zusätzlich das Deckblatt der Rechnung (Bl. 136 d. A.). Aus diesem war ersichtlich, dass 447 SMS zum Nettopreis von 75,99 EUR zu vergüten waren. Darüber hinaus waren 4 MMS zu einem Nettopreis von 1,31 EUR aufgeführt. Ein Einzelnachweis über die SMS-Verbindungen erhielt der Kläger nie. Der Kläger fragte die Sekretärin, Frau G., wie die Gebühren zu berechnen seien, da nunmehr auch SMS-Gespräche aufgeführt seien. Die Sekretärin verwies ihn auf den Hinweis auf dem Informationsblatt, wonach diese Übersicht keine Zahlungsaufforderung sei, sondern ausschließlich der Information diene. Er solle wie immer abrechnen. Daraufhin übergab der Kläger seine Abrechnung. In dem Kästchen „Summe der privaten Gesprächs- und SMS-Kosten” hatte der Kläger 2,79 EUR eingetragen. Der Kläger erkundigte sich einen Tag später auch bei Herrn B., dem Leiter der TUIV, wegen des zusätzlich übergebenen Informationsblattes. Dieser entgegnete, dass auch die privaten SMS abzurechnen seien.
Am 25. Februar 2009 fand ein erstes Personalgespräch mit dem Kläger statt. Der Kläger räumte ein, über die hohe Anzahl der SMS selbst erschrocken gewesen zu sein. Er sei bisher von einer Flatrate ausgegangen. Wegen der überwiegend jugendlichen Schuldner habe er auch SMS versendet.
Nachdem der Beklagte am 3. März 2009 erstmals eine Verbindungsübersicht hinsichtlich der einzelnen SMS erhalten hatte, wobei die Zielrufnummer hinsichtlich der letzten drei Ziffern geschwärzt war, fand ein weiteres Personalgespräch statt. Der Beklagte verwies darauf, dass der allergrößte Anteil der SMS-Sendungen wohl nur an eine Zielnummer geschickt worden sei. Der Kläger erklärte erneut, dass dies bis auf Ausnahmen dienstlich veranlasst sei. Es habe mit der Schuldnerfamilie V. Probleme gegeben. Den MMS-Dienst habe er zum Abruf der Handy-Rechnung benutzt. Der Beklagte verwies auch darauf, dass die vollständigen Zielnummern erfragt werden sollten. Am 6. März 2009 ersuchte der Kläger von sich aus um ein Gespräch, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist.
Am 10. März 2009 wurde erstmals ein Personalverantwortlicher des Beklagten über den Vorfall informiert. Im weiteren Personalgespräch vom 12. März 2009 teilte der Kläger u. a. mit, er sei von Frau V. unter Druck gesetzt und angemacht worden.
Unter dem 19. Oktober 2008 war dem Kläger ein Vollstreckungsauftrag...