Entscheidungsstichwort (Thema)

Sexuelle Belästigung einer Kollegin auf einer privaten Feier mit Betriebsbezug

 

Leitsatz (amtlich)

Die in dem Satz „I can imagine many or a thousand ways to humilitate you” liegende Beleidigung oder Bedrohung einer Kollegin auf einer privaten Feier mit Betriebsbezug kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1-2; BetrVG § 102

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 15.09.2005; Aktenzeichen 1 Ca 8738/05)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 15. September 2005 – 1 Ca 8738/05 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung in der Probezeit wegen einer behaupteten sexuellen Belästigung einer Kollegin durch den Kläger auf einer Geburtstags- bzw. Einstandsfeier nach Dienstschluss in einem Restaurant. Der am … 1970 geborene großgewachsene seit dem 1. Dezember 2004 bei der Beklagten als Senior S. im Bereich Zins-/Kreditprodukte für ein Monatsbruttogehalt von 6.400,– EUR zuzüglich Weihnachtsgeld und Tantiemen aufgrund des Arbeitsvertrages vom 22. November 2004 (vgl. den Vertrag in Kopie Bl. 11 ff. d.A.) beschäftigte Kläger, der mit der zierlichen Kollegin Frau B. (im Folgenden: Kollegin) in einem Großraumbüro „Rücken an Rücken” arbeitet, setzte sich am betreffenden Abend im Laufe der Feier neben die Kollegin und sagte: „I can imagine many or a thousand ways to humilitate you”. Der Kollege Herr Be. wies ihn darauf hin, dass er das Lokal verlassen sollte, was der Kläger auch tat. Am nächsten Tag arbeiteten der Kläger und die Kollegin wieder zusammen, ab dem darauf folgenden Freitag war die Kollegin im Urlaub. Nach Rückkehr aus dem Urlaub am 4. April 2005 berichtete die Kollegin ihrem vorgesetzten Abteilungsleiter von dem Vorfall am 23. März 2005, der den Kläger am 6. April 2005 dazu anhörte, worauf sich der Kläger bei der Kollegin entschuldigte. Am 7. April 2005 wurde der Kläger durch die Personalabteilung angehört und noch am selben Tag von der Arbeitspflicht freigestellt. Mit Schreiben vom 8. April 2005 (vgl. dazu das Schreiben in Kopie Bl. 107 f. d.A.) hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat an, der mit Schreiben vom 11. April 2005 (vgl. dazu das Schreiben in Kopie Bl. 109 d.A.) der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung zustimmte, worauf die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 11. April 2005 (vgl. dazu das Schreiben in Kopie Bl. 16 d.A.), welches der Kläger am nächsten Tag erhielt, außerordentlich kündigte. Gegen diese Kündigung hat sich die am 13. April 2005 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangene Klage gerichtet, welche der Kläger noch um Annahmeverzug- und Mietzuschussklagen erweitert hat.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 15. September 2005 die Klage abgewiesen, da das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 11. April 2005 beendet worden sei. Die unstreitige Bemerkung des Klägers sei zwar nicht am Arbeitsplatz, aber auch nicht in einem rein privaten Bereich gefallen, da sich auf der Feier ausschließlich Kollegen des Teams vom Kläger und der Kollegin befanden. Die Bemerkung des Klägers sei zumindest als Beleidigung mit einer sexuellen Konnotation zu verstehen, durch die es zu einer Störung des Betriebsfriedens gekommen sei, da die Kollegin nicht mehr mit dem Kläger zusammenarbeiten wollte. Es sei auch eine Wiederholungsgefahr zu erkennen, da sich der Kläger nicht etwa sofort oder am nächsten Tag entschuldigt hätte, sondern erst, nachdem die Kollegin über Vorgesetzte und Betriebsrat die Initiative ergriffen hätte.

Auch die abschließende Interessenabwägung falle zu Lasten des Klägers aus. Dieser weise eine noch kurze Betriebszugehörigkeit auf, sein Lebensalter sei gering und er habe keine unterhaltsberechtigten Kinder. Aufgrund der hohen Position des Klägers müsse sich dieser auch entsprechend Kolleginnen und Kollegen gegenüber verhalten. Wegen der Länge der Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende sei der Beklagten ein Festhalten am Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar.

Die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß erfolgt, die Zahlungsansprüche unbegründet, da das Arbeitsverhältnis bis zum 12. April 2005 abgerechnet und die sich daraus ergebenden Zahlungsbeträge an den Kläger ausgezahlt worden seien.

Wegen der weiteren konkreten Begründung des Arbeitsgerichts und dem Vortrag der Parteien in erster Instanz wird auf das erstinstanzliche Urteil (Bl. 191-200 d.A.) verwiesen.

Gegen dieses ihm am 6. Oktober 2005 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin am 13. Oktober 2005 eingegangene und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20. Dezember 2005 am 20. Dezember 2005 begründet Berufung des Klägers.

Er hält die unstreitige Bemerkung, die nur einmal und entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht wiederholt gefallen sei, nicht für eine sexuelle Belästigung, son...

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