Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Hallenmeisters einer städtischen Kulturhalle wegen sexueller Beleidigung einer minderjährigen Verwandten einer Vorgesetzten
Leitsatz (redaktionell)
1. Obszöne Beleidigungen einer minderjährigen Nichte einer Arbeitskollegin sind an sich geeignet, die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Auch wenn das Verhalten des Arbeitnehmers im privaten Lebensbereich liegt, wirkt es sich auf den betrieblichen Bereich aus und führt dort zu Störungen, wenn das Opfer von Straftaten die Nichte einer Kollegin ist, die dem betreffenden Arbeitnehmer gegenüber sogar weisungsbefugt ist. Derartige verwandtschaftliche Beziehungen zwischen dem Opfer des gekündigten Arbeitnehmers und einem seiner Arbeitskollegen reichen bereits zur Herstellung eines dienstliches Bezuges aus.
2. Jedenfalls bei sich nicht im Bagatellbereich bewegenden obszönen Beleidigungen eines minderjährigen Opfers ist dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nicht bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar.
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 23.04.2013; Aktenzeichen 4 Ca 9111/12) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 23. April 2013 - 4 Ca 9111/12 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen außerordentlichen, hilfsweisen ordentlichen Kündigung hilfsweise um die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag der Beklagten.
Der 1955 geborene, verheiratete Kläger war seit dem 01. Januar 2007 zunächst bei der A GmbH als Hallenmeister beschäftigt. Er war als solcher zuständig für die Kulturhalle der Stadt, in der Veranstaltungen unter anderem von Schüler- und Kindergartengruppen stattfinden. Zum 01. Oktober 2012 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die beklagte Stadt über.
Der Kläger arbeitete mit einer Frau B zusammen, die ihm gegenüber weisungsbefugt ist. Im Zeitraum vom 30. November 2012 bis 02. Dezember 2012 chattete der Kläger auf Facebook mit der Nichte dieser Kollegin, die in ihrem Profil behauptete, 1997 geboren zu sein, in Wirklichkeit allerdings Jahrgang 2000 ist. Dem Chatprotokoll zu folge (Bl. 35-38 d.A.) fragte das Mädchen den Kläger an, wer er sei. Dieser fragte zurück, wer das wissen wolle und warum. Darauf antwortete das Mädchen, sie wolle das wissen, weil der Kläger sie angefragt habe. Der Kläger antwortete hierauf: "Was denken Mädels, wenn sie arschgefickt werden." Hierauf antwortete die Nichte seiner Arbeitskollegin: "Meine Tante B wird mit dir darüber reden!" Nachdem der Kläger im Folgenden in dem Chat behauptete, die beleidigende Äußerung sei nicht von ihm gewesen, fragte er sodann an: "Wer bist du und wie alt bist du" nachdem die Nichte seiner Arbeitskollegin hierauf nicht antwortete, schrieb der Kläger: "Ich habe nur Probleme." Hierauf erfolgte keine Antwort des Mädchens. Der Kläger schrieb sodann: "Wie auch immer, man spielt mir übel mit, nicht desto trotz freue ich mich über erotische Geschichten und bin meinem Hund entsprechend flexibel. Gib mir Feedback, als freundlich arschliebendes Wesen und so..." Wegen des Inhalts des Chats im Übrigen und Einzelnen wird auf Bl. 34-39 d.A. Bezug genommen.
Das betroffene Mädchen wendete sich daraufhin an ihre im gleichen Haus lebende Tante, die Arbeitskollegin des Klägers. Über diese erlangte die Beklagte vom Inhalt des Chats am 04. Dezember 2012 Kenntnis. Es wurde Strafanzeige gegen den Kläger erstattet, die mit einem Strafbefehl endete.
Am 07. Dezember 2012 hörte die Beklagte den Kläger an. Im Rahmen dieses Gesprächs bestritt der Kläger zunächst, das Mädchen persönlich zu kennen. Ob er diese Aussage aufrechterhielt, war nicht eindeutig zu erkennen. Er äußerte sich auch nicht eindeutig dazu, ob er bestritt, die fraglichen Äußerungen in dem Chat selbst getätigt zu haben. Ebenfalls äußerte er sich nicht dazu, warum er nicht versuchte, mit seiner Kollegin, der Tante des Mädchens, eine Klärung zu erzielen. Wegen der Einzelheiten wird auf das zur Akte gereichte Protokoll der Anhörung (Bl. 41, 42 d.A.) Bezug genommen.
Am 07. Dezember 2012 informierte die Beklagte den Personalrat über die beabsichtigte außerordentliche Kündigung. Am 11. Dezember 2012 fand mit dem Personalrat im Rahmen eines Monatsgesprächs mit der Bürgermeisterin der Beklagten eine Erörterung statt. Am 12. Dezember 2012 wurde der Personalrat der Beklagten schriftlich zur beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweisen ordentlichen Verdachtskündigung angehört. Wegen der Einzelheiten der Anhörung wird auf die zur Akte gereichte Personalratsanhörung vom 12. Dezember 2012 (Bl. 43, 44 d.A.) Bezug genommen. Der Personalrat stimmte der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung sowie der hilfsweisen ordentlichen Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt mit Schreiben vom 13. Dez...