Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungskündigung zum Zwecke der Änderung der Entlohnung
Leitsatz (amtlich)
Ebenso wie die Unrentabilität des Betriebes ohne weitere Rationalisierungsmaßnahmen, sind die Absicht des Arbeitgebers, durch die Angleichung der Arbeitsverträge derjenigen Arbeitnehmer, mit denen die Anwendbarkeit eines günstigeren Tarifvertrages (hier: Metalltarifverträge) vereinbart worden ist, an diejenigen Arbeitnehmer, mit denen die Anwendbarkeit eines ungünstigeren Tarifvertrages (hier: BAT) vereinbart worden ist, oder der Wunsch des Arbeitgebers, alle Arbeitnehmer nach einem Tarifvertrag gleich behandeln zu können, nur dann ein Grund für eine betriebsbedingte Änderungskündigung, wenn durch die Senkung der Personalkosten die Stillegung des Betriebes oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann.
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 18.03.1998; Aktenzeichen 36 Ca 40.085/97) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 18. März 1998 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – 36 Ca 40.085/97 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte ist eine Stiftung privaten Rechts, deren Zweck die berufliche und soziale Wiedereingliederung insbesondere jugendlicher Strafgefangener und Haftentlassener sowie die Durchführung beruflicher Bildungsmaßnahmen für sozial benachteiligte Jugendliche ist. Die Stiftung führt unter anderem berufsfördernde Maßnahmen in eigenen Werkstätten mit etwa 740 Ausbildungsplätzen durch und bietet dazu Ausbildungsgänge in 18 handwerklichen Bereichen an.
Die Beklagte stellte den Kläger mit Wirkung vom 01.04.1990 als Angestellten in der gewerblichen Ausbildung im Malerbereich ein. In Ziff. 7 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 07.03.1990 heißt es unter anderem, die jeweils gültigen tariflichen Bestimmungen für die Angestellten in der Berliner Metallindustrie seien Bestandteil dieses Vertrages.
Die Beklagte beschäftigt etwa 200 Arbeitnehmer (Stand: 30.06.1997). Mit 116 Arbeitnehmern wurde die Anwendbarkeit des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT), mit 84 Arbeitnehmern wurde die Anwendbarkeit der Tarifverträge der Metallindustrie vereinbart. Seit dem 01.04.1995 wird bei Neueinstellung ausschließlich der BAT vereinbart. Ende Mai 1997 bat die Beklagte die zuletzt genannten 84 Arbeitnehmer einschließlich des Klägers um ihr Einverständnis zur Anwendung des BAT auf ihr Arbeitsverhältnis ab 01.01.1998 und verband damit das Angebot einer monatlichen Ausgleichszahlung zur Besitzstandswahrung.
Nachdem 71 Arbeitnehmer ihr Einverständnis mit den Änderungsangebot erklärt, der Kläger und zwölf weitere Arbeitnehmer das Angebot aber abgelehnt hatten, teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 14.07.1997 mit, sie kündige das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 31.12.1997, biete ihm aber die Weiterbeschäftigung auf der Grundlage der Anwendbarkeit des BAT an. In dem Kündigungsschreiben heißt es unter anderem:
„Für die Änderung Ihres Arbeitsvertrages sind die im folgenden aufgeführten Gründe ausschlaggebend:
- Refinanzierung der Personalkosten durch die Bundesanstalt für Arbeit. Die Bundesanstalt schreibt alle Lehrgangs- und Ausbildungsmaßnahmen künftig aus. Den Zuschlag für die Durchführung erhält der preisgünstigere Anbieter. Die mit der Stiftung konkurrierenden großen Bildungsträger orientieren sich alle am BAT. Um mit einiger Aussicht auf Erfolg an Ausschreibungen teilzunehmen, können Preisangebote nur auf der Grundlage des BAT kalkuliert werden.
- Beseitigung der Unterschiede zwischen den Vergütungen der Stiftung und des öffentlichen Dienstes. Das Land Berlin fordert aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten von allen Zuwendungsempfängern die unbedingte Beachtung des Besserstellungsverbotes. (Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen) Das bedeutet, daß in jedem Einzelfall Vergütungen, die über denen des BAT liegen, nicht mehr zuwendungsfähig sind.
- Anpassung der Arbeitszeiten der Mitarbeiter an diejenigen des öffentlichen Dienstes. Auch hier gilt das Besserstellungsverbot.
- Anpassung an die Ausbildungszeiten der Auszubildenden und Lehrgangsteilnehmer. Diese betragen weiterhin 40 Stunden pro Woche. Vertretungskräfte werden künftig kaum noch zur Verfügung stehen, da die Zuwendungen des Landes Berlin und der Bundesanstalt für Arbeit geringer ausfallen werden.”
Mit Schreiben seiner Prozeßbevollmächtigten vom 18.07.1998 hat der Kläger erklärt, er nehme die Änderungskündigung unter dem Vorbehalt, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist, an.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Änderungskündigung sei unwirksam. Die Beklagte hat sich auf den Standpunkt gestellt, die Kündigung sei gerechtfertigt, weil nur durch die mit dem Tarifwechsel verbundenen Einsparungen das Überleben des Betriebes gesichert werden könne. Sie hat dazu die in dem Kündigungsschreiben vom 14.07.1997 genannten Umstände im einzelnen dargelegt. – Wegen der Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien in der ersten Instanz wird auf den ...