Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein „Schmerzensgeldanspruch” gegen den Arbeitgeber wegen entgangener Urlaubsfreuden und entgangener Erholung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Arbeitgeber, der durch die nicht rechtzeitige Zahlung der vereinbarten Vergütung bewirkt, daß der Arbeitnehmer eine für seinen Urlaub gebuchte Reise stornieren muß, schuldet dem AN. neben den Stornierungskosten nicht auch noch ein angemessenes Schmerzensgeld.

2. Für einen derartigen Schaden, der kein Vermögensschaden ist, kann zufolge von § 253 BGB eine Entschädigung nur in den vom Gesetz bestimmten Fällen gewährt werden. Deren Voraussetzungen sind unter den unter 1) geschilderten Umständen aber nicht gegeben; eine entsprechende Anwendung der §§ 651 a ff BGB kommt wegen der unterschiedlichen Interessenlage nicht in Betracht.

 

Normenkette

BGB § 651a ff in Analogie

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 27.01.1986; Aktenzeichen 52 Ca 971/85)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 27. Januar 1986 – 52 Ca 971/85 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz neu auf 1.000,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger war seit August 1984 bei dem Beklagten gegen einen monatlichen Lohn von zuletzt 3.400,– DM brutto als Baustellenführer beschäftigt.

Nachdem der Beklagte ab Februar 1985 den Lohn teilweise schuldig geblieben war, erwirkte der Kläger am 29.05.1985 wegen seiner Lohnansprüche für die Monate März und April 1985 ein Anerkenntnisurteil über 3.382,– DM und am 08.07.1985 ein Schlußurteil über 858,– DM. Auf diese Titel erbrachte der Beklagte keine Zahlungen. Mit Rücksicht hierauf stornierte der Kläger am 17.07.1985 eine bei der Firma N. für sich und seine Familie für den Zeitraum vom 21.08. bis 11.09.1985 gebuchte Reise nach T. woraufhin ihm Stornokosten in Höhe von 481,– DM in Rechnung gestellt wurden.

Mit seiner am 08.08.1985 beim Amtsgericht Wedding eingereichten Klage, die dem Beklagten am 14.09.1985 zugestellt worden ist und durch Beschluß vom 01.10.1985 an das Arbeitsgericht verwiesen wurde, nimmt der Kläger den Beklagten auf Zahlung der Stornokosten sowie auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in Anspruch.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO unter Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils abgesehen.

Durch Urteil vom 27.01.1986 hat das Arbeitsgericht den Beklagten verurteilt, an den Kläger 481,– DM nebst Zinsen zu zahlen, hat im übrigen die Klage abgewiesen und den Wert des Streitgegenstandes auf 1.481,– DM festgesetzt. Diese Entscheidung hat das Arbeitsgericht hinsichtlich des in der Berufungsinstanz allein noch streitigen Schmerzensgeldanspruchs damit begründet, daß hierfür eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses, dem Kläger am 26.02.1986 zugestellte Urteil richtet sich seine am 25.03.1986 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung, deren Begründung am 25.04.1986 vorlag. Er meint, daß entgegen der Ansicht des Vorderrichters die im Normbereich des § 651 f BGB ergangene Rechtsprechung nicht auf diesen beschränkt sei. Dies deshalb, weil der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht nur Urlaub, sondern auch Urlaubserholung und Urlaubsfreude schulde.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil und seine Begründung für zutreffend.

Wegen des Sachverhalts im übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist zulässig; sie ist bei einer, dem vom Arbeitsgericht für den Schmerzensgeldanspruch angesetzten Streitwert von 1.000,– DM entsprechenden Beschwer statthaft, frist- und formgerecht eingelegt und rechtzeitig ordnungsgemäß begründen worden (§§ 64 Abs. 1 und 2, 66 Abs. 1 ArbGG, 518, 519 ZPO); sie hat jedoch keinen Erfolg.

II.

Das Berufungsgericht folgt voll und ganz der Begründung der angefochtenen Entscheidung, so daß gemäß § 543 ZPO lediglich zusammenfassend und ergänzend festzustellen ist:

  1. Zufolge von § 253 BGB kann wegen eines Schadens, der kein Vermögensschaden ist, Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.
  2. Eine Geldentschädigung für ideelle Schäden sieht das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) nur in den §§ 651 f Abs. 2, 847, 1300 BGB vor.

Die §§ 651 a bis 651 k BGB regeln jedoch nur bei einem auf eine Gesamtheit von Reiseleistungen gerichteten Vertrag die Rechtsbeziehungen zwischen dem Reiseveranstalter und dem Reisenden (Palandt, 44. Aufl. Einführung 3 vor §§ 651 a ff BGB). Bereits aus diesem Grunde verbietet sich eine analoge Anwendung und damit auch des § 651 f Abs. 2 BGB auf den vorliegenden Fall.

Im üb...

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