Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtskrafterstreckung auf Dritte im Gesellschaftsrecht. zur Haftung des Gesellschafters einer Vor-GmbH
Leitsatz (amtlich)
1. Wird gegenüber der GmbH i.G. rechtskräftig festgestellt, daß eine von ihr gegenüber einem Arbeitnehmer ausgesprochene fristlose Kündigung rechtsunwirksam ist, so ist an diese gerichtliche Feststellung auch der Alleingesellschafter der GmbH i.G. gebunden.
2. Vor der Eintragung der GmbH in das Handelsregister haftet der Gesellschafter persönlich und solidarisch für die Erfüllung der von der Vor-Gesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten, jedoch nur bis zur Höhe seiner Einlageschuld.
Normenkette
ZPO §§ 322, 325; GmbHG § 11 Abs. 2; BGB §§ 421, 425 Abs. 2; ArbGG § 65
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Urteil vom 23.09.1992; Aktenzeichen 82 Ca 928/92) |
ArbG Berlin (Urteil vom 08.04.1992; Aktenzeichen 82 Ca 928/92) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten zu 2) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 23. September 1992 – 82 Ca 928/92 – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen teilweise wie folgt abgeändert:
- Gegen den Beklagten zu 2) wird die Entscheidung aus dem Versauranisurteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 8. April 1992 – 82 Ca 928/92 – zu II. in Höhe von 9.576,25 DM (neuntausendfünfhundertsechsundsiebzig 25/100) aufrechterhalten.
- Wegen des weitergehenden Betrages gegen den Beklagten zu 2) wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen die Beklagte zu 1 und 2) als Gesamtschuldner, der Beklagte zu 2) jedoch noch in Höhe von 9/10, während der Kläger 1/10 zu tragen hat. Von den Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger 1/10 und dem Beklagten zu 2) 9/10 auferlegt.
Tatbestand
Der 1931 geborene Kläger war bis zum 30. September 1991 als Installateurmeister bei der Produktionsgenossenschaft des Installateur- und Heizungsbauhandwerks (PGH) „S.” mit Sitz in Berlin-P., … str. …, tätig. Er war und ist Vorsitzender dieser Produktionsgenossenschaft.
Die Beklagte zu 1), die S. Installateur- und Heizungsbaugesellschaft mbH in Gründung, deren Alleingesellschafter der Beklagte zu 2) ist bzw. war, erwarb durch notariellen Vertrag vom 01. Oktober 1991 mit sofortiger Wirkung die Immobilien und den Betrieb der PGH, wobei sich die Vertragsparteien darüber einig waren, daß die Beklagte zu 1) in die „Arbeitsverhältnisse” der bei der PGH tätigen Arbeitnehmer eintritt. Im Kaufvertrag heißt es unter anderem:
2. Die Gesellschaft verpflichtet sich, allen in Anlage 1 genannten 32 Mitarbeitern der Verkäuferin mit Wirkung ab 01.10.1991 eine Vergütung in Höhe vom 100 Prozent derjenigen Vergütung zu zahlen, die die entsprechenden Lohn- und Gehaltstarifverträge für das Gebiet von West-Berlin vorsehen, und zwar einschließlich der dort geregelten Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld). Sie verpflichtet sich ferner, diese Zusage mit allen in Anlage 1 genannten Mitarbeitern einzelvertraglich zu vereinbaren.
Seit 01. Oktober 1991 war der Kläger bei der Beklagten zu 1) als eine Art Betriebsleiter gegen eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 9.000,– DM tätig. Da die Beklagte zu 1) ihre Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag vom 01. Oktober 1991 nicht erfüllt hatte, trat die PGH am 02. Januar 1992 vom Kaufvertrag zurück, was von diesem Zeitpunkt an mit der Rückübertragung des Geschäftsbetriebes der Beklagten zu 1) an die PGH verbunden war.
Mit Schreiben vom 19. Dezember 1991, dem Kläger zugegangen am 20. Dezember 1991, kündigte die Beklagte zu 1) den Arbeitsvertrag des Klägers fristlos.
Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 09. Januar 1992 eingegangenen gegen die Beklagten zu 1) und 2) gerichteten Klage hat sich der Kläger gegen die von der Beklagten zu 1) ausgesprochene fristlose Kündigung gewandt und die Auffassung vertreten, daß diese rechtsunwirksam sei. Er hat gemeint, daß die Kündigung allein schon deshalb keinen rechtlichen Bestand haben könne, weil sie von einem vollmachtlosen Vertreter ausgesprochen worden sei. Auch lägen die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB nicht vor. Er habe sich in keiner Meise arbeitsvertragswidrig verhalten. Es treffe nicht zu, daß er der GmbH zustehende Gelder auf Fremdkonten habe überweisen lassen. Des weiteren hat der Kläger von den Beklagten zu 1) und 2) die Zahlung des Dezember-Gehaltes in Höhe von 9.000,– DM brutto zuzüglich 2.250,– DM als Weihnachtsgeld sowie 576,25 DM als Urlaubszuschuß verlangt, und zwar im Wege einer gesamtschuldnerischen Haftung.
Zu dem auf den 08. April 1992 anberaumten Gütetermin sind weder die Beklagte zu 1) noch der Beklagte zu 2) erschienen. Das Arbeitsgericht hat deshalb antragsgemäß ein Versäumnisurteil folgenden Inhalts erlassen:
I. Es wird festgestellt, daß die fristlose Kündigung mit Schreiben vom 19.12.1991, dem Kläger zugegangen am 20.12.1991, zu Unrecht erfolgt ist und das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist.
II. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 11.826,25 DM (elftausendachthundertsechsundzwanzig 25/100) zu zahlen.
III. Die K...