Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeitverteilung
Leitsatz (redaktionell)
1. „Betriebliche Gründe” sind nach einhelliger Auffassung in der bisher hierzu ergangenen Rechtsprechung und dem Schrifttum unter Verweis auf die Gesetzesgeschichte „rationale nachvollziehbare Gründe”. Dabei können und werden in aller Regel auch dem Wunsch des Arbeitnehmers auf eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit andere betriebliche Gründe entgegenstehen als der Verringerung der Arbeitszeit. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 8 TzBfG aus praktischen und systematischen Erwägungen.
2. Hat der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich eine flexible Arbeitszeit vereinbart, die sich nach den betrieblichen Erfordernissen sowie den Ladenöffnungszeiten richtet, ist davon auszugehen, dass die Arbeitsvertragsparteien dem Bedürfnis des Arbeitgebers Rechnung getragen haben, die Mitarbeiter entsprechend den betrieblichen Erfordernissen einzusetzen, die im Bereich des Einzelhandels, insbesondere von der Kundenfrequenz und den Bestimmungen des Ladenschlussgesetzes abhängig sind. Würde demgegenüber die Berücksichtigung der Wünsche des Arbeitnehmers zwingend dazu führen, dass der Arbeitgeber andere Arbeitnehmer vermehrt in den Zeiten einsetzen muss, die besonders arbeitsintensiv und hinsichtlich der Freizeitgestaltung am Abend auch besonders unbeliebt sind, würde mit einer solchen Regelung in das allein dem Arbeitgeber obliegende Bestimmungsrecht hinsichtlich seines Organisationskonzepts eingegriffen. Dies reicht nach Überzeugung der erkennenden Berufungskammer als betriebliche Gründe i.S.v. § 8 TzBfG aus.
Normenkette
TzBfG § 8 Abs. 4
Verfahrensgang
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. April 2002 – 2 Ca 373802 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Zustimmung der Beklagten auf Verteilung ihrer Wochenarbeitszeit von 20 Stunden auf die Zeit von Montag bis Freitag von 8.45 Uhr bis 15.00 Uhr hat.
Die am 2. Januar 1968 geborene verheiratete Klägerin ist seit dem 19. November 1991 zuletzt in der Funktion einer Verkäuferin im Rahmen einer 24,72 – Stunden – Woche im Verkauf mit Kassentätigkeiten bei der Beklagten, die einen Baumarkt betreibt, beschäftigt. Die Klägerin stellte am 28. Dezember 2001 bei der Beklagten den Antrag auf Verringerung ihrer Wochenarbeitszeit und Zustimmung zur Erbringung der Arbeit ausschließlich von Montag bis Donnerstag in der Zeit von 8.45 Uhr bis 15.00 Uhr. Die Beklagte stimmte am 3. Januar 2002 dem Wunsch der Klägerin auf Verringerung der Wochenarbeitszeit zu, nicht jedoch der begehrten Verteilung der Arbeitszeit und begründete dies mit dem Personaleinsatzplan.
Die Klägerin hat zwei Töchter im Alter von 8 und 3 Jahren. Die ältere Tochter geht zur Schule und danach in den Hort, von dem sie bis 16.00 Uhr abgeholt werden muss. Die jüngere Tochter besucht einen Kindergarten und muss dort bis spätestens 16.30 Uhr abgeholt werden. Hort und Kindergarten befinden sich in der Nähe der Wohnung der Klägerin im Stadtteil Hohenschönhausen. Bislang haben die Großeltern die Kinder abgeholt, wenn die Klägerin länger als bis 15.00 Uhr arbeiten musste, diese sind jedoch altersbedingt nicht mehr dazu in der Lage. Bei der älteren Tochter der Klägerin sind schulische Auffälligkeiten festzustellen gewesen.
Mit ihrer am 6. Februar 2002 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen und der Beklagten am 18. Februar 2002 zugestellten Klage hat die Klägerin ihren Wunsch auf Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf 20 Stunden sowie eine Verteilung der Arbeitszeit von Montag bis Freitag in der Zeit von 8.45 Uhr bis 15.00 Uhr verfolgt.
Sie hat vorgetragen, in der Filiale der Beklagten am Kurfürstendamm, in der sie eingesetzt sei, seien ca. 10 Mitarbeiter im Verkauf beschäftigt, von denen 7 keine Kinder zu versorgen hätten bzw. keine Kinder im schulpflichtigen Alter oder im Kindergartenalter hätten. Die Beklagte habe offensichtlich keine Anstrengungen unternommen, um ihren Wunsch nach einer anderen Verteilung der Arbeitszeit zu entsprechen. Die Beklagte hätte prüfen müssen, ob sie unter Umständen im Wege der Versetzung in einer der anderen 14 Filialen mit ca. insgesamt 150 Mitarbeitern hätte entsprechend eingesetzt werden können. Die Klägerin hat behauptet, sie habe den Antrag auf Festlegung der Arbeitszeit insbesondere deswegen gestellt, da sie im Jahre 2001 erstaunlich oft zu Arbeitszeiten eingeteilt worden sei, die denkbar ungünstig und familienunfreundlich gewesen seien. So habe sie regelmäßig samstags gearbeitet und auch an vielen Freitagen bis jeweils 20.30 Uhr. Die Klägerin verweist beispielhaft auf den Einsatzplan für September 2001, woraus sich ergebe, dass sie an allen Samstagen hätte arbeiten müssen und darüber hinaus an drei Freitagen und an weiteren Tagen jeweils mindestens bis 18.00 Uhr. Soweit die Beklagte den Personaleinsatzplan für Januar 2001 vorge...