Entscheidungsstichwort (Thema)

Überraschende Klausel. treuwidrige Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es stellt eine inhaltlich überraschende Klausel dar, wenn in Allgemeinen Arbeitsbedingungen unter der Überschrift „Probezeit” für die Weiterbeschäftigung auf tarifvertragliche Bestimmungen Bezug genommen wird, in denen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Falle einer entsprechenden rechtzeitigen Erklärung des Arbeitgebers geregelt ist.

2. Eine ordentliche Kündigung verstößt nicht gegen Treu und Glauben, wenn der Arbeitgeber davon absieht, den Hintergrund für Unmutsäußerungen von Kollegen aufzuklären, weil er sich davon keine Besserung der Stimmung innerhalb der Arbeitsgruppe verspricht.

 

Normenkette

AGBG §§ 3, 23 Abs. 1; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 26.08.1997; Aktenzeichen 18 Ca 26734/97)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 26. August 1997 – 18 Ca 26734/97 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger war seit dem 01. März 1997 als Entwicklungsingenieur für die Beklagte tätig. Seiner Beschäftigung lag ein von ihm gegengezeichnetes Schreiben der Beklagten vom 20. Februar 1997 zugrunde, nach dessen Anlage (Ablichtung Bl. 4 d.A.) die Beschäftigung für die Dauer von fünf Monaten auf Probe erfolgen sollte und für die Weiterbeschäftigung die tarifvertraglichen Bestimmungen gelten sollten.

Mit Schreiben vom 30. Juni 1997 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sich veranlaßt zu sehen, sein Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Probezeit am 31. Juli 1997 zu beenden. Mit einem weiteren Schreiben vom selben Tag kündigte die Beklagte dem Kläger vorsorglich zu diesem Termin.

Das Arbeitsgericht Berlin hat die auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, das Arbeitsverhältnis habe zumindest aufgrund der fristgemäß erklärten Kündigung geendet, weil der Kläger noch keine sechs Monate beschäftigt gewesen sei und deshalb das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung finde. Die Behauptung des Klägers, ihm sei eine „feste” Anstellung zugesagt worden, reiche nicht für einen Verzicht der Beklagten auf die Wartezeit aus. Zudem wäre eine solche Zusage an der arbeitsvertraglich vereinbarten Schriftform für Sondervereinbarungen gescheitert.

Gegen dieses ihm am 21. Oktober 1997 zugestellte Urteil richtet sich die am 20. November 1997 eingelegte und am 22. Dezember 1997, einem Montag, begründete Berufung des Klägers. Er behauptet, ihm sei in einem Telefonat am 07. Dezember 1996 auf seine Nachfrage hinsichtlich einer festen Stelle, Probezeit und Kündigungsschutzes von seinem späteren Vorgesetzten erklärt worden, daß es sich um ein festes Arbeitsverhältnis handele und auf eine Probezeit verzichtet werde. Bei Unterzeichnung des Einstellungsschreibens sei er überrascht gewesen, daß die übliche Probezeit von drei Monaten auf fünf Monate verlängert worden sei. Diese Klausel sei wegen der Anfang Dezember 1996 getroffenen Vereinbarung nicht Inhalt des Arbeitsvertrags geworden und habe jedenfalls nicht zu dessen Befristung geführt. Da die Beklagte seine hervorragende fachliche Qualifikation wiederholt betont habe, ein anderer Erprobungszweck im Vertrag aber nicht genannt sei, könne sie sich auf die erleichterte Kündigungsmöglichkeit während einer Probezeit auch nicht mehr berufen.

Die Kündigung verstoße gegen Treu und Glauben, weil er von der Beklagten aus seinem Vorarbeitsverhältnis abgeworben worden sei. Der Betriebsleiter der Beklagten habe in den Vorgesprächen ein außerordentlich großes Interesse an einer langjährigen Zusammenarbeit bekundet.

Er bestreite mit Nichtwissen, daß dem Betriebsrat die im Anhörungsschreiben erwähnte Anlage (Ablichtung Bl. 70 d.A.) übergeben worden sei. Diese enthalte im übrigen eine gezielte Täuschung, weil die darin angeführten Momente jeglicher Grundlage entbehrten. So sei er bestens in das Team integriert gewesen, und habe er keine abwertenden Äußerungen gegenüber anderen Mitarbeitern gemacht.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Urteil

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 31. Juli 1997 hinaus fortbestehe,
  2. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 30. Juni 1997 aufgelöst worden sei.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bestreitet, den Kläger abgeworben oder ihm Zusagen gemacht zu haben, und verweist unwidersprochen darauf, dem Kläger noch am 17. Dezember 1996 telefonisch von einer Kündigung seines damaligen Arbeitsverhältnisses abgeraten zu haben. Dementsprechend habe der Kläger anläßlich der Erörterung einer Unklarheit in einem Zeugnis in seinem Schreiben vom 15. Januar 1997 (Ablichtung Bl. 21 bis 32 d.A.) beanstandet, sie habe seit seiner Bewerbung vor sieben Monaten keine Entscheidung getroffen und möge sich nicht mit dem „Herumpobeln in nichtssagenden Zeugnistexten” aufhalten.

Selbst wenn dem Kl...

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