Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifliche Eingruppierung. Besondere Verantwortung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die bloße Bezeichnung einer Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag oder einer Eingruppierungsmitteilung ist grundsätzlich nicht dahin auszulegen, dass der Angestellten ein eigenständiger, von den tariflichen Bestimmungen unabhängiger arbeitsvertraglicher Anspruch auf eine bestimmte Vergütung zustehen soll.

2. Die Übernahme einer letzten Verantwortung für die getroffene Entscheidung ist nur dann mit einer besonderen Verantwortung im Tarifsinn verbunden, wenn es sich um eine Entscheidung von besonderer Tragweite handelt.

 

Normenkette

TVG § 1 Abs. 1; BAT/AOK-Ost § 22; BAT/AOK-Ost § 23

 

Verfahrensgang

ArbG Potsdam (Urteil vom 11.12.2002; Aktenzeichen 8 Ca 3284/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.01.2005; Aktenzeichen 4 AZR 212/04)

 

Tenor

1.Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 11.12.2002 – 8 Ca 3284/02 – wird zurückgewiesen.

2.Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3.Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin nach der Vergütungsgruppe 7 oder 8 der Anlage 1 a zum § 22 BAT/AOK – Ost zu vergüten ist.

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit Januar 1991 beschäftigt. Gem. § 3 des Arbeitsvertrages der Parteien (vgl. Bl. 7 – 8 d.A.) finden die Tarifverträge für die AOK (Ost) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Seit November 1996 ist die Klägerin als sog. Krankengeldfallmanagerin tätig. Diese Aufgabe beinhaltet die selbständige und abschließende Bearbeitung von Entgeltfortzahlungs- und Zahlfällen. Die Beklagte stellte zu Beginn der 90-er Jahre fest, dass bei ihr im Vergleich mit allen anderen Kassen die höchsten Krankengeldausgaben zu verzeichnen waren. Daraufhin wurde eine Fallsteuerung bei Arbeitsunfähigkeit, die im Wesentlichen auf Qualitätsmanagement und qualifizierter Kostensteuerung beruht entwickelt. Diese Fallsteuerung ist in ein zu diesem Zweck eingesetztes PC-gestütztes Expertensystem „IXXXXX_PC”) eingebunden. Es beinhaltet auch den Kontakt zu anderen Sozialleistungsträgern. Als wesentlichen Bestandteil ihres Konzepts sieht die Beklagte die aktive Betreuung der Krankenversicherten im direkten Dialog mit ihnen. Ziel ist u.a. die Verkürzung der Bezugsdauer der Leistung durch die Nutzung sozialversicherungsrechtlicher „Schnittstellen”. Im Zentrum der Fallsteuerung stehen dabei Beratungsgespräche, für die die Beklagte Standards entwickelt hat (vgl. Bl. 224 -229 d.A.). Nach einer Konzeptionsphase wurden für einzelne Geschäftsstellen der Beklagten Stellen als Krankengeldfallmanager ausgeschrieben. Dort und auch in Vorgesprächen wurde mitgeteilt, dass die Tätigkeit bis zur Vergütungsgruppe 8 BAT/AOK-Ost vergütet wird. Gemäß der letzten Stellenbeschreibung vom 14.02.2002 (vgl. Bl. 80 -81d. A.) verwendet die Klägerin 77 vom Hundert der Zeitanteile auf die Bearbeitung von Krankengeldfällen. Wegen der Aufteilung dieser Zeiteinheiten wird auf Bl. 80 d.A. verwiesen. Dabei werden die Zahlungsfreigaben von den Krankengeldfallmanagerinnen gegenseitig geprüft. Hauptaufgabe ist eine komplett selbständige, eigenverantwortliche abschließende Fallbearbeitung mit der Ausrichtung auf wirksames Kostenmanagement und die individuelle Beratung der Versicherten bei Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit. Die Arbeitsaufgaben im Zusammenhang mit den Krankengeldfällen wurden den Krankengeldfallmanagern sukzessive übertragen. Bis Mitte 1996 oblag es den Teamleitern, die Zahlungsfreigabe vorzunehmen. Dies wurde dann den Krankengeldfallmanagern übertragen.

Im Januar 1996 wurde die Tätigkeit einer Krankengeldfallmanagerin auf der Grundlage einer undatierten Stellenbeschreibung (vgl. Bl. 68 – 73 d.A.) von einer bei der Beklagten eingesetzten Stellenbewertungskommission, die lediglich mit Vertretern der Arbeitgeberseite besetzt war, bewertet. Diese Stellenbeschreibung ging von einem Zeitanteil von 70 % für das „Management von Entgeltfortzahlungs- und Zahlfällen” aus. Im Protokoll der entsprechenden Sitzungen heißt es u.a.:

„Der Eingruppierungstarifvertrag sieht für Sachbearbeiter im Leistungsbereich die Vergütungsgruppen 5, 6 bzw. 7 BAT/AOK vor. Voraussetzung für die Eingruppierung in die VG 7 Nr. 2 ist z.B. der Einsatz im Leistungsservice mit zusätzlichen oder umfassenden Aufgaben. …

In die VG 8 Nr. 3 werden Angestellte in der Sachbearbeitung mit besonderen Aufgaben eingruppiert. Dabei ist der Begriff „besondere Aufgaben” zu definieren. Besondere Aufgaben können z.B. sein: Erstellung von Widersprüchen oder Interessen der AOK vor Gericht zu vertreten.

Nach Auffassung der Bewertungskommission handelt es sich bei dem Krankengeldfallmanager nicht um einen Angestellten in der Sachbearbeitung mit besonderen Aufgaben. Der Begriff Krankengeldfallmanager ist neu, er übt jedoch die Tätigkeit eines Sachbearbeiters im Versichertenservice aus. Zusätzlich übernimmt er noch Aufgaben eines Reha-Beraters, die mit der VG 7 vergütet werden. Seine Tätigkeit geh...

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