Verfahrensgang

ArbG Cottbus (Urteil vom 27.04.1995; Aktenzeichen 3 Ca 3495/94)

 

Tenor

Auf die Berufung der beklagten Stadt wird dasUrteil desArbeitsgerichts Cottbus vom27.04.1995 – 3 Ca 3495/94 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin war vom 01.08.1985 bis zum 31.03.1994 bei der beklagten Stadt bzw. deren Rechtsvorgängerin als Erzieherin zu einer Bruttomonatsvergütung in Höhe von zuletzt … DM bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt.

Unter dem 22.09.1993 hatte die beklagte Stadt der Klägerin folgendes mitgeteilt:

„hiermit kündigen wir Ihnen ordentlich und fristgemäß Ihr Arbeitsverhältnis zum nächstzulässigen Termin, das ist der

31.03.1994

Begründung:

Die rückläufige Tendenz der angemeldeten Kinderzahl ab 01.09.1993 in den Kindertagesstätten der Stadt … hat Personalabbau von Erzieherinnen, Erziehungshelferinnen und FA für Kinderpflege zur Folge.

Aus diesem Grunde kündigen wir Ihnen das bestehende Arbeitsverhältnis zum 31.03.1994.

Gleichzeitig bieten wir Ihnen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter folgender Änderung ab 01.04.1994 an:

Einsatz als Horterzieherin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden

Bitte lassen Sie uns bis zum 15.10.1993 wissen, ob Sie das Arbeitsverhältnis unter den Bedingungen fortsetzen wollen.

Sollte dies nicht der Fall sein, sind Sie damit ordentlich und fristgemäß gekündigt.

Die Sozialauswahl wurde unter allen vergleichbaren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern getroffen.

Die Rechte des Personalrates sind gewahrt.”

Die Vergütung aufgrund der reduzierten Stundenzahl hatte … DM gegenüber zuvor … DM jeweils brutto betragen. Die Klägerin nahm das Angebot auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter geänderten Arbeitsbedingungen nicht an.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der Tarifvertrag zur sozialen Sicherung vom 01. Juli 1992 Anwendung (im folgenden: TVSozSich). Dort heißt es unter § 2 auszugsweise wie folgt:

„(1) Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis gekündigt wird, weil

  1. er wegen mangelnden Bedarfs nicht mehr verwendbar ist oder
  2. die bisherige Beschäftigungsstelle ersatzlos aufgelöst wird oder bei Verschmelzung, Eingliederung oder wesentlicher Änderung des Aufbaus der Beschäftigungsstelle die bisherige oder eine anderweitige Verwendung nicht mehr möglich ist,

erhält eine Abfindung. Das Gleiche gilt, wenn ein Arbeitnehmer bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Kündigung nach Satz 1 aufgrund eines Auflösungsvertrages ausscheidet.

(5) Eine Abfindung steht nicht zu, wenn

  1. die Kündigung aus einem vom Arbeitnehmer zu vertretenden Grund (z. B. Ablehnung eines anderen angebotenen Arbeitsplatzes, es sei denn, daß ihm die Annahme nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten billigerweise nicht zugemutet werden kann) erfolgt ist oder
  2. der Arbeitnehmer im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber ausgeschieden ist, weil er von einem anderen Arbeitgeber im Sinne des § 29 Abschnitt B Abs. 7 BAT-O/BAT übernommen wird.”

Mit Schreiben vom 21.07.1994 machte die Klägerin aus diesem Tarifvertrag einen Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung in Höhe von … DM geltend.

Die Klägerin hat die Auffassung geäußert, die Abfindung stehe ihr zu, da ihr kein anderer zumutbarer Arbeitsplatz angeboten worden sei. Ein solcher könne nur eine in einer zumutbaren, inhaltlich anderen Tätigkeit mit annähernd gleicher Vergütung gesehen werden. Die Klägerin hat behauptet, zudem sei ihr gegenüber keine Beschäftigungsgarantie bis zum Ende des Jahres 1995 abgegeben worden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin … DM nebst 4 % Zinsen hierauf seit dem 19.10.1994 zu zahlen.

Die beklagte Stadt hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die der Klägerin angebotene Tätigkeit sei dieser zumutbar im Sinne von § 2 Abs. 5 Buchstabe a TVSozSich gewesen. Die Klägerin sei von ihrer Ausbildung her in der Lage, als Horterzieherin zu arbeiten und die Reduzierung der Arbeitszeit sei nicht unzumutbar, zumal alle Horterzieherinnen aufgrund veränderter Öffnungszeiten 32 Stunden tätig seien.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, zwar sei der Klägerin die Tätigkeit als Horterzieherin aufgrund ihrer Kenntnisse und Fertigkeiten zumutbar gewesen. Die Klägerin habe jedoch eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 32 Stunden nicht hinnehmen müssen. Die tarifvertragliche Klausel sei dahingehend auszulegen, daß die angebotene Tätigkeit hinsichtlich aller Konditionen zumutbar sein müsse. Das sei bei einer Reduzierung der Arbeitszeit um 20 % nicht gegeben. Da es alleine auf die Zumutbarkeit für die Klägerin ankomme, sei es ohne Belang, daß alle Horterzieherinnen lediglich 32 Stunden tätig seien.

Gegen dieses ihr am 31.07.1995 zugestellte Urteil hat die beklagte Stadt am 28.08.1995 Berufung eingelegt und diese am 22.09.1995 begründet.

Sie ist der Auffassung, aus der...

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