Verfahrensgang

ArbG Frankfurt (Oder) (Urteil vom 02.03.1994; Aktenzeichen 1 Ca 95/94)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt/Oder vom 02.03.1994 – 1 Ca 95/94 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Abfindung nach dem „Tarifvertrag zur sozialen Absicherung” vom 6. Juli 1992 (im folgenden: TsA).

Die Klägerin war seit dem … 1984 im Krankenhaus … als Personalleiterin auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom … 1992 tätig. Sie erhielt bei einer 40stündigen Arbeitswoche zuletzt eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von DM …

Der beklagte Verein übernahm das Krankenhaus … vom Landkreis …. Am 1. Januar 1994 wechselte die Trägerschaft des Krankenhauses auf den …

Die Parteien wenden die Tarifwerke des öffentlichen Dienstes aufgrund einzelvertraglicher Inbezugnahme (§ 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom … 1992, Blatt 58 f der Akte) und deren betrieblicher Umsetzung an.

Mit Schreiben vom 30. Juli 1993 kündigte der beklagte Verein das Arbeitsverhältnis der Klägerin aus betriebsbedingten Gründen zum 31. Dezember 1993 und bot ihr ein neues Arbeitsverhältnis zu geänderten Vertragsbedingungen ab 1. Januar 1994 an. Danach sollte die Arbeitszeit der Klägerin – bei einer entsprechenden Reduzierung der Vergütung – täglich nur noch sechs Stunden bzw. wöchentlich dreißig Stunden betragen; auf den Inhalt des Kündigungsschreibens, Blatt 57 der Akte, wird Bezug genommen. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot nicht an.

Mit ihrer am 11. Januar 1994 beim Arbeitsgericht Frankfurt/Oder eingegangenen Klage hat sie die Zahlung einer Abfindung in Höhe von DM 10.000,00 netto nach dem TsA begehrt.

Sie hat – unter Klagerücknahme im übrigen – zuletzt beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie DM 9.826,00 netto zu zahlen.

Der Beklagte hat zuletzt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, daß der Klägerin der Abfindungsanspruch aufgrund des Ausschlußtatbestandes des § 2 Abs. 5 TsA nicht zustehe. Sie habe die Änderungskündigung nicht angegriffen und einen zumutbaren Arbeitsplatz nicht angenommen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt/Oder hat mit seinem Urteil vom 2. März 1994 – 1 Ca 95/94 – der Klage der Klägerin stattgegeben und seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, daß die Klägerin die geänderten Arbeitsbedingungen zu Recht abgelehnt habe, da sie ihr schon wegen der erheblich verringerten Vergütung nicht zuzumuten gewesen seien; auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils, Blatt 28–31 der Akte, wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 24. März 1994 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 20. April 1994 beim Landesarbeitsgericht Brandenburg Berufung eingelegt und diese am 17. Mai 1994 begründet.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, daß der Klägerin die Abfindungszahlung aufgrund der Ausschlußregelung des § 2 Abs. 5 TsA nicht zustehe. Die Ablehnung eines anderen Arbeitsplatzes sei für einen betroffenen Arbeitnehmer nur abfindungsunschädlich, wenn sie aus arbeitsplatzbezogenen, subjektiven Gründen (Kenntnisse und Fertigkeiten) erfolge. Da hier nur die Arbeitszeit reduziert worden sei, die Klägerin sonst aber an ihrem alten Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden sollte, sei ihr dieses Änderungsangebot im Sinne der tariflichen Regelung billigerweise zumutbar gewesen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt/Oder vom 2. März 1994 – 1 Ca 95/94 – die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung mit Rechtsgründen und verweist darauf, daß das ihr unterbreitete Änderungsangebot schon aufgrund der erheblichen Vergütungsreduzierung unzumutbar gewesen sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf ihre Schriftsätze vom 17. Mai 1994 und vom 30. Juni 1994 und ihrer Erklärungen im Termin vom 28. Juli 1994 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß, §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG statthafte und nach dem Beschwerdewert gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG auch sonst zulässige Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 528, 529 Abs. 1 und 3 ZPO, 64 Abs. 6 Satz 2, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG).

Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet.

Entgegen der Auffassung des Beklagten hat die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung der begehrten Abfindung in Höhe des unstreitigen Betrages von DM 9.826,22 gemäß § 2 Abs. 1a TsA.

Die Anwendbarkeit des TsA auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist zwischen den Parteien im Hinblick auf die zulässige einzelvertragliche Inbezugnahme der Tarifwerke des öffentlichen Dienstes – und vor dem Hintergrund der Übernahme des früheren in der Trägerschaft des Landkreises … übernommenen Krankenhauses – unstreitig. Die vom Beklagten ausgesprochene Änderungskündigung ist mit dem Rückgang der Belegungszahlen und der damit einher gehenden Reduzierung der Beschäftigten, also mit einem verringerten b...

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