Verfahrensgang

ArbG Bremen (Urteil vom 22.06.1994; Aktenzeichen 5 Ca 5709/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.06.1997; Aktenzeichen 4 AZR 764/95)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 22.06.1994 – 5 Ca 5709/93 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

 

Tatbestand

Der Kläger ist als Sozialarbeiter im Zentralkrankenhaus Bremen-Ost in einer der drei Therapie-Stationen „Sucht” beschäftigt. Er hat eine Ausbildung als Sozialarbeiter und als Diplom-Pädagoge abgeschlossen. Während seiner Tätigkeit im Zentralkrankenhaus Bremen-Ost hat er verschiedene Zusatzqualifikationen erworben. Hinsichtlich der Einzelheiten der Zusatzqualifikation wird auf die Anlage 1 zum Schriftsatz des Klägers vom 14. März 1994 (Bl. 14 20 d.A.) verwiesen.

Das pädagogische Hochschulstudium des Klägers wurde von der Beklagten als gleichwertig mit einer sozialpsychiatrischen Zusatzausbildung anerkannt.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden der BAT und die ihn ergänzenden Tarifverträge Anwendung.

Der Kläger beantragte im November 1991, daß seine Tätigkeit als eine Tätigkeit nach Vergütungsgruppe IV a Fallgruppe 15 anerkannt wird. Die Personalabteilung des ZKH Bremen-Ost unterstütze dies, und beantragte beim Senator für Gesundheit, Jugend und Soziales eine entsprechende Eingruppierung vorzunehmen. Dies lehnte der Senator ab.

Der Kläger ist auf einer „Therapie-Station” eingesetzt. Dort werden alkohol- und medikamentenabhängige Patienten mit zum Teil ausgeprägten neurotischen und Persönlichkeitsstörungen betreut. In geringerem Maße auch spielsüchtige Patienten. Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen im engeren Sinne werden dort nicht behandelt, ebenso keine Heroinabhängigen. Die Station ist zu ca. 2/3 mit Patienten belegt, die dort voll stationär behandelt werden und zu ca. 1/3 mit solchen Patienten, die lediglich nachklinisch versorgt werden. Das Aufgabenspektrum der Station reicht von Entgiftungs-/Motivationsbehandlungen, Kriseninterventionen bis zu kurz- und mittelfristigen Therapien und Entwöhnungsbehandlungen. Die vollstationär behandelten Patienten werden vom Kläger, dem Stationsarzt und einer dort eingesetzten Sozialarbeiterin betreut. Diagnostische Einordnungen und therapeutische Konsequenzen werden zumindest einmal wöchentlich gemeinsam in der Patientenbesprechung unter Anwesenheit des zuständigen Oberarztes besprochen. Die therapeutische Betreuung dieses Patientenkreis teilt sich der Kläger mit dem Stationsarzt, der ebenfalls psychotherapeutisch tätig ist und an den Gruppen teilnimmt.

Bei Patienten, die im Bereich der Nachtklinik behandelt werden, gibt es keine feste ärztliche psychotherapeutische Zuordnung. Der überwiegende Teil dieser Patienten kommt aus einer zumindest mittelfristig voll stationären Vorbehandlung, in der eine diagnostische Abklärung und die Therapie und Zielplanung vorgenommen wurde. Im Rahmen wöchentlicher Patientenbesprechungen unter oberärztlicher Beteiligung werden ebenfalls die Nachtklinik-Patienten und deren Behandlungsfortgang erörtert und überprüft.

Der Kläger ist für die Aufnahme und Bewertung der Klienten zuständig. Streitig ist zwischen den Parteien in zweiter Instanz geworden, ob der Kläger eigenverantwortlich diagnostisch und bei der Festlegung der Therapieform tätig ist.

Der Kläger führt Einzelgespräche mit den Klienten und ihren Angehörigen. Er erstellt Abschlußberichte und trifft in Abhängigkeit von Anamnese und Diagnose die Entscheidung darüber, wem die Kosten der Maßnahme in Rechnung zu stellen sind.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei im Wege des Bewährungsaufstieges ab Mai 1991 in die Vergütungsgruppe III BAT eingruppiert. Seine Tätigkeit hebe sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 16 BAT heraus.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß die Beklagte ab Mai 1991 verpflichtet ist, den Kläger nach Vergütungsgruppe III BAT zu vergüten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Heraushebungsmerkmale seien in der Regel nur erfüllt, wenn Sozialarbeiter Grundsatz- und Planungsaufgaben bearbeiteten oder Leitungsfunktionen wahrnähmen. Die einzelfallbezogene Beratungs- und Betreuungstätigkeit des Klägers sei zwar als schwierig zu bewerten, das Merkmal der besonderen Schwierigkeit und Bedeutung sei allerdings nicht erfüllt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Arbeitsgericht Bremen hat am 22. Juni 1994 folgendes Urteil verkündet:

  1. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab Mai 1991 nach Vergütungsgruppe III BAT zu vergüten.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes beträgt DM 15.947,28.

Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, daß die Tätigkeit des Klägers ...

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