Entscheidungsstichwort (Thema)

Ende der Amtszeit eines Betriebsratsmitglieds und unmittelbare Fortführung. Wettbewerbstätigkeit eines Betriebsratsmitglieds in geringfügigem Umfang. Fristlose Kündigung wegen einfach gelagerter Reinigungstätigkeiten bei Wettbewerber. Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob die in geringfügigem Umfang ausgeübte Nebentätigkeit als Reinigungskraft für einen Wettbewerber des Arbeitgebers (Gebäudereinigungsunternehmen) gegen die Pflicht zur Unterlassung von Wettbewerb verstößt und ob dies nach den Umständen des Einzelfalles ohne vorausgegangene Abmahnung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann.

 

Normenkette

BGB § 626; BetrVG § 103; KSchG § 15; BGB § 314 Abs. 2, § 626 Abs. 1; BetrVG § 103 Abs. 1, 2 S. 1; KSchG § 15 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Duisburg (Entscheidung vom 29.01.2013; Aktenzeichen 5 BV 105/12)

 

Tenor

  • 1

    .Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) und 3) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Duisburg vom 29.01.2013 aufgehoben.

  • 2

    .Der Antrag wird abgewiesen.

  • 3

    .Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die antragstellende Arbeitgeberin begehrt die Ersetzung der Zustimmung des zu 2) beteiligten Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 3).

Die Arbeitgeberin betreibt Gebäudereinigung. Die 41-jährige Beteiligte zu drei, verheiratet und ohne unterhaltspflichtige Kinder, war seit dem 01.04.2006 bei ihr als Kundenbetreuerin zu einem monatlichen Bruttoeinkommen in Höhe von zuletzt 2.500 € beschäftigt. Als Kundenbetreuerin war sie Ansprechpartnerin für Auftraggeber, teilte das Personal ein und kontrollierte die Reinigungsarbeiten. Nach § 9 des Anstellungsvertrages vom 27.02.2006 (Bl. 11 ff. GA) hatte die Arbeitnehmerin ihre gesamte Arbeitskraft ausschließlich in die Dienste der Arbeitgeberin zu stellen. Nebentätigkeiten, auch ehrenamtlicher Art, waren der Arbeitgeberin vorher anzuzeigen. Die Beteiligte zu 3) ist Mitglied des bei der Arbeitgeberin bestehenden Betriebsrats (Beteiligter zu 2) und in dieser Funktion seit dem 01.03.2012 freigestellt. Im Verlaufe des Rechtsstreits wurde sie erneut in den Betriebsrat gewählt und ist wiederum freigestellt.

Die Beteiligte zu 3) betreute neben ca. 46 weiteren Objekten unter anderem bis zum 30.04.2011 das Objekt "J. versicherung X.". Zum 01.05.2011 verlor die Arbeitgeberin dieses Objekt an einen Wettbewerber, die Firma D. Service I. (im folgenden D.). Seit dem 01.05.2011 war der Ehemann der Beteiligten zu 3), Herr B. O., in einer Nebentätigkeit in dem Objekt J. versicherung X. für die Firma D. mit Reinigungsarbeiten tätig.

Spätestens seit dem 01.08.2011 führte auch die Beteiligte zu 3) Reinigungsarbeiten in dem Objekt J. versicherung X. für die Firma D. durch. Die Tätigkeit hatte einen Umfang von ca. 19 Stunden monatlich bei einer Vergütung von ca. 185 € monatlich. Sie wurde abwechselnd an zwei bzw. drei Tagen die Woche jeweils für 1 Stunde und 45 Minuten ausgeübt und betraf die so genannte Unterhaltsreinigung (Teppich saugen, Feuchtreinigung von Schreibtischen, Reinigung von WC-Anlagen und Teeküche sowie Papierkörbe leeren).

Im Jahre 2012 erhielt die Arbeitgeber Kenntnis von einem Arbeitszeitnachweis für den Monat August 2012 über 21,25 geleistete Arbeitsstunden, der auf einem von ihr verwendeten Formular Eintragungen über Arbeitszeiten enthielt und von ihrem Anschluss an die Firma D. gefaxt wurde. Im Kopf des Formulars waren als Objekt "Interversicherung" und der Name der Beteiligten zu 3) angegeben. Die eingetragenen Arbeitszeiten lagen im Wechsel an zwei bzw. drei Tagen pro Woche jeweils zwischen 17:00 Uhr und 18:45 Uhr (Bl. 26 GA).

Am 17.10.2012 wurde die Beteiligte zu 3) von dem Geschäftsführer der Arbeitgeberin und dem kaufmännischen Leiter, dem Zeugen S., zu dem Vorwurf, für einen Wettbewerber zu arbeiten, angehört. Außerdem wurden ihr Unterlagen über einen E-Mail Verkehr zwischen ihr und der Firma D. aus August 2012 sowie der aufgefundene Arbeitszeitnachweis für August 2012 vorgelegt (Bl. 24 - 26 GA).

Mit Schreiben vom 24.10.2012, zugegangen am 25.10.2011, beantragte der Arbeitgeber bei dem Betriebsrat die Erteilung der Zustimmung zur außerordentlichen Tat- und hilfsweisen Verdachtskündigung der Beteiligten zu 3). Auf den Inhalt des Antrags wird Bezug genommen (Bl. 73 ff. GA). Mit Schreiben vom 29.10.2012 verweigerte der Betriebsrat seine Zustimmung (Bl. 76 GA).

Mit ihrem am 30.10.2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag begehrt die Arbeitgeberin, die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung zu ersetzen. Sie hat behauptet, die Beteiligte zu 3) habe in dem Gespräch am 17.10.2012 eine Tätigkeit für die Firma D. seit dem 01.05.2011 sowie die in dem Arbeitszeitnachweis für August 2012 aufgeführten Arbeitszeiten eingeräumt. Sie ist der Auffassung, die Beteiligte zu 3) habe unzulässige Wettbewerbstätigkeit ausgeübt. Dadurch habe sie in grober Weise gegen ihre Treuepflicht verstoßen. Außerdem habe sie sich eines Arbeitszeit- bzw. Lohnbetrugs s...

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