Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Einstweiige Verfügung auf Unterlassung von Kündigungen vor Abschluss der Verhandlungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Streitwert ist auf 8.000 Euro festzusetzen, wenn im Rahmen der einstweiligen Verfügung zum Einen streitig war, inwieweit ein Betriebsrat überhaupt bis zum Abschluss des Interessenausgleichsverfahrens die Durchführung von Kündigungen durch den Arbeitgeber untersagen lassen kann und zum anderen zumindest zehn Arbeitnehmer von insgesamt 108 betroffen waren.

 

Normenkette

RVG § 23

 

Verfahrensgang

ArbG Duisburg (Beschluss vom 07.02.2006; Aktenzeichen 4 BVGa 9/05)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Rechtsanwälte T. pp. wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Duisburg vom 07.02.2006 – 4 BVGa 9/05 – teilweise abgeändert.

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird anderweitig auf 8.000,– EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Im Ausgangsverfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat der antragstellende Betriebsrat von der Arbeitgeberin verlangt, bis zum Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich den Ausspruch von Kündigungen, Abschluss von Aufhebungsverträgen und Anregung von Eigenkündigungen hinsichtlich zehn Arbeitnehmern zu unterlassen.

Durch Beschluss vom 01.09.2005 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen. Auch die Beschwerde des Betriebsrats ist durch das Landesarbeitsgericht – 12 TaBV 60/05 – durch Beschluss vom 14.12.2005 zurückgewiesen worden.

Das Arbeitsgericht hat den Verfahrenswert auf 3.000,– EUR festgesetzt.

Gegen diese Festsetzung wendet sich die vorliegende Beschwerde. Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 15.03.2006 der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist nur zum Teil begründet.

Der Gegenstandswert für das vorliegende Verfahren war auf 8.000,– EUR festzusetzen.

1. Da der Antrag des Betriebsrats die Sicherstellung seiner Beteiligungsrechte im Verfügungswege bezweckte, war er nichtvermögensrechtlicher Art. Der Gegenstandswert ist demgemäß nach Maßgabe von § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zu bestimmen. Danach ist die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen vorzunehmen. Bei nicht genügenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Schätzung ist der Gegenstandswert auf den Hilfswert von 4.000,– EUR, nach Lage des Falles auch niedriger oder höher, anzusetzen, jedoch nicht über 500.000,– EUR hinaus. Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf, der auch die nunmehr zuständige Kammer folgt, ist im Rahmen der Bewertung auf die Bedeutung der Sache für die Beteiligten, sowie den Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit abzustellen. Die Bedeutung für die Arbeitgeberseite ist dabei auch in einem auf Sicherung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats abzielenden Verfahren nicht zuletzt nach den wirtschaftlichen Auswirkungen zu beurteilen (vgl. LAG Düsseldorf vom 29.08.2005 – 17 Ta 316/05 –, LAG Hamm vom 11.05.2005 – 10 TaBV 61/05 –).

2. Im Streitfall war im Rahmen der einstweiligen Verfügung zum Einen streitig, inwieweit ein Betriebsrat überhaupt bis zum Abschluss des Interessenausgleichsverfahrens die Durchführung von Kündigungen durch den Arbeitgeber untersagen lassen kann. Darüber hinaus waren nach den Ausführungen des Betriebsrats zumindest zehn Arbeitnehmer von insgesamt 108 in der Niederlassung E. beschäftigen Arbeitnehmern betroffen.

In diesem Zusammenhang bedarf es im Wesentlichen der Abschätzung der wirtschaftlichen Auswirkung eines solchen Verbots. Das Hinausschieben von Kündigungsterminen kann insbesondere bei Arbeitnehmern mit langen Kündigungsfristen wirtschaftliche Belastungen mit sich bringen, wenngleich es nicht ausgeschlossen zu sein braucht, dass sich die mit einer Betriebsänderung verbundenen Personaleinschränkungen den hinausgeschobenen Kündigungsterminen anpassen lassen, da bei der Mehrzahl der Arbeitnehmer relativ kurze Kündigungsfristen einzuhalten sind. Daneben muss die voraussichtliche Dauer der Verhandlungen über den Interessenausgleich in Betracht gezogen werden. In kleineren Betrieben oder bei einer begrenzten Betriebsänderung kann es dabei aufgrund der Gesamtumstände ausreichen, den Wert der Unterlassungsanträge nicht wesentlich zu erhöhen.

Im Hinblick auf die unterschiedliche Einschätzung in der Rechtsprechung und im Hinblick darauf, eine möglichst einheitliche Handhabung herbeizuführen unter Berücksichtigung des Einzelfalles, vermag die Kammer nicht der Rechtsprechung des LAG Hamm zu folgen, das bei derartigen Anträgen in Anlehnung an die Staffelung in § 17 KSchG für sechs Arbeitnehmer jeweils 4.000,– EUR in Ansatz bringt, d. h. für jeden Arbeitnehmer 666,67 EUR (vgl. auch Beschluss vom 10.10.2005 – 10 TaBV 102/05 –).

Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass allein die Abstellung auf die Anzahl der zu entlassenen Arbeitnehmer außer Acht lässt, dass die Betriebsänder...

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