Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Antrag der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung eines Leiharbeitnehmers und die Feststellung der sachlichen Dringlichkeit der personellen Maßnahme gemäß den §§ 99 Abs. 4, 100 Abs. 3 Satz 2 BetrVG stellt eine vermögensrechtliche Streitigkeit dar. Der Gegenstandswert ist demgemäß nach Maßgabe von § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zu berechnen. Danach ist die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen vorzunehmen. Bei nicht genügenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Schätzung ist der Gegenstandswert auf den Hilfswert von 4.000,00 EUR, nach Lage des Falles auch niedriger oder höher anzusetzen, jedoch nicht über 500.000,00 EUR hinaus.

2. Im Rahmen der Bewertung ist auf die Bedeutung der Sache für die Beteiligten, sowie den Umfang und die Schwierigkeit abzustellen. Die Bedeutung für die Arbeitgeberseite ist nicht zuletzt nach den wirtschaftlichen Auswirkungen zu beurteilen.

3. Ein einzelnes Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer Einstellung auch eines Leiharbeitnehmers nach § 99 Abs. 4 BetrVG bzw. die Aufhebung dieser Maßnahme gem. § 101 BetrVG ist mit drei Bruttomonatsentgelten des betreffenden Arbeitnehmers zu bewerten; insoweit stellen sich die Wertmaßstäbe des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG hinsichtlich der Bewertung einer Bestandsstreitigkeit als geeignete Anknüpfungspunkte dar.

4. Für den Antrag gem. § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG wird die Hälfte des Wertes für das Zustimmungsersetzungsverfahren angesetzt.

 

Normenkette

BetrVG § 99 Abs. 4, §§ 100-101; RVG § 33

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Beschluss vom 02.05.2008; Aktenzeichen 2 BV 85/08)

 

Tenor

Die Beschwerden der Antragstellerin vom 20.05.2008 sowie der Rechtsanwälte C. u. a. vom 31.05.2008 gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 02.05.2008 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beschwerdeführer je zur Hälfte zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Beschwerdeverfahren um die richtige Festsetzung des Wertes des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit im Beschlussverfahren gem. § 33 Abs.1 RVG.

Die Arbeitgeberin ist ein Finanzdienstleister für private Kunden mit Schwerpunkt bei der Absatzfinanzierung von Konsumgütern. Sie beschäftigt ca. 2.000 Mitarbeiter. Beteiligter zu 2. ist der für die Hauptverwaltung und für alle nichtbetriebsratsfähigen Zweigstellen und Filialen zuständige Betriebsrat.

In der Unternehmensgruppe besteht als Zeitarbeitsunternehmen die T. Service GmbH. Diese hat das Ziel, Leiharbeitnehmer im Unternehmen der Antragstellerin einzusetzen. Sie verfügt über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis und wendet Zeitarbeitsverträge an. Die Leiharbeitnehmer erhalten die tarifliche Vergütung nach einem Zeitarbeitstarifvertrag.

Daneben setzte die Antragstellerin auch Mitarbeiter von Fremdzeitarbeitsfirmen, u. a. der Firma V. GmbH ein.

Unter dem 29.02.2008 informierte die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die vorgesehen Einstellung gemäß § 99 BetrVG der Leiharbeitnehmerin O. X. im Telecenter im N. über die Zeitarbeitsfirma v.. Der Betriebsrat stimmte der Einstellung unter dem 03.03.2008 mit folgendem Schreiben nicht zu:

„Beabsichtigte Einstellung von

Frau O. X., geb. am 25.04.1984

als Sachbearbeiterin im Bereich TeleCenter

im Wege der Leiharbeitnehmerschaft über die Zeitarbeitsfirma v.

Hier: Ihre Anhörung gemäß § 99 BetrVG vom 29.02.2008

Sehr geehrter Herr T., sehr geehrte Frau I.,

der Betriebsrat stimmt einer Einstellung der Mitarbeiterin nach § 99 BetrVG nicht zu.

Sie haben uns nicht mitgeteilt, dass Sie Ihrer Prüfungspflicht gemäß § 81 Abs. 1 SGB IX nachgekommen sind, ob und inwieweit der Arbeitsplatz zur Besetzung mit Schwerbehinderten geeignet ist. Insofern ist die Anhörung mangelhaft.

Der Betriebsrat verweigert die Zustimmung nach § 99 Abs. 2 Nummer 3 BetrVG ausdrücklich, da der Arbeitgeber aufgrund einer vom spanischen Aktionär ausgegebenen Gewinnerwartung im zweistelligen Prozentbereich erklärt hat, in diesem Jahr das Personalbudget drastisch senken zu müssen.

Dies kann nur bedeuten, dass zur Personalkostenreduktion Stellen im Unternehmen abgebaut werden. Gedankenlogisch ist dann auch, dass hier auf die Sachkostenseite ausgewichen wird. Somit erklärt sich der Leiharbeitnehmereinsatz.

Dies wiederum eröffnet aber eindeutig die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber bereits plant, Arbeitsplätze abzubauen. Hierüber hat er den Betriebsrat dann auch erneut nicht durch eine entsprechende Personalplanung rechtzeitig und umfassend informiert. Die Vermutung ist schon dadurch bewiesen, dass in Händler-Beratungs-Centern (HBC) und auch im HVC-Bereich Mitarbeiter in diesem Jahr abgebaut wurden. Diese Stellen wurden dann anschließend in N. unter anderem mit Leiharbeitnehmern neu besetzt ….

Insofern macht der Betriebsrat geltend, dass Stammmitarbeiter, die aufgrund dieser Entscheidung für eine Personalkostenreduktion von einer betriebsbedingten Kündigung bedroht sind, auf der hier vor...

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