Verfahrensgang

ArbG Solingen (Urteil vom 15.05.1996; Aktenzeichen 2 Ga 15/96)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Solingen vom15.05.1996 – 2 Ga 15/96 – abgeändert.

2. Der Antrag des Antragstellers wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Antragsteller zur Last.

 

Tatbestand

Zwischen den Parteien herrscht Streit darüber, ob der Kläger bis zum 31.05.1996 zu den bisherigen Arbeitsbedingungen vom Beklagten weiterbeschäftigt werden mußte.

Der am 19.09.1939 geborene Kläger war seit dem 01.04.1954 zuletzt als Schweißer bei der Firma B. und H. GmbH & Co. KG beschäftigt. Er gehörte dem Betriebsrat an. Der Kläger ist zu 80 % schwerbehindert. Sein monatliches Bruttoentgelt betrug zuletzt 4.777,61 DM.

Die Firma … und H. GmbH & Co. KG kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 04.04.1996 zum 30.11.1996 wegen vollständiger Betriebseinstellung. Ab dem 15.04.1996 wurde der Kläger von der weiteren Mitarbeit im Betrieb freigestellt.

Bereits am 29.02.1996 hatte die B. und H. GmbH & Co. KG beim Amtsgericht in Leverkusen einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt. Das Amtsgericht Leverkusen ordnete mit Beschluß vom 29.02.1996 – 40 N 19/96 – die Sequestration an. Zum Sequester wurde der Beklagte bestellt.

Mit Zustimmung des Sequesters kam es unter dem 28.03./02.04.1996 zum Abschluß eines Interessenausgleichs zwischen der B. und H. GmbH & Co. KG und dem Betriebsrat.

Durch Beschluß des Amtsgerichts Leverkusen vom 02.05.1996 – 40 N 20/96 – wurde das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zum Konkursverwalter bestellt.

Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers wurde zum 15.04.1996 stillgelegt. Es wurden nur noch reine Abwicklungsarbeiten im Rahmen der Abwicklung des Konkursverfahrens mit insgesamt zehn Mitarbeitern durchgeführt, die für die Personal-, Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung sowie für die Maschinenpflege und Aussonderungen eingesetzt wurden. Zu diesen Arbeitnehmern gehörten der Mitarbeiter Y., Industriearbeiter, 33 Jahre alt, verheiratet zwei Kinder, Betriebsratsmitglied, W., Fuhrarbeiter Maschinenhalle und S., Versandleiter.

Mit einem bei dem Arbeitsgericht Solingen am 29.04.1996 anhängig gemachten Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung hat der Kläger und Antragsteller geltend gemacht, er habe einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zur Beendigung der Abwicklungsarbeiten. Er könne anstelle der Arbeiter W., S. und Y. Abwicklungsarbeiten verrichten. Sein Beschäftigungsanspruch folge zum einen aus seiner Tätigkeit als Betriebsratsmitglied, zum anderen aus seiner Schwerbehinderteneigenschaft.

Der Kläger hat beantragt,

den Antragsgegner zu verurteilen, den Antragsteller als gewerblichen Arbeiter im Betrieb in Burscheid mit Abwicklungsarbeiten zu den bisherigen Arbeitsbedingungen zu beschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat sich vor allem damit verteidigt, es obliege seiner Entscheidung, welche Arbeitnehmer mit Abwicklungsarbeiten zu betrauen seien. Etwas anderes ergäbe sich auch nicht aus § 14 SchwbG.

Durch Urteil vom 15.05.1996 hat die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Solingen – 2 Ga 15/96 – den Beklagten verurteilt, den Kläger als gewerblichen Arbeiter im Betrieb in Burscheid mit Abwicklungsarbeiten bis zum 31.05.1996 zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen und im übrigen die Klage abgewiesen.

In den Entscheidungsgründen ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, der Arbeitgeber sei grundsätzlich verpflichtet, seinen Arbeitnehmer vertragsgemäß zu beschäftigen. Dieser Anspruch müsse nur dort zurücktreten, wo überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstünden. Im vorliegenden Fall überwöge das Interesse an der Weiterbeschäftigung des Klägers mit Abwicklungsarbeiten jedenfalls bis zum 31.05.1996. Dies folge aus § 14 Abs. 2 S. 1 SchwbG. wonach der Arbeitgeber die Schwerbehinderten so zu beschäftigen habe, daß diese ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln könnten. Der Verfügungsgrund ergäbe sich im Streitfall schon daraus, daß der Anspruch ohne den Erlaß der einstweiligen Verfügung endgültig nicht realisierbar wäre. Für die Zeit ab dem 01.06.1996 bestünde kein Verfügungsanspruch. Dies folgte daraus, daß zu diesem Zeitpunkt die Abwicklungsarbeiten nahezu beendet seien.

Gegen das am 05.06.1996 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem bei dem Landesarbeitsgericht am 04.07.1996 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Der Beklagte wendet sich gegen das angefochtene Urteil, weil sich aus § 14 Abs. 2 SchwbG keine Verpflichtung ergeben habe, den Kläger mit Abwicklungsarbeiten im Betrieb der Gemeinschuldnerin zu beschäftigen, zumal es sich hier lediglich noch um zwei Wochen gehandelt habe. Die Zusammensetzung der Abwicklungsmannschaft sei auch nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung der Notwendigkeit im Rahmen der Abwicklung des Konkursverfahrens erfolgt. Hierbei seien Arbeitnehmer entsprechend ihren Funktionen einge...

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