Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Sozialarbeiters im Sozialpsychiatrischen Dienst nach § 1 PsychKG NW
Leitsatz (amtlich)
1. Die Hilfe- und Beratungstätigkeit eines Sozialarbeiters im Sozialpsychiatrischen Dienst nach § 1 PsychKG NW bildet einen einheitlichen Arbeitsvorgang.
2. Sie erfüllt nicht das Qualifizierungsmerkmal der Entgeltgruppe S 14 2. Alt., da keine Tätigkeiten erbracht werden, die für die Entscheidung über eine zwangsweise Unterbringung nach § 12, 14 PsychKG NW erforderlich sind.
3. Die Tätigkeit ist auch nicht als gleichwertig mit der eines Mitarbeiters im Jugendamt, der Entscheidungen zur Vermeidung der Gefährdung des Kindeswohls trifft, anzusehen.
Normenkette
PsychKG NW § 14; BAT § 22; PsychKG NW § 12; TVÜ § 17
Verfahrensgang
ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 10.11.2011; Aktenzeichen 3 Ca 1716/11) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 10.11.2011 - 3 Ca 1716/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin in deren Entgeltgruppe aus dem Anhang zu der Anlage C (VKA) für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst zum TVöD.
Die Klägerin ist seit dem 01.10.2002 als Sozialarbeiterin im Sozial-psychiatrischen Dienst des Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 04.09.2008 die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) Anwendung.
Für die Eingruppierung der Klägerin gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der "Anlage zu Abschnitt VIII Sonderregelungen (VKA) § 56" die Tätigkeitsmerkmale des Anhangs zur Anlage C, die Entgeltgruppen S:
"S 11
Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen/ Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben. ...
S 12
Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen/ Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit schwierigen Tätigkeiten.
...
S 14
Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen/ Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit, die Entscheidungen zur Vermeidung der Gefährdung des Kindeswohls treffen und in Zusammenarbeit mit dem Familiengericht bzw. Vormundschaftsgericht Maßnahmen einleiten, welche zur Gefahrenabwehr erforderlich sind, oder mit gleichwertigen Tätigkeiten, die für die Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten erforderlich sind (z. B. Sozialpsychiatrischer Dienst der örtlichen Stellen der Städte, Gemeinden und Landkreise)."
Laut Stellenbeschreibung besteht die auszuübende Tätigkeit der Klägerin zu 30 vH der Arbeitszeit aus der sozialpsychiatrischen Beratung Abhängigkeitskranker und deren Angehöriger (Nr. 1 der Stellenbeschreibung), zu 40 vH aus der sozialpsychiatrischen Beratung psychisch Erkrankter und deren Angehöriger (Nr. 2 der Stellenbeschreibung), zu 20 vH aus "Sonstiges" (Nr. 4 der Stellenbeschreibung) sowie zu 10 vH aus der "Krisenintervention" (Nr. 3 der Stellenbeschreibung). Zu dieser heißt es in der Stellenbeschreibung:
"Bei Verdacht auf eine unmittelbar bevorstehende oder bei bereits eingetretener akuter Fremd- oder Eigengefährdung des Klienten (im Sinne des PsychKG), erfolgt, koordiniert durch die Sti (= Stelleninhaberin), in Kooperation mit dem Ordnungsamt und der Polizei - soweit möglich - ein zeitnaher Hausbesuch vom Facharzt für Psychiatrie und der Sti.
Sollte es bei festgestellter Gefährdung nicht möglich sein, den Erkrankten zu einer freiwilligen Behandlung in einem Fach-Krankenhaus zu motivieren, erfolgt die zwangsweise Unterbringung durch das Ordnungsamt, wobei die Sti teilweise die Begleitung des Betroffenen ins Krankenhaus und/oder die Vorinformation des aufnehmenden Arztes übernimmt.
Auch ohne vorherige Hinweise nimmt die Sti bei Hausbesuchen generell eine Einschätzung des akuten Gefährdungsgrades vor und leitet entsprechende Maßnahmen ein.
Aufgabe der Sti ist auch die Deeskalation krisenhafter jedoch nicht gefährdender Situationen, wobei die Übergänge hier fließend sein können."
Die Tätigkeit der insgesamt acht im Sozialpsychiatrischen Dienst tätigen Kolleginnen ist inhaltlich identisch. Die Aufgaben werden nach örtlichen Zuständigkeiten verteilt. Die Klägerin ist für alle in Meerbusch auftretenden Fälle zuständig.
Die Klägerin erhält Vergütungen nach der Entgeltgruppe S 12. Sie machte mit Schreiben vom 15.03.2010 erfolglos die Höhergruppierung in die Gehaltsgruppe S 14 geltend.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die in der Arbeitsplatzbeschreibung als Krisenintervention beschriebenen Tätigkeiten eine Eingruppierung in die Gehaltsgruppe S 14 2. ...