Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung des tariflichen Krankengeldzuschusses wegen Gewährung einer Teilerwerbsminderungsrente

 

Leitsatz (amtlich)

Vom Begriff der Rente im Sinne des § 22 Abs. 4 TVöD wird auch eine Teilerwerbsminderungsrente erfasst. § 22 Abs. 4 TVöD ist nicht nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam, denn die Klägerin wird durch den Ausschluss von der Zahlung des Krankengeldzuschusses wegen anderweitiger Absicherung durch den Bezug einer Teilerwerbsminderungsrente nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligt.

 

Normenkette

TVöD § 24 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 26.09.2014; Aktenzeichen 14 Ca 3145/14)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.05.2016; Aktenzeichen 6 AZR 365/15)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26.09.2014, 14 Ca 3145/14, wird zurückgewiesen.

  • II.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

  • III.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit ihrer am 22.05.2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage macht die Klägerin die Auszahlung einbehaltener Lohnbeträge geltend. Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagten ein Rückforderungsrecht bezüglich gezahlter Krankengeldzuschüsse zusteht.

Die Klägerin, die seit dem 02.04.2010 mit einem Grad von 60 schwerbehindert ist, ist bei der Beklagten seit dem 01.07.1993 als Angestellte, zuletzt zu einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von 2.650,00 €, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes (TVöD) Anwendung.

Die Klägerin war seit dem 14.04.2010 arbeitsunfähig erkrankt und erhielt bis zum 22.10.2010 einen tariflichen Krankengeldzuschuss sowie eine anteilige Jahressonderzuwendung in Höhe von insgesamt 2.882,51 € von der Beklagten.

Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom 20.12.2010 erhielt die Klägerin entsprechend ihrem Antrag vom 30.06.2010 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung rückwirkend zum 01.07.2010 bewilligt. Wegen des Inhalts des Rentenbescheids im Einzelnen wird auf Bl. 46 bis 62 der Akte Bezug genommen.

Am 29.12.2010 erhielt die Klägerin einen Bescheid, demzufolge ihr ab dem 01.01.2011 bis 30.06.2013 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt wurde. Dem dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wurde in der Form stattgegeben, dass der Bescheid vom 29.12.2010 aufgehoben wurde und ein gesonderter Bescheid über die Zahlung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.01.2011 ergehen sollte.

Nachdem die Beklagte von der Rentengewährung Kenntnis erlangt hatte, meldete sie bei der Deutschen Rentenversicherung einen Erstattungsbetrag in Höhe von 2.882,51 € an. Mit Bescheid vom 01.03.2011 teilte die Deutsche Rentenversicherung der Beklagten mit, dass es im Zeitraum vom 01.07. bis 31.12.2010 zu einer Rentennachzahlung in Höhe von 2.981,34 € gekommen sei, der Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X jedoch nicht in der geltend gemachten Höhe erfüllt werden könne, weil für die Zeit vom 01.07. bis 21.12.2010 vorrangig der Erstattungsanspruch der Techniker Krankenkasse nach § 103 SGB X zu erfüllen gewesen sei. Erstattet wurde von der Deutsche Rentenversicherung sodann einen Betrag in Höhe von 160,29 €.

Zunächst mit Email vom 17.05.2011, sodann mit Schreiben vom 22.06.2011 machte die Beklagte gegenüber der Klägerin unter Bezugnahme auf § 22 Abs. 4 TVöD die Rückzahlung des Betrages in Höhe von 2.722,22 € mit der Begründung geltend, dass es mit der Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu einer Überzahlung des Entgelts der Klägerin gekommen sei.

Da die Beklagte keinen Zahlungseingang verzeichnen konnte, schlüsselte sie mit Schreiben an die Klägerin vom 05.06.2012 (Bl. 68 der Akte) ihre Forderung im Einzelnen auf und erklärte die Aufrechnung mit Entgeltansprüchen der Klägerin. Sodann behielt die Beklagte - mit Zustimmung der Klägerin gemäß Schreiben vom 14.06.2012 unter dem Vorbehalt der rechtlichen Klärung - ab Juni 2012 monatlich 100,00 € vom Arbeitsentgelt der Klägerin ein.

§ 22 Abs. 4 TVöD lautet:

"Entgelt im Krankheitsfall wird nicht über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus gezahlt; § 8 EFZG bleibt unberührt. Krankengeldzuschuss wird zudem nicht über den Zeitpunkt hinaus gezahlt, von dem an Beschäftigte eine Rente oder eine vergleichbare Leistung aufgrund eigener Versicherung aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung oder aus einer sonstigen Versorgungseinrichtung erhalten, die nicht allein aus Mitteln der Beschäftigten finanziert ist. Überzahlter Krankengeldzuschuss und sonstige Überzahlungen gelten als Vorschuss auf die in demselben Zeitraum zustehenden Leistungen nach Satz 2; die Ansprüche der Beschäftigten gehen insoweit auf den Arbeitgeber über. Der Arbeitgeber kann von der Rückforderung des Teils des überzahlten Betrags, der nicht durch die für den Zeitraum der Überzahlung zustehenden Bezüge im Sinne des Satzes 2 ausgeglichen worden sind, absehen, er sei denn, die/der Beschäftigte hat dem Arbeitgeber die Zustellung de...

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