Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierungssystematik in § 12 Abs. 2 TVöD-NRW. Arbeitsvorgang als Bezugsobjekt der tariflichen Bewertung. Tätigkeitsbetrachtung im Eingruppierungsverzeichnis zu § 11a TVöD-NRW. Darlegungslast im Eingruppierungsprozess. Auslegung des normativen Teils des Tarifvertrags. Qualifikationsstufen in den Entgeltgruppen 6 und 7 des Eingruppierungsverzeichnisses zu § 11a TVöD-NRW
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei Anwendung des § 12 Abs. 2 TVöD-VKA ist der Kläger in die Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen.
2. Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis. Für die Beurteilung, ob eine oder mehrere Einzeltätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führen, sind eine natürliche Betrachtungsweise und die durch den Arbeitgeber vorgenommene Arbeitsorganisation ausschlaggebend. Dabei kann auch die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen.
3. Die Tarifvertragsparteien des TVöD-NRW haben nicht ausdrücklich auf Arbeitsvorgänge abgestellt. Dies steht der Zusammenfassung der Einzeltätigkeiten zu einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit oder mehreren jeweils eine Einheit bildenden Tätigkeiten für deren jeweils einheitliche tarifliche Bewertung aber nicht entgegen. Dafür gelten vergleichbare Regeln und Kriterien wie bei der Bestimmung des Arbeitsvorgangs, lediglich die anzuwendenden Maßstäbe sind weniger streng.
4. Im Eingruppierungsrechtsstreit obliegt der klägerischen Partei nach den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen die Darlegungslast. Sie hat diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen, die den rechtlichen Schluss zulassen, die tariflichen Anforderungen des beanspruchten Tätigkeitsmerkmals der maßgebenden Entgeltgruppe seien im geforderten zeitlichen Umfang erfüllt.
5. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können.
6. Die qualifizierte Tätigkeit eines Gärtners ist bei entsprechender beruflicher Ausbildung und Erfahrung der Entgeltgruppe 6 zuzuordnen. Baumpflegende und -erhaltende Maßnahmen können nur dann zur nächsthöheren Entgeltgruppe führen, wenn der Beschäftigte dafür besonders qualifizierte und vielseitige Tätigkeiten ausführt, für die er eine spezielle Zusatzqualifikation erworben haben muss.
Normenkette
TVöD-NRW § 11a Anh. Teil A EGVZ EG 6; TVöD-NRW § 11a Anh. Teil A EGVZ EG 7; TVöD-NRW § 12 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Essen (Entscheidung vom 18.05.2021; Aktenzeichen 2 Ca 3152/20) |
Tenor
I.
Die Berufung der klägerischen Partei gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 18.05.2021 - 2 Ca 3152/20 - wird zurückgewiesen.
II.
Die klägerische Partei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Eingruppierung des Klägers.
Der Kläger ist seit dem 16.06.2015 bei der Beklagten als Gärtner in Vollzeit (39 Wochenstunden) beschäftigt. Der Kläger hatte zuvor bei der Beklagten die Ausbildung zum Gärtner mit der Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau am 15.06.2015 abgeschlossen. Weiterhin hat er eine Zusatzqualifizierung zum G.-zertifizierten Baumkontrolleur.
Der Kläger ist im Eigenbetrieb "Grün und Gruga" der Beklagten tätig. Die Beklagte führt die Betreuung der Bäume in Teams durch. Der Eigenbetrieb ist organisatorisch in den Regiebetrieb Baumkontrolle und in die Regiebetrieb Baumpflege unterteilt. Letzterem ist der Kläger zugeordnet, dort dem "Fachteam Straßenbaumpflege-Regelpflege". Der Regiebetrieb Baumkontrolle führt in Teams Baumkontrollfahrten durch, bei denen die Bäume jeweils ausschließlich vom Boden aus beurteilt werden. Bei der Kontrolle werden zu erledigende Aufgaben elektronisch aufgenommen, priorisiert und dann als Aufgaben nach durch den Regiebetrieb Baumkontrolle festgelegten Prioritäten für die bearbeitenden Teams - u.a. des Klägers - erfasst. Sodann werden die Aufgaben durch weitere Teams entweder getrennt oder im Rahmen einer generellen Baumpflege durchgeführt. Einem dieser Teams, die aus einem Vorarbeiter, dessen Stellvertreter sowie zwei Mitarbei...