Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Jahressonderzahlung für das Jahr 2007. Rückwirkende Änderung der Arbeitszeit durch Tarifvertrag
Leitsatz (amtlich)
1.) Ein Anspruch auf Jahressonderzahlung für das Jahr 2007 gemäß § 19 TV-Ärzte KF besteht nicht, weil in zulässiger Weise rückwirkend durch den TV-Ärzte KF der Anspruch auf Jahressonderzahlungen ausgeschlossen werden konnte.
2.) Auf Grund der tariflichen Regelung des TV-Ärzte KF ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, das Gehalt des Arztes anteilsmäßig um den Betrag zu kürzen, welcher der Arbeitszeit entspricht, die der Arzt infolge der tariflich rückwirkend erhöhten Arbeitszeit in der Vergangenheit nicht geleistet hat; der Arbeitgeber ist allein berechtigt, im tariflichen Ausgleichszeitraum die nicht geleistete Arbeitszeit nachzufordern.
Normenkette
TV-Ärzte KF § 5; TV-Ärzte KF § 19
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Urteil vom 07.09.2009; Aktenzeichen 3 Ca 2766/08) |
Tenor
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 07.09.2009 wird abgeändert und unter Abweisung der Klage im Übrigen neu gefasst:
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu Recht in der Gehaltsabrechnung Februar 2008 (Bl. 103 d. A.) eine Rückforderung in Höhe von 6.658,27 EUR als Weihnachtsgratifikation eingestellt hat und die Klägerin daher keine Zahlung von 6.658,27 EUR als Weihnachtgratifikation verlangen kann.
3. Es wird festgestellt, dass der Beklagten nicht der in der Gehaltsabrechnung Februar 2008 ausgewiesene Rückforderungsanspruch über 2.740,01 EUR (Bl. 106 d. A.) wegen zu wenig geleisteter Arbeitszeit zusteht.
4. Es wird festgestellt, dass die Klägerin der Beklagten den erhaltenen Vorschuss über 4.339,75 EUR zurückzuerstatten hat.
5. Es wird festgestellt, dass die Klägerin seit dem 01.07.2007 in die Entgeltgruppe Ä 2 Stufe 5 eingruppiert ist.
6. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt bei einem Streitwert in Höhe von 20.308,19 EUR die Klägerin zu 54 % und die Beklagte zu 46 %; in der ersten Instanz trägt bei einem Streitwert von 40.383,31 EUR die Klägerin die Kosten in Höhe von 53 %, die Beklagte zu 47 %.
7. Die Revision ist für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz, nachdem sie vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf am 24.10.2010 einen Teilvergleich über den erstinstanzlich und zweitinstanzlich streitigen Anspruch betreffend die Bezahlung der Bereitschaftsdienste/Rufbereitschaften für die Zeit vom 01.07.07 bis 30.06.08 geschlossen haben, noch darüber, ob
- die in der Gehaltsabrechnung Februar 2008 (Bl. 103 d. GA) in Abzug gebrachten Beträge für die Weihnachtszuwendung in Höhe von 6.658,27 EUR und 2.740,01 EUR für zu wenig geleistete Arbeitszeit zu Recht erfolgt sind,
- die Beklagte einen im Rahmen der Umsetzung der Arbeitsvertragsrichtlinien gezahlten Vorschuss in Höhe von 4.339,75 EUR zurückverlangen kann und
- ob die Klägerin in die Entgeltstufe Ä 2 Stufe 5 des Tarifvertrages Ärzte-KF einzugruppieren ist.
Nach ihrer Approbation am 3.7.1994 trat die Klägerin am 1.9.1994 als Assistenzärztin in die Dienste der Beklagten, die mehrere Krankenhäuser betreibt. Zum 31.8.1998 wurde das Arbeitsverhältnis entfristet. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Dienstvertrag vom 28.3.2000. Die Klägerin wurde von Anfang an in der Kardiochirurgie eingesetzt.
Die Klägerin wurde zunächst in die Vergütungsgruppe BAT-KF II eingruppiert. Ab dem 1.1.1999 wurde die Klägerin in die Vergütungsgruppe BAT I b 1.1.1999 eingruppiert. Am 31.8.2000 wurde die Klägerin als Fachärztin anerkannt. Ab dem 1.1.2007 wurde sie in die Vergütungsgruppe BAT I a höher gruppiert.
Der auf das Arbeitsverhältnis anzuwendende BAT-KF wurde durch die arbeitsrechtliche Schiedskommission am 22.10.2007 mit Rückwirkung zum 1.7.2007 reformiert und neu gefasst. Der neue Tarif wurde am 15.1.2008 im kirchlichen Amtsblatt verkündet und veröffentlicht. Die Tarifreform enthielt grundlegende Neuregelungen. Die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit wurde auf 42 Stunden verlängert. Das Grundentgelt wurde deutlich erhöht.
Als „Ausgleich für Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst” wurde in § 8 TV- Ärzte-KF folgendes geregelt:
„(1)
Der Arbeitgeber darf Rufbereitschaft I nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt. […]
(2)
Der Arbeitgeber darf Rufbereitschaft II nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß eine durchschnittliche Arbeitsbelastung von höchstens 25 % der Zeit der angeordneten Rufbereitschaft zu erwarten ist. Die Zeit der Rufbereitschaft II wird zu 50 % als Arbeitszeit gewertet und dafür 50 % des tariflichen Stundenentgelts der jeweiligen Entgeltgruppe und Stufe (individuelles Stundenentgelt) gezahlt.”
Abs. 3 sieht vor, dass bei einer Arbeitsleistung innerhalb des Bereitschaftsdienstes bis zu 95 % der Zeit als Arbeitszeit gewertet wird.
§ 3 TVÜ-Ärzte-KF lautet wie folgt:
„(1)
Die Ärzte werden derjenigen Stufe der Entgeltgruppe (§ 11 TV-Ärzte) zugeordnet, die sie erreicht hätten, wenn die Entgelttabelle für Ärztinnen und Ärzte bereits seit Beginn ihrer Zugehörigkeit zu...