Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdrängungsanspruch des einem Betriebsübergang widersprechenden Betriebsratsmitgliedes bei möglicher Weiterbeschäftigung
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Fuhrpark als Betriebsabteilung gem. § 613 a BGB veräußert und widerspricht ein dort beschäftigtes Betriebsratsmitglied dem Übergang des Arbeitsverhältnisses, so ist § 15 Abs. 5 KSchG analog anwendbar. Die Weiterführung des Betriebsratsamtes stellt einen sachlichen Grund für einen solchen Widerspruch gegen einen Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber dar mit der Folge, daß der Arbeitgeber gegebenenfalls sogar einen geringwertigeren Arbeitsplatz für das Betriebsratsmitglied freikündigen muß, es sei denn, im Rahmen der Interessenabwägung wäre festzustellen, daß die sozialen Belange des hiervon betroffenen Arbeitnehmers in erheblichem Maße die des durch § 15 KSchG geschützten Arbeitnehmers überwiegen.
Normenkette
KSchG § 15 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 03.07.1997; Aktenzeichen 4 Ca 793/97) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 03.07.1997 – 4 Ca 793/97 – abgeändert.
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung seitens der Beklagten vom 25.04.1997 zum 31.07.1997 nicht aufgelöst worden ist, sondern ungekündigt fortbesteht.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert: 18.300,– DM.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten am 25.04.1997 ausgesprochenen Kündigung, die das Arbeitsverhältnis zum 31.07.1997 beenden sollte.
Der Betrieb der Beklagten besteht aus der Verwaltung in N. und mehreren Betonwerken in D., S., W. und K.. Die Beklagte beschäftigt insgesamt 38 Arbeitnehmer, davon 13 Angestellte und 25 gewerbliche Arbeitnehmer.
Der am 20.04.1950 geborene ledige Kläger, der einer Tochter gegenüber zum Unterhalt verpflichtet ist, wurde laut Arbeitsvertrag vom 17.07.1987 (Bl. 118 ff d.A.) ab demselben Tage von der Beklagten als „gewerbliches Betriebsmitglied in der Plattenproduktion” eingestellt. Nach § 6 Ziff. 4 Unterziff. 1 des Arbeitsvertrages sollte er bevorzugt auch als Lkw-Fahrer eingesetzt werden. Zuletzt wurde er als Fuhrparkleiter eingesetzt und verdiente 6.100,– DM brutto monatlich.
Im Betrieb der Beklagten werden die Bestimmungen des Tarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Kies-, Sand-, Mörtel- und Transportbetonindustrie von Nordrhein-Westfalen angewandt. Die Beklagte gehört dem entsprechenden Fachverband an.
Zum Fuhrpark des D. Werkes der Beklagten, der mit der Auslieferung von Transportbeton befaßt ist, gehören insgesamt 12 Arbeitnehmer.
Der Kläger ist Vorsitzender des dreiköpfigen Betriebsrats der Beklagten. Die Amtsperiode endet im März 1998.
Aufgrund sinkender Umsätze entschloß sich die Beklagte zu einem Verkauf des Fuhrparks. Deshalb fand am 10.03.1997 eine Abteilungsversammlung statt, in der den Arbeitnehmern unter anderem mitgeteilt wurde, daß die Geschäftsführung der Beklagten beabsichtige, den Fuhrpark zum 01.04.1997 auf die Firma R. E. GmbH & Co. KG zu übertragen. Deren Geschäftsführer, R. E., erklärte bei dieser Gelegenheit, sämtliche Arbeitnehmer jedenfalls für ein Jahr zu unveränderten Bedingungen weiterbeschäftigen zu wollen, da ihm an der Übernahme einer erfahrenen und eingespielten Belegschaft gelegen sei. Diese Aussage erläuterte er einige Tage später gegenüber dem Kläger dahingehend, daß er nach einem Jahr der Beschäftigung sowohl den Bestand des Arbeitsverhältnisses wie auch die Löhne ernsthaft überprüfen und letztere auf das tarifliche Niveau für das Speditions-, Lagerei- und Transportgewerbe zurückführen müsse.
Mit Schreiben vom 25.03.1997 widersprachen 11 der 12 im Fuhrpark beschäftigten Arbeitnehmer dem beabsichtigten Betriebsübergang. Dazu gehörte auch der Kläger. Alle Widerspruchsschreiben hatten übereinstimmend folgenden Wortlaut:
„Betrifft: Verkauf des Fuhrparks Sehr geehrte Herren.
hiermit widerspreche ich dem Übergang meines Arbeitsverhältnisses zur Firma R. E.”
Einer der Arbeitskollegen hat später in seinem Kündigungsrechtsstreit behauptet, den Arbeitnehmern sei vom Betriebsrat nachdringlich empfohlen worden, dem Betriebsübergang zu widersprechen. Als Grund sei genannt worden, daß die Verhandlungen über einen Sozialplan unmittelbar vor dem erfolgreichen Abschluß stünden und sie dann eine Abfindung in der Größenordnung von ca. 60.000,– bis 70.000,– DM zu erwarten hätten. Tatsächlich war hiervon nie die Rede.
Auf das Widerspruchsschreiben der Arbeitnehmer reagierte die Beklagte mit Schreiben vom 27.03.1997. Dieses lautet wie folgt:
„Soweit wir bis zum 04.04.1997 keine gegenteilige Antwort von Ihnen erhalten, verstehen wir Ihr Schreiben so, daß Sie unabhängig vom Zeitpunkt des Betriebsüberganges, einem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die Firma R. E. generell widersprechen (Betriebsübergang gemäß § 613 a, BGB).”
Hierauf erhielt die Beklagte keine Antwort.
Nachdem die Arbe...