Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendigkeit wissenschaftlicher Kenntnisse zur Aufgabenbewältigung. Nachweis höherwertiger Tätigkeit im Eingruppierungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Verlangt das Tarifmerkmal eine der "wissenschaftlichen Hochschulbildung" entsprechende Tätigkeit, so ist es nicht ausreichend, dass die Tätigkeit den (einschlägigen) Abschluss an einer Fachhochschule voraussetzt. Es muss vielmehr gerade auf solche Kenntnisse und Fähigkeiten ankommen, die an einer wissenschaftlichen Hochschule erworben werden können. Letzteres sind Universitäten, Technische Hochschulen sowie andere Hochschulen, die nach Landesrecht als wissenschaftliche Hochschulen anerkannt sind.

2. Die Aufgabenerfüllung verlangt eine "wissenschaftliche Hochschulbildung", wenn die Befähigung gefordert ist, Zusammenhänge zu übersehen und Ergebnisse so selbstständig zu entwickeln, wie es eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung erst ermöglicht.

3. Abwesenheitsvertretungstätigkeiten, die einem Beschäftigten auf Dauer übertragen wurden, gehören zur auszuübenden Tätigkeit und sind deshalb in die tarifrechtliche Bewertung einzubeziehen. Diese Vertretungstätigkeiten bilden regelmäßig zumindest einen eigenen Arbeitsvorgang.

 

Normenkette

TVöD-VKA § 12 Abs. 2 S. 2; TVÜ-VKA § 17 Abs. 7; BGB § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Wesel (Entscheidung vom 15.08.2018; Aktenzeichen 6 Ca 2161/17)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 15.08.2018 - 6 Ca 2161/17 - wird zurückgewiesen.

  • II.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

  • III.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers und daraus resultierende Restvergütungsansprüche für den Zeitraum November 2016 bis März 2019.

Der am 09.05.1983 geborene Kläger ist Diplom-Ingenieur und hat ein wissenschaftliches Hochschulstudium der Fachrichtung Raumplanung erfolgreich absolviert.

Er war in der Zeit vom 01.03.2013 bis zum 31.03.2019 bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (im Folgenden: TVöD-VKA) sowie der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Kommunalen B. in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (im Folgenden: TVÜ-VKA) Anwendung.

Im Jahr 2014 schrieb die Beklagte die Stelle "Abteilungsleitung Stadtplanung (m/w)" intern aus, für die eine Vergütung "bei Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen nach Entgeltgruppe 11 TVöD" in Aussicht gestellt wurde. Für die Einzelheiten der Stellenausschreibung wird auf Bl. 88 d.A. verwiesen.

Mit Wirkung vom 01.10.2014 wurde dem Kläger die Leitung der Planungsabteilung und ab dem 01.02.2015 zusätzlich die Funktion des stellvertretenden Amtsleiters für Stadtentwicklung und Stadtplanung übertragen.

Zu seinen Aufgaben zählten u.a. die Leitung der Planungsabteilung mit neun (später acht) Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darunter fünf Hochschulabsolventen, die Mitwirkung bei der Landes- und Regionalplanung, die Fortschreibung des Flächennutzungsplanes und des Landschaftsplanes einschließlich der Erarbeitung von Einzeländerungen sowie der Abstimmung mit anderen öffentlichen Trägern, die Erarbeitung von Satzungen, städtebauliche Gestaltungsstudien und das Erstellen von städtebaulichen Entwürfen.

Mit Wirkung ab dem 01.10.2015 wurde der Kläger in die Entgeltgruppe (im Folgenden: E) 11 des TVöD-VKA mit der Entwicklungsstufe 3 eingruppiert (E 11/3).

In der Zeit vom 01.02.2016 bis zum 31.01.2018 wurde er von seiner sachbearbeitenden Tätigkeit freigestellt und mit der Projektkoordinierung des "Integrierten Handlungskonzepts für die Innenstadt von Geldern" als Stabsstelle des Bürgermeisters betraut.

Mit Schreiben vom 30.10.2016 (Bl. 5 ff. d. A.) begehrte der Kläger gegenüber der Beklagten die Eingruppierung in E 14/4, "alternativ" E 13/5, "alternativ" E 12/5 TVöD-VKA. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 04.08.2017 eine Höhergruppierung des Klägers ab (Bl.10 ff. d. A.).

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Eingruppierungsvoraussetzungen der E 14 TVöD-VKA seien erfüllt. Er hat auf sein abgeschlossenes wissenschaftliches Hochschulstudium verwiesen und behauptet, er habe eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt. Unter Bezugnahme auf die von ihm umfangreich zitierte Studienordnung des Studiengangs Raumplanung (Bl. 158 ff. d.A.) hat er behauptet, dass er deren Inhalte allesamt in seiner beruflichen Praxis angewandt habe. Bei ihm habe die Verantwortung für die fachliche Richtigkeit, die umfassende Berücksichtigung aller Belange sowie die rechtssichere Abwicklung der Verfahren gelegen. Er habe bei der Landes- und Regionalplanung mitgewirkt. Die Aufgaben, die er während seiner Tätigkeit betreue, seien schwierig gewesen, die von ihm zu tragende Verantwortung groß. Sein Aufgabenfeld habe große Arbeitsbereiche mit entsprechender Verantwortung umfasst. Im Rahmen der Erarbeitung des "Integrierten ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge